BouBou’s, Lissabon

Ich gebe zu, dass ich über die Lissabonner Food-Szene kaum etwas weiß. Sicher, von den beiden Zweisternern „Belcanto“ und „Alma“ hat man vielleicht schon mal gehört oder hier und da etwas gelesen. Aber wenn man sich mit Restaurant-Reservierungen beschäftigt, landet man doch recht schnell beim Michelin, um dann erneut festzustellen, dass ein Großteil der aufgeführten Lokale dann auch wieder als Zweit- oder Drittrestaurants von den beiden Chefs der genannten Sterneläden betrieben wird.

So gesehen, kommt natürlich ein Lissabon-Bericht wie im „Feinschmecker“ kurz vor unserem Aufenthalt wie gerufen. Wir entscheiden uns für das „BouBou’s“ im angesagten Príncipe Real-Viertel, ganz in der Nähe des Botanischen Gartens. Das Restaurant, das von der jungen Louise Bourrat in der Küche und ihrem Bruder Alexis im Service betrieben wird, hat an sieben Tagen in der Woche geöffnet und bietet ab 12 Uhr mittags durchgehende Küche.

Trotz ihrer erst 24 Jahre hat Louise Bourrat bereits einige bemerkenswerte Stationen in ihrer Laufbahn vorzuweisen, von Alain Ducasse bis Daniel Boulud in London. Und auch südamerikanische Einflüsse lassen sich als Resultat einer längeren Reise dorthin ebenfalls auf der übersichtlichen Karte wiederfinden.

Das von außen recht klein wirkende Restaurant entpuppt sich im Inneren von erstaunlicher Größe. Neben einem kleinen Barbereich am Eingang, erlaubt der Zwischengang freien Blick in die Küche. Dort kann man sowohl an Tischen als auch am Tresen sitzen. Zu empfehlen ist das hingegen nicht zwingend, weil die Küchengerüche hier schon sehr markant sind. Der eigentliche Speiseraum befindet sich im hinteren Teil und ist quasi als Wintergarten angelegt.

Die Karte listet jeweils sechs Snacks, Vorspeisen, Hauptgerichte und Desserts, dazu noch zwei Hauptgänge für zwei Personen sowie 4 optionale Beilagen.

Da es uns am ersten Abend so gut gefallen hat, kommt uns am folgenden Tag die durchgehende Küche nach einem ausgiebigen Sightseeing-Programm und entsprechend ausgehungert gerade recht. In Summe probieren wir uns also einmal quer durch alle Snacks. Dabei sind die gar nicht mal so klein, wie sich bereits beim frittierten Kalamari zeigt, der von einer scharfen Mayonnaise begleitet ist.
Milder , aber nicht weniger köstlich sind dafür die Kaninchenkroketten mit einer Auflage aus Senfsaat und einer senfartigen Sauce.
Völlig begeistern uns aber die Austern mit einer ganz dezenten Knoblauchbutter, die aber dennoch den entscheidenden Kick Fülle zur Frische beisteuert. Sie sind so gut, dass wir sie am ersten Abend gleich noch einmal nachbestellen und am folgenden Tag sowieso in der doppelten Menge. Im übrigen sind die 4 Euro für 2 bildschön angerichtete und angemachte Exemplare ohnehin mehr als preiswert zu nennen.

Am folgenden Tag wählen wir zudem die Tapioka-Marshmallows, die geschmacklich nicht viel hergeben und auch in der Konsistenz halt typisch weich sind. Dafür werden die frittierten Würfel von einer durchaus würzig-scharfen Tomatensauce ordentlich aufgepeppt.
Die kleine Käseauswahl dürfte vermutlich vom nebenan gelegenen Fachgeschäft kommen und präsentiert ausschließlich französische Käse. Schön machen sich dazu das Zwiebelconfit und die karamellisierten Pekannüsse.

