Zur Post, Odenthal

Das Wetter ist usselig. Es regnet, es ist windig. Herbst halt und so ist es praktisch, dass der Bus genau gegenüber vom Restaurant hält. Wie zuvorkommend, wenn einem dann schon die Tür geöffnet wird, noch bevor man die Schwelle erreicht hat.
Betritt man das schmucke Schieferhaus zum ersten Mal, so wie wir heute, ist man doch überrascht über den unaufdringlich modernen Stil, der sich auch in den Gasträumen fortsetzt. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl, wozu auch der herzliche Service beiträgt, der zügig den Apéritif und erste Snacks serviert – ein luftiger Rote Bete Schaum und ein würziges Rillette.

Amuse Bouche: Rote Bete Schaum & Rillette

Und dann erleben wir ein kleines Déjà-vu. Wie bereits zwei Tage vorher im holländischen Dreisterner warten wir – erst auf die Speisekarten, später dann noch mal ähnlich lange auf die Weinkarte. Das ist ja alles nicht so mega-tragisch, weil man sich vorab im Internet sowieso schon über das Menü kundig gemacht hat und die Wahl eigentlich feststeht. Aber es bringt den Ablauf gleich zu Beginn unnötig zum Stocken. Und wenn die Karten denn endlich alle da sind, kommen auch die nächsten Grüße und man ist dann an mehreren Fronten gleichzeitig zugange, weiß nicht, ob man erst essen, dann lesen oder doch beides gleichzeitig tun soll, weil man ja auch die Bestellung nun nicht noch weiter hinauszögern will. Und wenn dann die Weinkarte noch überproportionale Ausmaße hat, wird es ganz kriminell, weil man nicht mal weiß, wo man die schadlos ablegen soll.

Das ist jetzt übrigens keine spezifische Kritik an der Post, wo die Weinkarte völlig normales Format hat, sondern eine generelle Beobachtung, die ich ab und zu mache, wenn die Küche schneller ist als der Service.Vielleicht ist es mir auch nur besonders aufgefallen, weil es halt zweimal in kurzer Zeit passierte.
Aber davon abgesehen, haben die drei Grüße (eine schöne Kürbissuppe, eine erdige Kürbiscreme und ein frischer Kräuterschaum mit Lachskaviar) den jeweiligen Eigengeschmack sehr klar herausgearbeitet.

Das Menü startet asiatisch mit einem Sashimi und Tatar vom Thunfisch, etwas Ingwergel, luftiger Miso-Mayonnaise, Quinoasalat und sehr würzigem Sojasud. Angegrillte Wassermelone gibt einen schönen fruchtigen Akzent. Das erlaubt alles viele verschiedene Kombinationsmöglichkeiten, die sehr gut aufgehen. Lediglich das Türmchen aus Tapiokaperlen ist mir persönlich zu kompakt und steuert ein etwas klebriges Mundgefühl bei. Das hätte ich nicht unbedingt gebraucht.
Passend dazu der 2014 Schiefer Riesling von Van Volxem.

Sashimi vom Tuna | Tunatatar | Wassermelone Ingwergel | Miso-Mayo | Quinoasalat

Mit dem Meeresfrüchteragout mit Muschelschaum folgt ein weiterer, durchaus opulenter Gruß aus der Küche, der sehr süffig zu löffeln ist und eine etwas vordergründige Tomatennote hat.

Meeresfrüchteragout
Gruß aus der Küche: Meeresfrüchteragout mit Muschelschaum

Ganz vorzüglich dann der Bergische Bachsaibling, der von Speck, Gurken, Jakobsmuscheltatar, Buttermilchsud sowohl herzhaft als auch säuerlich elegant eingefasst ist. Etwas Dillöl liefert einen dezenten kräutrigen Ton bei und zur Krönung gibt noch etwas Imperial-Kaviar für die jodigen Töne. Das macht großen Spaß, auch im Zusammenspiel mit dem fülligen Silvaner von der Ersten Lage Hohnart des Fürstlich Castell’schen Weinguts.

Bergischer Bachsaibling
Bergischer Bachsaibling im Kärtner Jausenspeck Glasgurke | Jakobsmuscheltatar | Buttermilchaufguss | Dillöl | Imperial Kaviar

Über den nächsten Gang scheiden sich am Tisch die Geister. Die Ceviche vom Offiziersbarsch ist umgeben von zahlreichen Komponenten, die für sich genommen, gut und prägnant waren. In Summe passierte mir hier aber einfach zu viel auf dem Teller. Der Fisch hatte Mühe, sich gegen Süßkartoffel, Kokosnuss, Mango und Kalamansi zu behaupten. Mehr noch aber war mir der Koriander in Gelform viel zu konzentriert und zu präsent. Nicht schlüssig fand ich zudem, an dieser Stelle des Menüs noch einmal ein kaltes Fischgericht zu servieren. Persönlich hätte ich mir, vielleicht auch angesichts des herbstlichen Wetters draußen, noch einen süffigen, warmen Fischgang gewünscht. Aber wie gesagt: die Meinungen am Tisch waren geteilt. All das, womit ich nicht recht warm wurde, genoss mein Mann voll und ganz. Es lebe der unterschiedliche Geschmack!
Unstrittig hingegen die Zustimmung zum dazu servierten 2014 Menetou-Salon von Jean-Max Roger.

