Brasserie Marie, Köln
Am 23. April 2025 in Deutschland | 1916 Aufrufe | 1 Kommentar
Gute zehn Jahre führt Anselm Thaut mittlerweile die „Brasserie Marie“ im angesagten Kölner Stadtteil Sülz an der Grenze zum ebenso beliebten Viertel Lindenthal. Und sehr viel französischer wird man es kaum treffen. Denn das trubelige und immer gut besuchte Bistro bietet alles, was frankophile Gäste sich wünschen. Von typischen Apéritiven über Austern bis zu Steak Frites und Crème Brûlée ist alles da. Und das in einer Qualität, der man anmerkt, dass Anselm Thaut durchaus auch Erfahrung aus der Spitzengastronomie mitbringt. Zwei Jahre im „Le Moissonnier“ haben erkennbar ihre Spuren hinterlassen.
In den vergangenen Wochen waren wir gleich zweimal zu Gast hier. Beim ersten Mal haben wir der Küche eine besonders schwere Aufgabe gegeben, als wir in einer Gruppe zu zehnt aufgeschlagen sind. Wir hätten jedes Verständnis gehabt, wenn bei dieser Größe, zumal an einem Freitagabend, eine reduzierte Speisenauswahl oder ein gesetztes Menü vorgegeben worden wäre. Aber mitnichten – wir hatten die volle Wahl und, soviel sei vorweggenommen, sowohl Küche als auch Service haben das mit Bravour gemeistert. Der zweite Besuch, ebenfalls mit Besuch, aber da nur zu viert, war da eine deutlich einfachere Übung.
Der Beginn in den Abend könnte zum Beispiel mit bretonischen Jahrgangssardinen aus Quiberon beginnen, von denen es eine separate Karte gibt. Wir wählen eine Sorte mit sehr aromatischen Kombualgen. Dazu gibt es geröstetes und mit Knoblauch aromatisiertes Brot sowie den immer sehr sorgfältig angemachten gemischten Salat.
Très français wären natürlich auch Austern, in der Regel zwei, manchmal auch drei verschiedene zur Auswahl. Hier kommen sie nur mit Zitrone und ansonsten ohne jeglichen Schnickschnack. Pur und einfach gut.
Beim ersten Besuch starte ich mit „Oeuf Cocotte“, also im kleinen Keramiktöpfchen gestocktes Ei. Das lässt sich vielfältig kombinieren. Bei Anselm Thaut kommen Flusskrebse, Morcheln und Kirschtomate in die Cocotte, was in der Tat viel harmonischen Geschmack bringt. Röstbrot zum Auftunken gibt es auch dazu. Allerdings gerät das Ganze recht fettig und ist daher nichts für zu empfindliche Mägen.
Einige vegetarische Optionen bietet die Karte in der „Brasserie Marie“ auch und aus denen wählt mein Mann als Vorspeise den geräucherten Ricotta mit Granatapfel und Spargel. In der Tat zieht sich ein leichter, aber nicht aufdringlicher Räucherton durch das Gericht, aufgelockert durch säuerliche Akzente, die die Granatapfelkerne bringen. Insgesamt ist das sogar recht würzig mit einer schönen, abwechslungsreichen Textur.
Aus den Vorspeisen entscheide ich mich beim zweiten Besuch für die Rotbarbe, die mit einem ganzen Potpourri von Zutaten kommt. Avocado, häufig für mich eher belanglos, bekommt hier durchs Grillen zumindest etwas Charakter. Eine kräftige Salsa mit Mais, Panisse, also dicke Fritten aus Kichererbsenmehl und eine knoblauchwürzige und vielschichtige Sauce Romesco erlauben zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten. Gefällt mir gut.