Bei den Vorspeisen darf es am ersten Abend Thunfisch sein, der als „crudo“, also roh, angekündigt ist, dafür mit Ponzu und Spiegelei. Angemacht ist der Fisch als Ceviche, jedoch mit asiatischen Aromen. Soja, Koriander, Zitronengras sind auszumachen und alles wirkt sehr fein und elegant. Das Spiegelei irritiert mich zwar zunächst etwas, aber Eier spielen in der portugiesischen Küche scheinbar eine wichtige Rolle. Und auch hier fügt es dem frischen Charakter durchaus ein wenig cremige Fülle bei, die zwar nicht zwingend nötig gewesen wäre, aber auch nicht stört.

Roher Thunfisch, Ponzu, Spiegelei
Roher Thunfisch, Ponzu, Spiegelei

Als bekennender Tatarfan mache ich mich natürlich an das Rindertatar, das vor allem mit reichlich Zugabe von Kapern gut und rund abgeschmeckt ist. Hier macht das wachsweiche Eigelb auch Sinn, denn vermischt ergibt sich eine schöne Konsistenz, die im Kontrast zu dem markanten Kräutersalat steht. Der besteht vor allem aus Petersilie, Koriander und Minze und fügt dem Gang eine spannende Note bei. Dass hier auch noch eine scharfe Komponente mit ins Spiel kommt, macht sich erst zum Schluss hin bemerkbar, dann aber auch deutlich erkennbar durch die chilirote Marinade am Boden des Tellers. Das hallt angenehm nach und gefällt mir in seiner sorgfältigen Konzeption sehr gut.

Rindertatar, Eigelb, Kräutersalat
Rindertatar, Eigelb, Kräutersalat

Leider sind die Short Ribs an beiden Abenden aus, so dass wir uns am ersten Abend an die Krebs-Papardelle und den gegrillten Lachs halten.
Die Papardelle, die auch noch mit einer Bisque angekündigt sind, erweisen sich als recht cremige Angelegenheit, in der die Einzelkomponenten nicht wirklich auszumachen sind. Das schmeckt nicht übel, aber ein klares Aromenspektrum von Meeresfrüchten vermissen wir, was schade ist.

Krebs-Papardelle, Bisque, Estragon
Krebs-Papardelle, Bisque, Estragon

Besser ist da der Lachs gelungen, der zwar erkennbare und deutliche Röstaromen abbekommen hat, aber dennoch perfekt auf den Punkt und schön glasig gegart ist. Als Beilage gibt es einen kalten Wakame-Salat und eingelegte Gurkenstreifen, die mit lauwarmen breiten Bohnen kombiniert sind. Diese Kombination klingt erst mal ungewöhnlich, funktioniert aber erstaunlich gut. Auch das ist überwiegend asiatisch angemacht und Koriander scheint man in Portugal ohnehin zu lieben.

Gegrillter Lachs, Wakame Salat, eingelegte Gurke
Gegrillter Lachs, Wakame Salat, eingelegte Gurke

Nach der üppigen Menge an Snacks und Vorspeisen sind wir nach den Hauptgängen eigentlich mehr als gesättigt, aber Dessert probieren wir trotzdem noch.
Mein Mann begnügt sich mit einer Kugel Schokoladen- und Pistazieneis. Beide sind wohl hausgemacht und ordentlich, aber nicht überragend.

Schokoladen- und Pistazieneis
Schokoladen- und Pistazieneis

Ich entscheide mich für den geeisten „Baklava“. Die Tatsache, dass es in der Karte in Anführungsstrichen versehen ist, erleichtert mir die Wahl etwas, denn üblicherweise meide ich dieses pappsüße Dessert, wenn es geht.
Hier ist es in der Tat ein gar nicht so süßes Eis, das aromatisch leicht orientalisch angehaucht wirkt. Die eingelegten Pfirsiche sind mit Nüssen und kandiertem Obst bestreut. Bis hierhin lässt sich das für mich problemlos essen. Lediglich die schmale Blätterteigplatte holt mich dann wieder gnadenlos in die Baklava-Realität zurück. Auch hier kandierte Nüsse und Früchte, etwas Rose auch noch, aber alles mit Kariesalarm deutlich zu süß. Ich schaffe davon knapp die Hälfte und halte mich an den Rest, der dafür ganz in Ordnung ist.

