hallmann & klee, Berlin

Sich in einer Stadt wie Berlin für ein Restaurant entscheiden zu müssen, ist eine der schwierigeren Aufgaben. Dafür ist die Auswahl zu groß und die Szene, in der es regelmäßig zu spannenden Neueröffnungen kommt, zu dynamisch.

Das „hallmann & klee“ in Neukölln, geführt von Sarah Hallmann, gibt es schon seit 2016. Größere Bekanntheit über die Berliner Stadtgrenzen hinaus dürfte man aber durch die ARD-Serie „Am Pass“ erhalten haben. Auch der 2024 erhaltene Michelinstern hat sicherlich zu einem zusätzlichen Besucherschub geführt. Und ich gebe zu, dass beides auch meine Entscheidung beeinflusst hat.

Sarah Hallmann kommt in der Dokumentation sehr sympathisch rüber, ihr Führungsstil in der überwiegend von Frauen geprägten Küche angenehm unprätentiös und die Tellerästhetik der präsentierten Gerichte sehr klar und reduziert.

Ähnlich präsentiert sich auch das Restaurant selbst. Kalk geweißte Wände, schlichte Leuchten, keine überflüssige Deko. Was kühl klingt, verströmt dennoch Gemütlichkeit.

Interieur
Interieur

Viel auszuwählen gibt es nicht. Es gibt zwei Menüs, eines davon vegetarisch, in sechs Gängen zu erstaunlich günstigen 108 Euro. Optional kann mit dem Toast Hawaii „Quattro Formaggi“ noch ein Gang dazu bestellt werden, was wir auch machen. Der Signature-Dish „Kartoffel, Liebstöckel, Molke“, der in der „Am Pass“-Folge ausführlich dokumentiert wird, ist an diesem Abend leider nicht auf der Karte. Vielleicht hätte ich aber auch einfach danach fragen sollen, denn tags drauf hat ihn ein Bekannter offenbar bestellen können, wie seinem Instagram-Post zu entnehmen war. Aber auch so klingt das Menü verlockend und prompt kommt mit einem Mini-Langos auch der erste Gruß.

Der kombiniert mit Crème fraîche und Knoblauchchips Heißes, Fettiges und Üppiges. Der Knoblauchtouch bleibt dabei eher zurückhaltend, aber auch so ist das ein charmanter Crowdpleaser.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Das zweite Amuse Bouche erscheint in dem kleinen Schälchen zwar unscheinbar, birgt aber echte innere Werte. Unter einem sehr samtigen Kartoffelschaum finden sich Knochenmark, Kaviar und braune Butter, was naturgemäß extreme Süffigkeit garantiert. Etwas Maracujachili sorgt für prickelnde Schärfe im Nachgang.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Beim Brot beschränkt man sich auf eine Scheibe sehr guten, lockeren Sauerteigbrotes einer lokalen Bäckerei und hausgebackenes Laugengebäck mit aufgeschlagener Butter.

Brot & Butter
Brot & Butter

Im ersten Gang des Menüs spielt norddeutsches Wagyu vom Teppanyaki die Hauptrolle. Dünn aufgeschnitten wie ein Carpaccio findet sich das super zarte Fleisch auf einer Sonnenblumencreme mit Dashi und getoppt mit Topinamburchips. Zum Crunch durch die Chips gesellt sich eine schöne Cremigkeit und Tiefe. Das ist sehr klar, harmonisch und abwechslungsreich.

wagyu, sonnenblume, dashi
wagyu, sonnenblume, dashi

Es folgt eine handgetauchte, norwegische Jakobsmuschel von stattlicher Größe, was auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, denn sie findet sich unter einer luftigen Hollandaise. Unter der vorgeschnittenen Muschel befindet sich noch ein seidig-weiches Karottenpüree, in dem ganz offensichtlich auch wieder braune Butter für mehr Reichhaltigkeit zum Einsatz kam. Yuzu findet sich darin, was ebenso wie der Zitrusstaub auf der Hollandaise für dezente Zitrusnoten sorgt. Ein ausgewogenes und köstliches Wohlfühlgericht.

jakobsmuschel, karotte, yuzu
jakobsmuschel, karotte, yuzu

Weiter geht es mit sardischen, handgerollten Hartweizengnochettis in einem Sud von Tomate, Vanille und N’duja, die hier allerdings nur eine sehr milde Schärfe abgibt. Dazu gibt es kleine Stücke von Carabinero, die in der Größe fast etwas untergehen, aber gerade noch hier und da einen kleinen Hauch Meer ins Gericht spülen. Erneut bringt Fett hier etwas Fülle ins Spiel, aber in Summe ist das eine höchst harmonische Angelegenheit.

gnocchetti sardi, nduja, carabinero
gnocchetti sardi, nduja, carabinero

Vor dem Hauptgang schickt die Küche eine Erfrischung in Form eines Granités von Lychee und Rose mit einem Hauch Rosenpfeffer. Das fein geschabte Eis kann mit säuerlichem und floralem Geschmack überzeugen und bereitet den Gaumen auf den nächsten herzhaften Teller vor.

