L’Aparté, Genf

Es ist nicht so, dass es uns an unserem Urlaubsort Annecy, wo wir vier Nächte verbringen, langweilig geworden wäre. Aber die unglaubliche Hitze, die sich während unseres Aufenthalts, über die Stadt legt, dämpft den Tatendrang schon merklich. Trotzdem ist uns nach einem Ausflug, denn Genf liegt nicht weit entfernt und die Aussicht auf eine klimatisierte Bahnfahrt durch das Hinterland und entlang des Genfer Sees klingt durchaus verlockend. Dass man vom See während der Bahnfahrt nichts sehen wird, weil es vor Genf nur noch unterirdisch wird, wissen wir da noch nicht, aber das ist letztlich auch nicht wichtig. Entscheidend ist, dass neben etwas Sightseeing selbstverständlich auch ein Mittagessen Ziel und Zweck unseres Ausflugs sein wird.

Die Wahl fällt auf das „L’Aparté“ im „Hotel Royal“, in fußläufiger Entfernung zum Hauptbahnhof gelegen. Der gebürtige Bretone Armel Bedouet führt die verschiedenen Küchen des Hotels seit 2008 und hält seit mehreren Jahren einen Michelinstern. Im Gault & Millau wird das Restaurant seit fünf Jahren mit 17 Punkten geführt.

Etwas irritierend fällt die Kommunikation aus, denn über ein Formular auf der Homepage des Hotels soll man auch das Restaurant kontaktieren können. Doch offenbar geht das völlig ins Leere und erst auf eine erneute Anfrage per email direkt an das Restaurant erhalte ich, wenn auch mit deutlicher Verzögerung und erst einen Tag vor dem gewünschten Termin eine Antwort. Notiz an mich selbst: Ein Anruf wäre vermutlich doch einfacher gewesen.

Vor Ort ist aber alles problemlos. Das Gourmetrestaurant, rechterhand des Eingangs, ist noch leer. Und es wird auch nur noch ein weiterer Tisch dazukommen. Dafür ist die Brasserie im linken Teil des Eingangs deutlich besser besucht, was sich durch eine lebhafte Geräuschkulisse bemerkbar macht.

Interieur
Interieur

Dem Gefühl, sich hier dennoch wohlzufühlen, tut das indes keinen Abbruch. Daran hat auch der ausgesprochen freundliche und aufmerksame Service seinen Anteil.

Angeboten werden ein Dreigang-Mittagsmenü zu 65 CHF, ein Carte Blanche-Menü in fünf Gängen zu 116 CHF sowie eine Auswahl aus je drei À la Carte Vorspeisen, Zwischengerichten, Hauptgerichten und Dessert sowie Käse.

Wir entscheiden uns für das Carte Blanche Menü und wählen dazu einen Chardonnay aus der Region von der Genfer Winzerin Sophie Dugerdil, der uns ausgezeichnet durch den Mittag begleitet.

Als erste Apéros werden ein Teigkissen mit herb-kräutriger Note sowie eine Mousse auf einem Sablé serviert, die ebenfalls einen, wenn auch dezenteren, Kräuterton aufweist. Abgerundet wird das von einem Taco mit einer Creme aus getrockneter Tomate mit Kalamata-Olive. Das fällt sehr kräftig und mediterran aus und gefällt mir am besten. Deutlich wird aber bereits an diesen kleinen Grüßen, wie handwerklich präzise und gekonnt hier gearbeitet wird.

Nicht weniger präzise, aber schon deutlich aufwändiger ist das folgende Amuse Bouche gestaltet. Taschenkrebs ist cremig angemacht und mit einem Gurkensud und -sorbet frisch kontrastiert. Shiso ist als Tempura hauchfein ausgebacken und liefert neben einem leicht scharfen Ton auch etwas Knusper. Ausgezeichnet, wie hier die einzelnen Aromen punktgenau herausausgearbeitet sind.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Die Vorspeise präsentiert sich als wunderschönes Ensemble um einen Salat von grünen Bohnen, die es auch als Creme gibt, kleinen Herzmuscheln, Mandeln, diversen Blüten, einem Schaum von Mandeln und Kaviar. So überraschend und ungewöhnlich es ist, dass grüne Bohnen in einer Vorspeise mal die Hauptrolle spielen und so fein das auch insgesamt abgestimmt ist, so wenig sind hier merkliche Akzente festzustellen. Man mag das auch als Ausdruck einer sehr harmonischen Komposition verstehen, ich hätte mir zumindest eine markantere Note gewünscht.

Grüne Bohnen-Salat, Herzmuscheln, Emulsion von frischen Mandeln, Paste von unbehandelten Zitronen, Royal Daurenki Kaviar
Grüne Bohnen-Salat, Herzmuscheln, Emulsion von frischen Mandeln, Paste von unbehandelten Zitronen, Royal Daurenki Kaviar

Deutlich besser gelingt das beim kalten Hummer mit feinst gehäuteten Datteltomaten in einer Tomatensuppe, die durch Hibiskus eine schöne säuerliche Note bekommt. Winzige Kartoffelchips und Kräuter runden dieses erneut sehr elegant gestaltete Gericht gekonnt ab.

