Victor’s Fine Dining by Christian Bau, Perl-Nennig

War unser letzter Besuch bei Christian Bau sehr kurzfristig und von einem auf den anderen Tag zustande gekommen, war dieser langfristig geplant. Denn besondere Ereignisse verlangen nach einem besonderen, dem für mich besten Restaurant. Wo sonst als hier hätten wir unseren 40. Jahrestag begehen sollen? Und das will man sich möglichst frühzeitig sichern.

Eine Menükarte bekommen wir auch diesmal nicht. Wie immer lassen wir Christian Bau freie Hand und warten freudig gespannt, was er diesmal für uns vorbereitet hat. Thomek Martin als überaus charmanter Gastgeber und Ester Eggert als souverän agierende Sommelière freuen sich erkennbar ebenso über das Wiedersehen wie wir und verstehen es, die Vorfreude zu steigern. Dass Nina Mann, mittlerweile in der neu geschaffenen Position als Restaurant- & Wein-Direktor, nach der Babypause auch wieder im Haus ist, steigert das Vergnügen zusätzlich.

Der Reigen an Apéros, die ein Menü hier einleiten, ist längst legendär. Diesmal startet er mit einem Sud von Krustentieren und Kokosmilch. Angesichts der kühlen Witterung ein heißer, intensiver Feelgood-Aufwärmgang.

`Okinawa´-Sud mit Kokosmilch, Zitronengras & Koriander
`Okinawa´-Sud mit Kokosmilch, Zitronengras & Koriander

Relativ mild, aber nicht weniger fein austariert, die Croustade von Taschenkrebs, gegrillter Wassermelone und Kaviar, während die Tartelette mit Lachsbauch, Edamame und Saiblingskaviar einen deutlich fülligeren und anhaltenderen Geschmack zeigt. Ein schöner Effekt ergibt sich hier durch die Edamame, die so geschickt portioniert ist, dass sie nur hier und da aufploppen.

Weiter geht es mit einem unglaublich fein-knusprigen Röllchen, das mit einer Räucherfischcreme kräftig abgeschmeckt und mit etwas Kaviar als I-Tüpfelchen getoppt ist.

Als Hommage an einen Klassiker von Martin Berasategui präsentiert Christian Bau einen Macaron mit Entenleber, Apfel und Aal. Hier kommen eine tolle Textur und cremige Üppigkeit zusammen. Das ist großes Kino auf kleinstem Raum.

Den Abschluss der Fingerfood Snacks bildet eine Nori-Tartelette mit Akami Thunfisch, Daikonkresse und erneut einer großzügigen Portion Kaviar, bei der einen die Frische förmlich anspringt.

Nori-Tartelette mit Tuna-Akami
Nori-Tartelette mit Tuna-Akami

Schon diese kleinen Happen stellen mit ihrem Detailreichtum, der optischen Brillanz und ihrer Aromenvielfalt eine Klasse dar, die ihresgleichen sucht. Manchmal frage ich mich, ob dermaßen viel Aufwand für etwas, das mit einem Bissen im Mund verschwindet, der ausgeklügelten Finesse und der Differenzierung der zahlreichen Zutaten überhaupt gerecht wird. Aber diese Gedanken verschwinden sofort angesichts des unglaublichen Wohlgeschmacks, der sich breit macht.

Auch beim Amuse Bouche in Form einer Auster, Gurke, Holunder, Champagnerschaum und Kaviar wird nicht an Details gespart. Und das sind noch nicht mal alle Zutaten, wobei die jodige Brise vor allem durch das sehr intensive Gurkensorbet angenehm aufgefrischt wird.

Kys-Auster [42 Grad] mit Gurke | Champagner & Holunderblüte
Kys-Auster [42 Grad] mit Gurke | Champagner & Holunderblüte

Der erste offizielle Gang des Menüs ist ein Gericht, das uns auch bei früheren Besuchen bereits begeistert hat. Mit dem fetten Teil des Thunfischs, als Tatar geschnitten, einer Schicht Osietra Gold Kaviar, Daikon Kresse und einer schlichtweg fantastischen Vinaigrette ergibt sich mit dem buttrigen Brioche ein selten opulent elegantes Vergnügen.

Tuna-Toro | Ponzu | Daikon | Osietra Gold Caviar 'Private Selection CB'
Tuna-Toro | Ponzu | Daikon | Osietra Gold Caviar 'Private Selection CB'

Wie ein Spaziergang am Meer präsentiert sich auch die japanische Buri, wild gefangene Gelbschwanzmakrele, als Sashimi, die begleitet wird von Auster, Kaviar, Rettich und einer erneut fabelhaften Vinaigrette mit Ingwer. Das ist jodig, frisch und füllig gleichermaßen.

