Pure C, Cadzand-Bad

Im Kosmos der Restaurants von Sergio Herman nimmt das „Pure C“ im Strandhotel in Cadzand-Bad, direkt an der holländisch-belgischen Grenze gelegen, seit jeher eine besondere Stellung ein.
Schon zu Zeiten, als er noch das berühmte „Oud Sluis“ im nur etwa 10 km entfernten Heimartort Sluis zu allerhöchsten Weihen mit 3 Michelin-Sternen und 20 Gault Millau-Punkten an die Weltspitze kochte, konzipierte er das Restaurant und ließ es von einem seiner damaligen Schüler, Syrco Bakker, parallel betreiben.

Der Wintergarten-ähnliche Pavillon als Anbau des schon damals in die Jahre gekommenen Hotelbaus, dafür aber quasi direkt in den Dünen gelegen, übte schon bald eine überregionale Faszination aus, denn hier paarte sich extravagantes Design mit relaxter Atmosphäre und einer Küche, die nahezu fühlbar mit den Produkten der Region arbeitete, ihnen gleichzeitig aber auch einen exotischen Touch gab, indem Bakker die Wurzeln seiner indonesischen Heimat mit einfließen ließ.

Heute ist der Anbau von außen zwar immer noch nicht schön anzusehen, aber sitzt man innen, ist davon nichts mehr zu spüren und das Restaurant fühlt sich im Rahmen des Hotelbaus nun auch besser integriert. Zudem ist es noch etwas lichter und entschlackter geworden.

Dies ist mittlerweile unser fünfter Besuch, so dass man mit Fug und Recht sagen kann, dass wir diesen Ort einfach mögen. Seit unserem letzten Besuch vor etwa einem Jahr hat der Michelin endlich den unserer Meinung nach längst überfälligen zweiten Stern ausgepackt. Erfreulicherweise hat sich das nicht in einer massiven Preissteigerung niedergeschlagen. Nach wie vor gibt es ein Menü zu 5 Gängen (110€) und zu 7 Gängen (130€) sowie einige à la Carte Optionen. Am Wochenende indes wird nur das 7 Gang-Menü serviert.
Auch die Weinbegleitung ist mit knapp 70€ für das große Menü sehr moderat kalkuliert.

Als erster Happen zum Aperitif wird eine würzige und fettige Scheibe Coppa serviert. Der ist mit Kräutern aus dem vor dem Haus liegenden Garten selbst gebeizt worden.

Coppa, Kräuter aus den Dünen
Coppa, Kräuter aus den Dünen

Im Anschluss widmet sich die Küche als weiteren Gruß einem Dreierlei rund um verschiedene Muscheln. Kräutrig frisch präsentiert sich ein Granité als Hierbas Margarita. Im nächsten Schälchen wird es mit Miso und Mikan, also japanischer Mandarine und Rettich recht mild, während die Interpretation rund um die Herzmuschel mit seinem öligen Sud eine füllige Umami-Note in das Gericht bringt.

Auch beim Brot und der Butter ist die Nähe zum Meer deutlich spürbar. In ein Brötchen sind Algen eingearbeitet, zur Salzbutter gesellen sich ebenfalls Algenbutter und -chips.

Brot, Algenbrötchen und -butter
Brot, Algenbrötchen und -butter

Das eigentliche Menü startet mit einem zu einem Bündel gebundenen Salat, der am Tisch von einem Koch vollendet wird. Je nachdem, was der Garten hergibt, variiert das schon mal, weshalb die Menükarte auch nur die Kalenderwoche als Bezeichnung verwendet. Zu einem Sashimi von der Meeräsche gesellt sich eine fabelhafte, asiatisch anmutende Vinaigrette, die mit Pistazien und gehackten Nüssen zudem einen schönen Crunch erhält. Final wird dann noch selbst hergestellter Bottarga von der Jakobsmuschel über den Salat gegeben. Das ist frisch und vielschichtig gleichermaßen. Einfach wunderbar.

Pure C Salat der Woche, Meeräsche
Pure C Salat der Woche, Meeräsche

Etwas weniger präsent gestaltet sich der folgende Gang um Taschenkrebs und Erbsen, die das cremige Krebsfleisch roh begleiten, was auch für die zarten Schalen gilt. Rettich und Wasserminze komplettieren das Ensemble. Das ist nett und stimmig, prägt sich aber nicht besonders ein.

Taschenkrebs, Erbse, Sanddorn, Wasserminze
Taschenkrebs, Erbse, Sanddorn, Wasserminze

Deutlich spannender wird es dafür mit einem Prachtprodukt der Region. Die Seeland-Auster der Größe 6 gehört zu den größten erhältlichen und tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, jemals eine derart fleischige und riesige Auster gegessen zu haben. Obwohl Austern nicht zu meinen allerliebsten Meerestieren gehören, habe ich an dieser Version viel Spaß. Die begleitende Beurre Blanc erhält durch Lauchöl eine zusätzliche Reichhaltigkeit, die von der Plankton-Mayonnaise noch unterstützt wird. Diverse Kräuter und Buchweizencrunch komplettieren ein wunderbar intensives Meeresaroma. Große Klasse!

Seeland Auster, Lardo, Plankton, Lauch
Seeland Auster, Lardo, Plankton, Lauch

Der Service erklärt uns , dass es Syrco und Sergio ein Anliegen ist, auch unbekannteren und vielleicht weniger beliebten Nordseefischen eine Bühne zu geben und so ist der folgende Fischgang auch für uns eine Premiere. Katzenhai ist vielleicht am ehesten in der Struktur mit Aal zu vergleichen und die Küche nimmt das Thema auch auf mit einer Interpretation von grüner Sauce, die es ja auch zum Aal oft gibt.
Hier findet sie sich in Form einer tollen Kräutersauce, in der Dill die Hauptrolle spielt. Spargel, Gurke und Kräuterchips vollenden das Spiel in Grün und dem Gatten rutscht dazu nur ein schlichtes „Grandios!“ raus. Recht hat er!