Wann immer ich hier bin, muss ich mich jedes Mal beherrschen, im Hauptgang nicht immer dasselbe zu bestellen, denn das Cordon Bleu ist für mich schlichtweg eines der Besten, das ich kenne. Mit würzigem Käse und gutem gekochten Schinken gefüllt, dazu mit krosser Panierung, mutmaßlich mit Panko, ist das für sich genommen schon ausgesprochen köstlich. Die Preiselbeeren bräuchte ich nicht, aber das ist eine persönliche Geschmacksfrage. Nicht verzichten wollen würde ich hingegen auf den bereits erwähnten gemischten Salat und die ausgesprochen guten Fritten mit hausgemachter Mayonnaise. Das macht alles sehr satt, aber eben auch sehr glücklich. Und es steht nicht ohne Grund immer auf der Karte.
Beim Besuch ein paar Wochen später widerstehe ich der Versuchung, es mir erneut zu bestellen und wähle den Schweinebauch. Und auch das ist ein befriedigendes Stück Fleisch, super zart und mit krosser Schwarte. Also genau so, wie es sein muss. Der gegrillte Spitzkohl ist versetzt mit viel sehr akkurat geschnittenen Brunoise-Gemüsewürfeln. Apfelchutney ergänzt das mit feiner Süße, Bohnencreme und eine kräftige Sauce unterstützen den rustikalen Charakter. Ein Teller mit Feelgood-Garantie.
Vor allem der Chronistenpflicht halber, satt sind wir alle an dieser Stelle bereits schon lange, muss heute auch noch ein Dessert her. Vom Service sehr wortreich angepriesen, entscheiden wir uns für den Marmorkuchen, den wir, O-Ton „so bestimmt noch nicht gegessen haben“. Das weckt dann doch große Erwartungen, die der zugegeben gute, aber eben nicht außergewöhnliche, Kuchen nicht einlösen kann. Die aufgespritzte Salzkaramellmousse und das Brombeersorbet hingegen sind Komponenten, die sowohl texturell als auch geschmacklich für erfreuliche Abwechslung sorgen.
Die Ziegenfrischkäsemousse mit markant typischem Eigengeschmack ist gut, wenngleich nicht ganz so fluffig, wie man hätte erwarten können. Das Balsamico-Erdbeer-Eis gefällt mir sehr gut, auch wenn die Frucht für mich jetzt so explizit nicht herauszuschmecken ist. Mit seiner präsenten Säure hätte es genauso gut auch Rhabarber sein können. In Summe ist das aber auch solide und erfrischend.
Nach diesen beiden höchst erfreulichen Abendessen ist nur noch Platz für einen Espresso und einen Digestif von der gut bestückten Karte.
Dass sich die „Brasserie Marie“ so anhaltend starkem Zuspruch erfreut, ist ziemlich einfach zu erklären. Das Essen bietet einen mehrheitsfähigen Querschnitt aus typischen französischen Klassikern und aufgepeppter Bistroküche. Die akkurate Zubereitung hebt die Qualität deutlich über Standard.
Auch mit der fair kalkulierten Weinkarte, die sich auf Deutschland und Frankreich konzentriert, kann man viel Spaß haben. Und letztlich ist es auch der immer freundliche und aufmerksame Service, der hier viel zum Wohlbefinden beiträgt. Wenn dann noch im Hintergrund der ein oder andere französische Klassiker aus den Lautsprechern schallt, fühlt es sich fast wie ein kleiner Ausflug in die Grande Nation an.
Details
| Restaurant: | Brasserie Marie |
| Adresse: | Zülpicher Straße 268, 50937 Köln |
| Öffnungszeiten: | Dienstag - Donnerstag: 18:00 – 23:00 Uhr Freitag - Samstag: 17:30 – 23:00 Uhr Sonntag & Montag: Ruhetag |
| Website: | www.brasserie-marie.de/ |
Schlagworte
Anselm Thaut, Brasserie Marie, französisch, Köln
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Hach, so viel Euphorie in einem Bericht von dir. Es war ein wunderschöner Abend mit euch und allen weiteren Tischgenossen bei unserem Besuch. Ich bin wieder da, hoffentlich mit euch beiden.