Japanische Buri [Sashimi] mit jodigen Meeresaromen |Vinaigrette von Dashi & Ingwer mit Algen | Imperial Caviar
Japanische Buri [Sashimi] mit jodigen Meeresaromen |Vinaigrette von Dashi & Ingwer mit Algen | Imperial Caviar

Angesichts des noch vor uns liegenden Menüs blutet es mir das Herz, das Brot, zweierlei Sorten sowie die hervorragende Salzbutter und die mit Soja aromatisierte Butter diesmal unangetastet zu lassen. Aber klüger, so wird es sich herausstellen, ist das allemal.

Brot & Butter
Brot & Butter

Fleischgänge bietet Christian Bau nur noch als Zusatzgänge an. Ansonsten sind seine Menüs seit längerem komplett auf Meeresfrüchte konzentriert. Dennoch finden sich immer mal wieder fleischliche Komponenten in einzelnen Gerichten wieder, wenn es denn Sinn macht So jetzt auch bei der Jakobsmuschel mit Entenleber, die als Flan in hauchdünnem Teig gegart wurde. Mit Texturen von Topinambur und weißem Alba-Trüffel ergibt sich ein ausladender Duft, der sogar meine verschnupfte Nase erreicht und der nur noch von der seidigen Sauce übertroffen wird. Ein durchweg mega-harmonisches Vergnügen.

Coquille Saint-Jacques mit Entenleber | Topinambur-Strukturen | Sud von Katsuobushi mit Vin Jaune | Weisser 'Alba' Trüffel
Coquille Saint-Jacques mit Entenleber | Topinambur-Strukturen | Sud von Katsuobushi mit Vin Jaune | Weisser 'Alba' Trüffel

Mit einem prächtigen Stück vom blauen Hummer aus der Bretagne geht es weiter. Zunächst in Hummerbutter pochiert, dann auf Binchotan gegrillt, passt es sich hervorragend in die konzentrierte Jus an. Dazu gibt es noch einen super flaumigen Krustentierschaum mit einem deutlichen Miso-Touch. Zucchini, Edamame, ausgebackene Okraschoten und Mandeln ergänzen den Gang so, dass der Hummer weiterhin klar die Hauptrolle spielt, die Nebendarsteller sich aber stimmig und sinnvoll einfügen. Das Gericht legt aromatisch deutlich einen Gang zu und oszilliert dabei gekonnt zwischen Europa und Asien. Einfach toll!

Blauer Hummer in Butter pochiert und auf Binchotan gegrillt | Courgette | Edamame | Jus & Hollandaise von Krustentier mit Miso
Blauer Hummer in Butter pochiert und auf Binchotan gegrillt | Courgette | Edamame | Jus & Hollandaise von Krustentier mit Miso

Im Hauptgang folgt formidabler Steinbutt nach Ike Jime-Art mit einer Auflage aus Enten- und Stabmuscheln. Dazu gibt es einen nicht zu kräftigen Bouillabaissesud sowie einen Espuma von Sauce Rouille mit Mini-Kartoffelcroutons. Auch die übrigen Beilagen, vor allem ein Fenchelsalat, der etwas Frische ins Spiel bringt, sind so fein ausbalanciert, dass sie dem Steinbutt nicht die Schau stehlen und nicht überpowern, aber kräftig genug sind, um dem Hauptgericht Charakter zu geben.

Atlantik-Steinbutt mit Razor Clams & Percebes | Fenchelsalat | Schaum von Sauce Rouille | Sauce Bouillabaisse aus den Steinbuttköpfen
Atlantik-Steinbutt mit Razor Clams & Percebes | Fenchelsalat | Schaum von Sauce Rouille | Sauce Bouillabaisse aus den Steinbuttköpfen

Bevor es zum süßen Teil des Menüs geht, schiebt die Küche noch die bereits bekannte Misoshiro ein, eine Misosuppe mit Einlage von Krustentieren, Enokipilzen, Tofu und Edamame. Beim Lüften des Deckels entfaltet sich ein luxuriöser Duft, den der Geschmack natürlich einhält. Eine großartige Suppe – wie immer.

