Ron Gastrobar, Amsterdam

Manche Gastronomiekonzepte sind so bestechend sympathisch, dass man sich als Gast vom ersten Moment an wohl fühlt und sich wünscht, dass es so etwas auch zuhause gäbe.

Ron Gastrobar in Amsterdam ist so ein Beispiel. Vor zwei Jahren das erste Mal besucht und es war keine Frage, dass wir auch heuer wieder herkommen würden.
Ron Blaauw, ehemals mit zwei Sternen ausgezeichnet, hat vor einigen Jahren sein Konzept deutlich verändert. Fine Dining adé, Gourmet-Food ab jetzt für die Massen. Mittlerweile ist er damit so erfolgreich, dass es allein vom Gastrobar-Konzept bereits einen asiatischen Ableger gibt (Ron Gastrobar Oriental), ab Mai auch noch einen indonesischen (Ron Gastrobar Indonesia). Auch vor Hot Dogs macht er nicht halt und serviert im „The Fat Dog“ extravagante Varianten, wie auch neulich in einer Folge der Mälzer-Show „Kitchen Impossible“ zu sehen. Mit dem „Pasta e basta“ betreibt er eine italienische Trattoria. Und daneben ist Blaauw auch Namen- und Ideengeber für das „Bridges“, dem Gourmet-Restaurant im Sofitel. Nichts scheint in Amsterdam also ohne ihn zu gehen.

Die Gastrobar ist an diesem Abend wieder knackvoll, auch sämtliche Plätze an der Bar sind belegt, der Geräuschpegel großstädtisch, das Publikum bunt gemischt und überwiegend relativ jung. Die Speisekarte kommt immer noch als Zeitung daher und die Gerichte kosten auch weiterhin überwiegend 15 Euro pro Gang, einige einen kleinen Aufschlag von 5 Euro, Desserts 9 Euro. Dry aged Rind gibt es, weil auch hier schwer angesagt, natürlich auch. Vom Holsteiner bis zum Simmentaler für 75-90 Euro für 2 Personen. Fürs Wagyu allerdings ist man als Paar mit stolzen 275 Euro dabei. Nun ja – wir wollen es origineller und bleiben bei der normalen Karte. Drei Gänge plus Dessert reichen uns völlig. Und da man sich sein Menü munter zusammenstellen kann, wie man mag, wählen wir auch zwecks Querprobiererei acht verschiedene Gerichte.

Das Tatar von der Jakobsmuschel mit etwas Hibiskusstaub, einem Kartoffelschaum und kräftigem Old Beemster Käse als krosse Mikroelemente funktioniert ganz hervorragend zwischen Frische und Deftigkeit.

Scallops’ tartare with hibiscus, a foam of potato and Old Beemster cheese
Scallops’ tartare with hibiscus, a foam of potato and Old Beemster cheese

Noch besser ist das Lachs Sashimi mit Ingwer, Sesam und Yuzu, das sich zunächst unter einem dünnen, knusprigen Teigblatt versteckt. Soja-Tapiokaperlen geben eine angenehme Würze, der Fisch ist von sehr guter Qualität und kräftig abgeschmeckt, Creme und Teigblatt liefern Textur. Große Klasse!

Etwas unkoodiniert wirkt der zweite Gang, bei dem sich BBQ Tintenfisch mit Fregola, einer Bouillabaisse-Sauce (sehr cremig) und gepoppter Salami vermischen. Sieht wild aus, ist aber ein absolutes Feelgood-Gericht, bei dem man am besten von allen Komponenten gleichzeitig probiert. Auch hier herrscht ein kräftiger, aber nicht plumper Grundakkord vor, bei dem vor allem die Grillaromen des Tintenfischs spannende Akzente setzen.

BBQ squid with fregola, bouillabaise sauce and salami crumble
BBQ squid with fregola, bouillabaise sauce and salami crumble

Enttäuschender dagegen die Gänselebercreme, die laut Karte mit Coulis von Mandarine, Haselnuss und Pomelo kommen soll. Indes, all diese Komponenten suchen wir unter der Champignon-Verkleidung vergeblich. Die Creme ist köstlich, bleibt aber in Ermangelung der – wenn schon nicht sichtbaren – auch nur sehr bedingt schmeckbaren fruchtigen Elemente doch etwas eindimensional und massig.

Cream of goose liver with a coulis of mandarin, hazelnut and pomelo
Cream of goose liver with a coulis of mandarin, hazelnut and pomelo

Mehr aus Neugierde, um was für ein Stück Fleisch es sich bei einem Hanger Steak („gebakken Longhaas“) handelt und weil mich die Tarte Tatin von Zwiebeln und Chorizo reizte, habe ich mich für diesen Gang entschieden und bin zufrieden. Das Fleisch ähnelt einem Entrecôte, ist perfekt gegart, das knusprige gehobelte Knochenmark bleibt eher dezent. Die Tarte Tatin ist eine leckere und originelle Beilage.

Hanger steak with a tarte tatin of onions & chorizo and bone marrow
Hanger steak with a tarte tatin of onions & chorizo and bone marrow

Der zweite Hauptgang ist ein alter Bekannter und – zu Recht – immer auf der Karte (übrigens auch im Oriental-Ableger). Die Spare Ribs, bereits ausgelöst, mit hausgemachtem, sensationellem Sambal Oelek sind die zartesten Exemplare, die ich kenne und selbstverständlich wunderbar kräftig mariniert. Dazu fabelhafte Fritten mit Estragon-Mayonnaise und alles ist gut.

Bei den Desserts muss es wieder das obligatorische Überraschungsei sein, das immer wieder anders gefüllt ist und in einem Nest aus Kataifi-Fäden liegt und von einem Eis begleitet ist. Ich habe mir nicht gemerkt, was Creme und Eis waren, aber es war lecker und nicht zu süß.

Surprise egg Ron Gastrobar
Surprise egg Ron Gastrobar

Im Gegensatz zum zweiten Dessert, das erneut das Resultat von Neugierde war. Italienischer Schaum war angekündigt. Doch anstelle eines luftigen Desserts kam eine relativ massige Angelegenheit, die vor allem aus sehr süßem Eischnee und einer mächtigen Creme aus Baileys, Kakao und Haselnuss bestand und nur mühsam zu schaffen war. Leicht ist anders.

Italian foam with Baileys, cocao, hazelnut and mango
Italian foam with Baileys, cocao, hazelnut and mango

Aber solche kleinen Ausreißer können den positiven Gesamteindruck nicht schmälern. Ganz überwiegend wird in Ron Gastrobar kreative, unkomplizierte und sorgfältig zubereitete Bistroküche geboten, die großen Spaß macht und ihren Stern allemal wert ist.

Ice Waffle
Das obligatorische Eis nach der Rechnung

Das einzig Bedauerliche an diesem Restaurant ist, dass es halt in Amsterdam ist. Womit ich wieder bei meinem Wunsch vom Anfang bin.

Details

Restaurant: Ron Gastrobar
Adresse: Sophialaan 55 hs, 1075 BP Amsterdam
Öffnungszeiten: LUNCH
Mo - So 12:00 - 14:30

DINNER
Mo - So 17:30 - 22:30
Sa 17:00 - 22:30
Website: www.rongastrobar.nl/en

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