Geeister Pistazien-"Baklava", Pfirsich, Rose
Geeister Pistazien-"Baklava", Pfirsich, Rose

Am folgenden Tag sollen es noch zwei Vorspeisen sein, die wir noch nicht kennen. Und so wählen wir zum einen die als Ceviche angemachte Makrele in einem leichten Gazpachosud, der sehr fruchtige Noten aufweist. Dazu gibt es relativ milde Salsa Verde. In Kombination aber ein schöner, frischer Gang.

Makrelen Ceviche, Gazpacho, Salsa Verde
Makrelen Ceviche, Gazpacho, Salsa Verde

Dazu wählen wir auch noch die gebratenen Gambas, die hier in zwei außerordentlich stattlichen Exemplaren mit einer üppigen Sauce auf Basis von brauner Butter kommen. Die Kaffirlimette machen wir nicht explizit aus, aber die Süße der hervorragenden Gambas steht sowieso klar im Vordergrund.

Gebratene Gambas, braune Butter, Kaffir
Gebratene Gambas, braune Butter, Kaffir

Unsere Augen und unser Appetit waren definitiv nach der ausgiebigen und hügeligen Besichtigungstour größer als unser Magen. Sonst hätten wir uns nach den üppigen Snacks und Vorspeisen nicht auch noch über den im Ganzen gegrillten Oktopus mit Süßkartoffeln hergemacht. Und weil die Neugier auch wieder zu groß war, mussten es dazu dann auch noch die Yukka-Fritten mit Harissa-Mayo sein.
Nun ist der Oktopus alleine ja erfreulicherweise recht leicht und bekömmlich. Von der schieren Menge an Süßkartoffeln hätte man allerdings auch eine Kleinfamilie satt bekommen. Die lassen wir überwiegend liegen, auch weil sie irgendwie einfach nicht so unseres werden wollen.
Der Oktopus selbst hingegen ist zart und mit einer Salsa artigen Zwiebelauflage bedeckt.
Gut machen sich die Yukka-Fries mit der angenehm scharfen Mayo, die auch den Kraken begleitet. Aber auch die Fritten schaffen wir einfach nicht mehr.

An ein Dessert ist an diesem Abend schon sowieso nicht mehr zu denken und so verlassen wir das „BouBou’s“ auch ein zweites Mal gestopft und genudelt, aber mehr als zufrieden.

Louise Bourrat pflegt eine Küche, die so international ist wie ihre eigene Geschichte. Natürlich finden sich hier portugiesische Wurzeln, aber die werden mit allem kombiniert, was sich in der Welt findet. Daher haben hier auch asiatische und südamerikanische Einflüsse ganz klar ihren Platz. Und dass sie auch ihre französische Basis nicht vergisst, macht sie spätestens damit deutlich, dass im Eingangsbereich das große Standardwerk „Le Grand Livre de Cuisine“ ihres Lehrherrn Alain Ducasse steht.

Das Publikum ist hier ganz eindeutig international. Wir haben fast nur englisch, französisch und deutsch um uns herum gehört. Aber der Service ist exzellent darauf eingestellt und macht seine Sache ohnehin ganz ausgezeichnet.

Wer erleben möchte, wie weltoffen die junge portugiesische Küche heute sein kann, ist im „BouBou’s“ gut aufgehoben.

Details

Restaurant: BouBou's
Adresse: Rua Monte Olivete 32, 1200-280, Lisbon
Öffnungszeiten: Täglich 12.00 - 24.00 Uhr
kein Ruhetag
Website: www.boubous.com

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Kommentare

  1. Carsten am 2. Dezember, 2019 um 16:14 Uhr.

    Das schaut wirklich sehr gut aus! Wüsste nicht, was mein Favorit wäre……

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