
Cheval Blanc, Basel
Am 7. Mai 2025 in Schweiz | 2804 Aufrufe | 2 Kommentare
Es gibt für mich kaum etwas aufregenderes als eine Reservierung in einem Restaurant, das schon lange auf der Wunschliste steht. Was wird mich erwarten? Wie ist das Ambiente, wie der Service? Wird das Essen die Erwartungen erfüllen? All das bereitet große Vorfreude und die will gut geplant sein. Und es gibt nichts Schlimmeres für mich, wenn dann das so sorgfältig geplante Arrangement ins Wanken zu geraten droht.
Unser kürzlicher Aufenthalt in Freiburg war ein willkommener Anlass für einen Ausflug nach Basel ins „Cheval Blanc“. Schon lange wird mir dieses Restaurant heftigst ans Herz gelegt, zuletzt von einem guten Freund, der das Haus in selbst für seiner sonst durchaus kritischen Art in den allerhöchsten Tönen lobte.
Umweltbewusst erfolgt die Anreise mit der Bahn. Die Ankunftszeit ist so großzügig gewählt, dass noch reichlich Zeit für einen Spaziergang vor dem Mittagessen drin ist. Und dann fällt ein Zug nach dem anderen aus. Ein Busersatzverkehr wirft uns irgendwo im Nirgendwo raus. Anzeigen und Ansagen haben etwas von absurdem Theater und die Zeit rinnt wie bei „Warten auf Godot“. Unsere Reservierungszeit ist jetzt schon nicht mehr einzuhalten.
Und dann sorgt ein Anruf im Restaurant dafür, dass jeglicher Stress von mir genommen wird. Mit großem Verständnis und dem Angebot, auf den Abend auszuweichen, sollten wir es zum Mittag nicht mehr schaffen, warten wir deutlich entspannter auf den nächsten Zug, der uns dann, wenn schon nicht pünktlich, aber tatsächlich doch noch rechtzeitig genug an den Zielort bringt. Bereits bei der telefonischen Betreuung, die sich auch in einem weiteren Rückruf eine Stunde später fortsetzt, zeigt sich die ganze Qualität des Hauses.
Das „Cheval Blanc“ befindet sich in der Beletage des noblen Hotels „Les Trois Rois“, quasi dem ersten Haus am Platz mit Logenblick auf den Rhein. Edel eingedeckte Tische mit üppigen Kerzenleuchtern, die munter vermutlich jeden Tisch mit Wachs vollkleckern, was aber niemanden stört, weil es nun mal zum Gesamtbild gehört. Alles hier atmet Stil und Flair eines Grandhotels.

Peter Knogl ist bereits seit 2007 verantwortlich am Herd, seit 2015 ist seine Küche mit drei Michelinsternen ausgezeichnet. Neben einem Viergang-Mittagsmenü (210 CHF) bietet man ein Menü in fünf bzw. sechs Gängen (285 / 320 CHF) an. Und letzteres soll es für uns dann auch sein.
Zum wohlverdienten Glas Champagner nach all der mühseligen Anreise erreicht uns mit der Creuse Auster mit Sudachischaum, Mandarine und Orange das erste Amuse Bouche. Angesichts der angekündigten Zutaten überrascht es nicht, dass die Zitrusnoten sehr ausgeprägt sind, allerdings nicht auf eine zu vordergründige Art, sondern sehr elegant mit der fleischigen Auster harmonierend.

Der folgende Gruß ist mittlerweile ein Klassiker in Kogls Küche. Der strahlend grüne Jalapeño-Espuma von seidig-flaumiger Konsistenz und milder als erwartet, findet sich auf einem Langostinotatar. Zusammen mit dem separat servierten Reischip mit Taschenkrebs, der eine feine Currynote zeigt, ein höchst elegantes Aromenspiel.
Bevor es mit dem Menü losgeht, folgt ein weiteres Amuse Bouche aus der Abteilung Signature Dish. Der Macaron mit superdünner, knuspriger Hülle ist mit Entenleber und Garam Masala gefüllt, obenauf ein Orangengel. Durch die tolle Textur breitet sich die Entenleber im Mund wunderbar aus. Ein Bissen, der lange nachhallt.

Auf ein Bild der hausgebackenen Brotsorten habe ich diesmal verzichtet. Aber sie entsprechen dem hohen Niveau des Hauses. Und dass es eine klassische gesalzene Butter gibt und sonst nichts, verdient ein zusätzliches Lob.
Der erste Gang stellt Toro vom Thunfisch, also den fettesten Teil des Bauches, in den Mittelpunkt. In Würfel geschnitten bekommt er mit Gurke in Strukturen einen frischen Mitspieler. Aber neben der ausgezeichneten Produktqualität ist der heimliche Star für mich die leicht gebundene Vinaigrette auf Basis von Miso und Ponzu. Sie erinnert mich stark an meine Lieblingsvinaigrette von Christian Bau und ist genauso zum Reinlegen gut. Ein wunderbarer, sehr frischer Start.

Seinem Ruf als Saucengroßmeister wird Peter Knogl auch beim folgenden bretonischen Hummer gerecht. Der ist in Medaillons geschnitten und findet sich mit in feinste Rauten geschnittene Lauchzwiebeln in einer Sauce Chalon, die eine ganz feine Säure zeigt. Der Kaviar bringt hier die genau richtig bemessenen Salz- und Jodspitzen, die sich im Verlauf mit der fabelhaften Sauce vermischen. Dass der Service von sich aus bemerkt, dass sich das köstliche Elixier schneller leert als der Rest des Gerichtes und mehr davon anbietet, unterstreicht nur, wie unglaublich aufmerksam das Personal hier agiert.