Erfrischung
Erfrischung

Und der präsentiert österreichisches Schwarzfederhuhn mit einer XO-glasierten Morchel, die mit Chaource und Knochenmark gefüllt ist. Das Fleisch ist wunderbar saftig und geschmackvoll mit einer schönen krossen Kruste. Die Sauce ist eine kräftige, gut einreduzierte Wagyu-Bouillon. Zusammen mit Liebstöckel- und Chiliöl ergibt dies eine deutliche aromatische Steigerung und ein Gericht, das erneut von den ausgezeichneten Zutaten lebt. Sehr, sehr gut.

huhn von der domäne wachter, morchel, xo
huhn von der domäne wachter, morchel, xo

Als Add-On haben wir uns Sarah Hallmanns Interpretation des Toast Hawaii bestellt, der an dieser Stelle folgt. Schon beim Anschneiden muss ich unweigerlich an den denkwürdigen Dialog in Loriots Film „Pappa Ante Portas“ denken, in dem darüber mit dem Kellner diskutiert wird, was dort als Birne Helene verkauft wird.

In diesem Extragang verzichtet man auf die unsägliche Dosenananas und serviert auf einem krossen Toast eine Apfelscheibe, dazu gekochten Schinken von erkennbar sehr guter Qualität, etwas Kümmel und eine Sauce von vier verschiedenen intensiven, kräftigen Käsesorten, die am Tisch abgeflämmt wird. Das ist originell und lecker und funktioniert als Käsegang ganz vorzüglich.

toast hawaii ,quattro formaggi‘
toast hawaii ,quattro formaggi‘

Mit einem ersten Dessert, das von der Größe auch als Pré-Dessert durchgehen könnte, geht es weiter. Ein Sorbet vom Sauerampfer mit in Holunderblütenessig eingelegten Tapiokaperlen und einem Schaum von Fukkurinko, einer Sushi-Reisart ist in seiner sehr sauren und aromatischen Art ein echter Wachmacher.

sauerampfer, fukkurinko, wacholder
sauerampfer, fukkurinko, wacholder

Das eigentliche Dessert offenbart seine Komplexität auch erst wieder auf den zweiten Blick. Unter einer Haselnussplatte, die mit Steinpilzpulver bestreut ist und für einen angenehm erdigen Grundton sorgt, finden sich am Boden ein Vollmilcheis, Waffel und eine leichte Schokoladencreme. Erneut gibt es hier komprimiert auf engem Raum viele Texturen und ebenso viel Geschmack.

haselnuss, steinpilz, vollmilch
haselnuss, steinpilz, vollmilch

Den finalen Schlusspunkt setzen zum Kaffee frisch gebackene Madeleines sowie ein fluffig-fruchtiger Kir-Royale Espuma mit Rote Bete.

Petits Fours
Petits Fours

Nach diesen letzten Grüßen bestätigt sich das, was ich im Vorfeld erwartet habe. Sarah Hallmanns Küche ist sehr geradlinig und sehr klar – ein Gedanke, der mir im Laufe des Abends permanent in den Sinn kam. Die Gerichte kommen mit verhältnismäßig wenig Komponenten aus, wirken sehr fokussiert und können mit viel aromatischer Tiefe punkten. Verstörend ist hier nichts, harmonisch dafür jeder Gang.

Dazu passt der sehr aufgeräumte und stets freundliche Service. Das Publikum weiß all das offenbar auch zu schätzen. Das Restaurant ist ausgebucht. Und wir verstehen, warum.

Details

Restaurant: hallmann & klee
Adresse: Böhmische Str. 13, 12055 Berlin
Öffnungszeiten: Mittwoch - Samstag: ab 18.30 Uhr
Sonntag - Dienstag: Ruhetag
Website: www.hallmann-klee.de

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Kommentare

  1. Carsten am 15. August, 2025 um 12:40 Uhr.

    Das gefällt mir! Auch wenn ich nicht nach Berlin fahren würde für ein Essen dort. Ihr hattet einen interessanten Trip im Mai.

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