Katzenhai in grün
Katzenhai in grün

Etwas klassischer im Geschmacksbild, aber nicht weniger großartig wird es mit der an der Gräte gebratenen Rotzunge. Messermuscheln, Fenchel und Beurre Blanc spielen mit, was per se noch nicht so aufregend klingt. Aber vor allem die Beurre Blanc hat es in sich, denn sie ist mit geräuchertem Aal gekocht, was ihr eine unerwartete Tiefe gibt, bei der sich der Räucherton aber nicht aufdringlich in den Vordergrund spielt. Das ist sehr fein aufeinander abgestimmt und verträgt sich hervorragend zu dem dazu servierten Spätburgunder.

Rotzunge, Messermuschel, Fenchel, Holunderblüten
Rotzunge, Messermuschel, Fenchel, Holunderblüten

Bereits einige Minuten vorher hat man uns am Tisch ein beeindruckendes Stück Fleisch präsentiert, von dem man allerdings nicht mehr gesehen hat als den Fettmantel, in dem es für einige Wochen reifen konnte. Das Fleisch ist von einer alten Kuh aus der Region, daher auch der örtliche Name „Oedslach“. Das Fleisch ist in Rinderfett gepackt, das wiederum mit Kräutern aus den Dünen gewürzt ist.

Am Tisch wird das Tier dann in zwei Teilen serviert. Das Hauptstück ist gerade knapp über rare gegart. Auf einer Scheibe Kohlrabi ist im besagten Fett gegartes Confit mit Variationen von Rettich, darunter auch Daikon, der in Dashi gegart wurde. An der Seite noch eine intensive Mousseline, ebenfalls aus dem Rinderfett. Dies alleine ist schon hervorragend, aber auch der kleine Teller à part steht dem nicht nach. Short Rib, oh Wunder, ebenfalls im Rinderfett gegart, hat eine eigenwillige Zitrusnote, die sich später als Bergamotte herausstellt. Zusammen mit Frühlingszwiebeln und Knoblauch sowie einem knusprigen Rösti ergibt dies tatsächlich einen wunderbaren Komplementärteller, so dass man zwangsläufig kaum weiß, was einem besser schmeckt. In der Tat kann man häufig beobachten, dass die Hauptgänge in ihrer Kreativität gegenüber den vorherigen Gerichten abfallen. Nicht so hier. Das ist großes Kuh-Kino!

"Oedslach" - alte Kuh in Rinderfett konserviert

Auch das Dessert kommt in zwei Teilen, wobei das Hauptstück eine weiße Kugel aus Schokolade ist, die mit Rhabarbereis und -ragout gefüllt ist. Ingwer, wie angekündigt, mache ich nicht wirklich aus. Sehr schön gefällt mir das teilende Knusperplättchen aus Sonnenblumen- und Kürbiskernen. Separat nimmt auch das Biskuit-Sandwich das Rhabarber-Thema auf. Zusammengehalten werden die Keksplatten von Buttermilcheis, die ebenfalls mit fruchtigen Elementen getoppt sind.
Das Dessert erreicht nicht ganz die Komplexität der vorherigen Gänge, was aber dem unkomplizierten Genuss keinen Abbruch tut.

Zum Kaffee gibt es einige gute Mignardises, darunter ein Chou mit Tonkabohne, ein Biskuit mit Rosenblättern und ein Macaron, der nicht wie üblich mit einer Creme, sondern einem kräutrigen Granité gefüllt ist.

Damit ist es jedoch noch nicht genug. Es folgen noch ein Törtchen mit Erdbeeren und Fenchelkrokant sowie eine Schokoladenmousse mit Himbeersorbet und einer Sauce aus Roter Bete.
Auch diese beiden, nahezu ausgewachsenen Desserts, können überzeugen.

Syrco Bakker hat das ausgezeichnete Niveau der früheren Besuche locker bestätigt. Seine Küche ist von großer Raffinesse und Originalität. Und vielleicht mehr als anderswo gehen hier Lage des Restaurants, Küchenstil und Zutaten eine harmonische Einheit ein. Das „Pure C“ feiert die Zutaten des Meeres und der Küstenregion. Fleisch spielt daher nur eine untergeordnete Rolle, aber wenn wie im heutigen Fall, auf großartige Weise.

Weinbegleitung
Weinbegleitung

Der Service ist wie immer von natürlicher Herzlichkeit, die Weinbegleitung spannend und verglichen mit den übrigen Preisen der Weinkarte ein veritables Schnäppchen.
In jedem Fall bleibt das „Pure C“ von den drei Sergio Herman-Restaurants in Cadzand der uneingeschränkte Star.

Innenansicht

Details

Restaurant: Pure C
Adresse: Boulevard de Wielingen 49, 4506 JK Cadzand-Bad
Öffnungszeiten: Mittwochs - Sonntags: abends
Samstags + Sonntags: auch mittags
In den Sommermonaten (Juli - September) an allen Tagen auch mittags
Montag + Dienstag: Ruhetag
Website: www.strandhotel.eu/de/pure-c/

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Kommentare

  1. Carsten am 21. August, 2019 um 14:40 Uhr.

    Das war ein sehr feines Menü!

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