Auch beim folgenden Gang müssen wir nicht lange um einen Nachschlag von der Sauce bitten. Die leicht buttrige Safransauce zur Rotbarbe ist erneut zum Niederknien gut. Aber auch der Fisch selbst, erneut ein Signature-Dish, steht dem nicht nach. Mit heißem Öl übergossen stellen sich die Schuppen kross auf und bieten ein extrem knuspriges Vergnügen. Die Rotbarbe selbst blättert wunderbar auf. Das ist absolut perfekt gemacht. Unter dem Fisch findet sich noch ein aromatisches Tomatenconcassée und obenauf zwei Tupfen Creme von fermentiertem Koblauch. Das ist alles ungemein süffig und ein exemplarisches Beispiel dafür, dass es nur wenige Hauptzutaten braucht, um ein unwiderstehliches Geschmackserlebnis zu kreieren.

Es folgt Bresse-Taube und wer mich kennt, weiß, dass man sich schon sehr anstrengen muss, um mich mit meinem Lieblingsfleisch nicht glücklich zu machen. Hier ist die Brust zwar mutmaßlich sous-vide gegart, aber dafür mit angenehmer Konsistenz und natürlich sehr zart. Die Keule hingegen ist wohl geschmort und mit knuspriger Haut. Dazu gibt es ein seidiges Karottenpüree und eine erneut perfekte Sauce mit wunderbaren orientalischen Gewürznoten. So klassisch, so gut.

Der großzügig bestückte Wagen mit Käse von Maître Antony bot viele, auch unbekanntere und überraschende Sorten. Jedes Mal ein großes Vergnügen, solche Qualitäten geboten zu bekommen.

Im Pré-Dessert präsentiert die Küche ein Piña Colada-Sorbet am Boden, darauf ein Lychee-Espuma sowie ein Kokosnusseis. Die exotische Kombination harmoniert ganz hervorragend und ist an dieser Stelle des Menüs in seiner super erfrischenden Art genau richtig.

Das eigentliche Dessert widmet sich Gariguette-Erdbeeren, einer frühwachsenden, aromatischen Sorte. Hier ist sie pur, im Sud und als gefülltes Baiser verarbeitet. Joghurt findet sich ebenfalls in Strukturen als Espuma, Sponge und Gel, Limette als Gel und als Eis. Alle Komponenten sind ganz klar herausgearbeitet und aromatisch deutlich erkennbar. Eine sehr klassische Kombination, die feines Handwerk zeigt und am Ende des Menüs überhaupt nicht beschwerend wirkt. Meiner Präferenz für fruchtige Desserts kommt dies ebenfalls sehr entgegen.

Auch die Petits Fours, Schokolade mit Tonkabohne, Cremeux von Baileys, Millefeuille mit Nougat, zweierlei Pâte de Fruit und eine Passionsfruchtsphäre halten das hohe handwerkliche und geschmackliche Niveau.
Und was wäre ein Besuch in einem Schweizer Restaurant, ohne Schokolade? Die gibt es hier natürlich auch und zwar stilecht in der großen Holzschatulle als Pralinés präsentiert.

Es ist selten, dass ein Menü vom ersten Gruß bis zur letzten Süßigkeit keinerlei Schwächen zeigt. Im „Cheval Blanc“ ist dies der Fall. Peter Knogls Küche ist zweifellos der Klassik verpflichtet, mehr vermutlich als viele andere. Aber das in einer Perfektion, die alles andere als aus der Zeit gefallen wirkt. Die Gerichte strahlen eine Selbstverständlichkeit aus, wie sie nur ein Großer seines Fachs hervorbringen kann. Auch das konsequente Weglassen alles Überflüssigen kann sich nur der erlauben, der genau weiß, wo er steht. Zu Peter Knogls Saucen ist vermutlich schon alles gesagt. Nicht nur hier, aber vor allem hier, ist wahre Meisterschaft zu schmecken.
All dies wird im noblen Speisesaal flankiert von einem eingespielten und perfekt agierenden Serviceteam um Maître Giuseppe Giliberti und Sommelier Christoph Kokemoor, die sich jedem Tisch individuell widmen und den genau passenden Ton finden. So willkommen und entschleunigt wir uns hier von der Ankunft an gefühlt haben, so formvollendet und herzlich werden wir verabschiedet.
Was kennzeichnet das „Cheval Blanc“ für mich nach diesem Besuch? Exzellenz. Exzellenz in allen Bereichen.
Details
Restaurant: | Cheval Blanc |
Adresse: | Blumenrain 8, 4001 Basel |
Öffnungszeiten: | Dienstag: 19.00 bis 22.00 Uhr Mittwoch bis Samstag: 12.00 bis 14.00 Uhr & 19.00 bis 22.00 Uhr Sonntag & Montag: Ruhetag |
Website: | www.chevalblancbasel.com/ |
Schlagworte
3 Michelin Stars, Basel, Cheval Blanc, französisch, Hotel Les Trois Rois, klassisch, La Liste, Peter Knogl
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Ja, das Cheval Blanc überzeugt selbst die schlimmsten Meckerpötte! Wunderbar (auch) den „Geist“ eines solchen Hauses beschrieben.
Da war sogar der Grantler aus dem Norden zufrieden? Wer hätte das gedacht. Aber ich hätte euch beiden gerne Gesellschaft geleistet bei diesem Menü. Was für Weine gab es dazu? Wir freuen uns schon auf das Wiedersehen an der Weser.