Blauer Hummer Hibiskus, Tomatensuppe, kandierte Datterino-Tomaten, Kräuter
Blauer Hummer Hibiskus, Tomatensuppe, kandierte Datterino-Tomaten, Kräuter

Mit einem stattlichen Stück, auf den Punkt gegarten, Steinbutt geht es weiter. Pfifferlinge und Fichtensprossen als Auflage sowie die Sauce auf Basis von Freekeh, einer arabischen Getreideart, setzen sehr aromatische Akzente. Separat bekommen die Pfifferlinge noch einen besonderen Auftritt durch eine Pfifferlingscreme, in gebratener Form und erneut Fichtensprossen. Letztere muss man etwas pointiert dosieren, damit sie nicht zu dominant sind und nur einen Hauch von Waldassoziation beisteuern. Aber insgesamt gefällt mir die etwas herbe und kräftige Einfassung des ausgezeichneten Fisches sehr gut.

Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass sich das Carte Blanche Menü aus den À la Carte-Gerichten zusammensetzt.

Auch das Miéral-Perlhuhn findet sich dort. Es ist trotz Niedertemperaturgarung etwas trocken geraten, dafür mit schönem, beachtlichem Fettrand. Dazu gibt es Kirschen und diverse Gemüse, darunter in Miso gegarte Senfgurke, Karotte, Frühlingszwiebel sowie eine tolle, klassische Jus, die auch hilft, die leichte Trockenheit des Fleisches auszugleichen. Die Sauce bleibt am Tisch, aber leider gibt es keinen Löffel dazu, sonst hätte ich den Rest fast aus der Sauciere leer getrunken. So muss das sehr gute Brot dafür herhalten.

Perlhuhn Selektion "Valéry Mieral", Kirschen, glasierte Karotte
Perlhuhn Selektion "Valéry Mieral", Kirschen, glasierte Karotte

Als Pré-Dessert folgt ein Aprikosen-Rosmarin-Sorbet im Schokomantel auf einer Aprikosen-Rosmarin-Sauce. Das ist prägnant und sehr gut.

Pré-Dessert
Pré-Dessert

Den Abschluss des Menüs bildet eine Variation von Himbeeren, als Tartelette, als Sorbet, gefüllt und als Gel. Dazu gibt es diverse Mousses und Cremes von weißer Schokolade und Vanillecreme. Das ist üppig, reichhaltig, abwechslungs- und detailreich, aber auch sehr lecker.

Himbeer-Tartelette, Ganache von weißer Schokolade, Minze, Limettengel, Himbeersorbet
Himbeer-Tartelette, Ganache von weißer Schokolade, Minze, Limettengel, Himbeersorbet

Die Petits Fours fallen klassisch und gut aus. Ein Mango-Fruchtgelee, eine Schokoladen-Tonkabohnenpraline, ein Pistazien-Macaron sowie ein Sablé bilden den gelungenen Abschluss eines Menüs, das in vielerlei Hinsicht positiv zu überraschen wusste.

Petits Fours
Petits Fours

Armel Bedouet pflegt eine klassische Küche, die vor allem mit Eleganz und Detailreichtum zu überzeugen weiß. Die geringfügigen Einschränkungen bei der Vorspeise oder beim Hauptgang fallen in meiner Gesamtbeurteilung nicht ins Gewicht. Insgesamt hat mir die Küche und die handwerkliche Ausführung ausgezeichnet gefallen.

Der Preis von 116 Franken für dieses Menü erweist sich als regelrechtes Schnäppchen, wenn man die Einzelpreise der Gerichte und die verwendeten Zutaten anschaut.

Dass Armel Bedouet nicht nur an unserem Tisch jeden Gang selbst präsentiert, scheint hier zum Prinzip zu gehören und empfinden wir als sehr angenehm. Da er irgendwann merkt, dass wir keine französischen Muttersprachler sind, fragt er sogar nach, ob er langsamer sprechen soll. Kleinigkeiten, die ich sehr zu schätzen weiß.

Leider verlassen uns die weiblichen Servicekräfte vor dem Dessert. Arbeitszeiten scheinen hier korrekt eingehalten zu werden. Danach übernimmt ein Kollege aus der Brasserie, der allerdings vornehmlich durch Abwesenheit glänzt. Dieser kleine Dämpfer trübt den Gesamteindruck nicht wirklich, wäre aber leicht vermeidbar gewesen.

Nach dem Essen streifen wir noch ein wenig durch die Altstadt, die Einkaufsstraßen mit den erwartbaren Luxusmarken und am See entlang. Das Essen im „L’Aparté“ hinterlässt den stärkeren Eindruck.

Details

Restaurant: L'Aparté
Adresse: Rue de Lausanne 41-43, 1201 Genf
Öffnungszeiten: Montag - Freitag: 12.00 - 14.15 Uhr und 19.00 - 20.45 Uhr
Samstag + Sonntag: Ruhetag
Website: www.hotelroyalgeneva.com/de/l-aparte.html

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