Misoshiro | Krustentier | Edamame & Enoki | Seidentofu
Misoshiro | Krustentier | Edamame & Enoki | Seidentofu

Interpretationen von Cocktails finden sich immer mal wieder als Pré-Dessert in Christian Baus Menüs. Seine Version des Mojito ist bereits ein Klassiker, den wir aber schon seit fünf Jahren nicht mehr hatten. Weißer Rum als Gelee, Minzsorbet und Limonen als Schaum sind perfekt als Erfrischung und kommen federleicht daher.

`Mojito´ | Minzsorbet | Variationen von Limette | Gelee aus weissem Rum
`Mojito´ | Minzsorbet | Variationen von Limette | Gelee aus weissem Rum

Das erste Dessert stellt weißen Trüffel in den Vordergrund. Als Eiscreme und gehobelt mit Toffeecreme und Piemonteser Haselnuss ergibt sich ein ungemein elegantes Gericht, in dem der Trüffel sehr fein eingebunden ist und alles andere als dominant daherkommt. Edel und klasse.

Eiscreme von weissem `Alba´ Trüffel & Denmiso | Sauce aus Piemontesischer Haselnuss
Eiscreme von weissem `Alba´ Trüffel & Denmiso | Sauce aus Piemontesischer Haselnuss

Mit einem Riegel von Schokoladenganache auf Knusperboden wird es noch mal richtig klassisch. Pitahaya, Drachenfrucht, Mango, Guave, auch als Sorbet, sind der fruchtige Kontrast zum relativ üppigen Gâteau, der elegantes Patisseriehandwerk demonstriert.

Gâteau von Equatorial-Schokolade | Exotische Früchte | Sorbet von Guave
Gâteau von Equatorial-Schokolade | Exotische Früchte | Sorbet von Guave

Dem stehen auch die Friandises in nichts nach, von denen wir aber nur noch das ausgezeichnete Snickers-Eis sowie die ganz außergewöhnliche japanische Melone und die Mango probieren. Danach streichen wir endgültig die Segel und lassen uns die übrigen Süßigkeiten für den nächsten Tag einpacken, wo sie uns genauso viel Freude bereiten.

In der Weinbegleitung setzen Ester Eggert und Nina Mann auch weiterhin schwerpunktmäßig auf Rieslinge von der Mosel, die sich einfach als perfekt für die Küche von Christian Bau erwiesen haben. Aber auch mit Sake und der ein oder anderen Überraschung wie einem Marsanne von der Rhone, den man ebenso gut auch im Burgund hätte verorten können.

Weinbegleitung
Weinbegleitung

Was soll man sagen? Jedes Menü hier scheint in einer ganz eigenen Liga zu spielen. Die Perfektion in jedem Gericht gleicht bei allem erkennbaren Aufwand einem schlafwandlerischen Spaziergang auf dem Drahtseil ohne Netz und doppelten Boden – Absturz ausgeschlossen. Die besten Produkte sind für einen Qualitätsfanatiker wie Christian Bau gerade gut genug. Und auch die durften wir heute Abend wieder genießen. Wie einen Service, der bei aller Perfektion so locker wie selten agiert. Ein Gesamtpaket also, das genau das war, das wir uns für diesen sehr besonderen Tag gewünscht haben.

Details

Restaurant: Victor's Fine Dining by Christian Bau
Adresse: Schloßstraße 27-29, 66706 Perl
Öffnungszeiten: Donnerstag + Freitag: 19.00 - 24.00 Uhr
Samstag + Sonntag: 12.00 - 16.00 Uhr und 19.00 - 24.00 Uhr
Montag - Mittwoch: Ruhetag
Website: www.victors-fine-dining.de/

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Kommentare

  1. Gero Kettler am 22. Januar, 2025 um 12:08 Uhr.

    Leider auch verschnupfte Glückwünsche zum runden Jahrestag. Nochmal 40 werden es wohl nicht, aber es mögen noch viele folgen, am besten ebenso genussvoll zelebriert wie dieser!

  2. Carsten am 30. Januar, 2025 um 15:30 Uhr.

    Ja, der Saint Peray von Alain Vogue ist was feines, ganz besonders für den einen solchen Jubeltag.

  3. Dirk am 19. April, 2025 um 21:52 Uhr.

    Gerade habe ich Herrn Bau in der Mediathek gesehen, nun noch diesen Bericht gelesen und da wir schon länger nicht mehr dort waren, spontan reserviert. Wenn man schon in der Nähe ist (Esplanade und Erfort), dann sind es zu Herrn Bau nur 45 Minuten Fahrt. Wir freuen uns darauf, gerade auch auf Frau Mann.

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