Ceviche vom Offiziersbarsch
Ceviche vom Offiziersbarsch Süßkartoffel | Mango | Kokosnuss | Kalamansi | Koriander | Limette

Und mein Wunsch nach etwas Süffigem, jahreszeitlich Angepassten wurde mit dem nächsten Gang auch prompt erfüllt. Ein noch leicht weiches Ei wird von Steckrübe, Maronen, Meerrettich und reichlich Herbsttrüffeln sehr harmonisch begleitet. Ist aber auch eine Kombination, mit der man nicht viel falsch machen kann und die eine Garantie für glückliche Gesichter ist.
Interessant dazu der 2014 Chardonnay vom Weingut Lis Neris aus dem Friaul. Komplett im Stahl ausgebaut, aber lange auf der Feinhefe gelagert, bringt er eine große Fülle und Kraft mit, die gegen Ei und Trüffel standhält.

Herbsttrüffel
Herbsttrüffel | Landei | Steckrübe | Maronen | Meerettich

Vor dem Hauptgang gibt es als Erfrischung noch eine Variation von Himbeeren in diversen Texturen. Schön anzusehen und sehr klar im Geschmack, um nicht zu sagen: pur.

Himbeere
2 x Himbeer

Sehr abwechlungsreich dann der Bergische Rehrücken mit Steinpilzen, Kürblikuchen und Salzmelone als dezent fruchtigem Akzent. Der Holunderjus ist stark reduziert und bildet mit dem angerösteten Schmorgemüse eine gute Ergänzung zum eleganten, wohl sous-vide gegarten Fleisch.
Im Glas dazu ein kraftvoller 2008 Tempranillo von Monte Real aus dem Rioja.

Bergischer Rehrücken
Bergischer Rehrücken | Steinpilze | Kürblikuchen | Salzmelone | Holunderjus

In der Post wird der Käsegang traditionell als Abschluss des Menüs nach dem Dessert serviert. Wir haben es lieber andersherum und so folgt jetzt der vorbereitete Teller mit 5 klassischen, aber gut gereiften Sorten aus dem Tölzer Kasladen, dazu Früchtebrot und Feigensenf.
In der Weinbegleitung dazu ist jetzt ein Sherry im Glas vom Weingut Valdespino. Der Pedro Ximenez ist für sich alleine sehr komplex und schmeckbar hochwertig. Bei einer Auswahl von Hart- bis Weichkäse vermutlich auch kein schlechter Kompromiss, aber ich persönlich mag es an dieser Stelle etwas weniger süß.

Käseauswahl
Käseauswahl vom Tölzer Kasladen | Feigensenf | Früchtebrot

Was leider auch für den Banyuls zum abschließenden Dessert gilt, das für mein Empfinden eher eine Riesling Auslese, einen Rieslaner oder ähnliches vertragen hätte. Gebackene Zwetschgen und ein hervorragendes Vanilleeis sind eine klassische Kombination, die immer gut funktioniert. Schwierig zu essen und insgesamt etwas zu viel allerdings die drei relativ harten Mürbeteigbröckchen. Im Glas separat dazu eine schöne Tonkabohnencrème mit Zwetschgenmousse und Butterbröseln. Dies gibt dem etwas rustikalen Teller wiederum eine feine Ergänzung.

Gebackene Zwetschgen
Gebackene Zwetschgen | Alejandro’s Vanilleeis | Butterstreusel | Tonkabohnencrème
Tonkabohnencreme
...à part die Tonkabohnencrème

Nach diesem insgesamt sehr üppigen Menü folgt noch ein Marshmallow zum Abschluss. Und mehr braucht es auch nicht, denn der Sättigungsgrad ist mehr als gut erreicht.

Marshmallow
Petit Four

Die Küche von Alejandro und Christopher Wilbrand findet eine gute Balance zwischen bergischer Rustikalität und weltläufiger Offenheit. Bei manchen Gerichten stimmten für mich die Proportionen einiger Komponenten nicht hundertprozentig, wie beim Ceviche oder bei der Vorspeise. Stark hingegen, weil für mich klarer fokussiert und stimmig konzipiert der Saibling, das Reh und der Trüffelgang. In Summe aber war dies ein Essen auf hohem Niveau, dem der große Aufwand jederzeit anzumerken war.

Für das Wohlbefinden sorgt auch der gut aufgelegte Service unter Christoph Clemens, der uns eine hochwertige Weinbegleitung servierte, auch wenn die letzten beiden Weine nicht mehr ganz meinen persönlichen Geschmack trafen. Aber das ist verschmerzbar und schmälert nicht den positiven Gesamteindruck, den die sympathische Post hinterlässt.

Details

Restaurant: HotelRestaurant "Zur Post"
Adresse: Altenberger-Dom-Straße 23, 51519 Odenthal
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 18–22 Uhr,
Samstag und Sonntag: 12–14 und 18–22 Uhr;
Montag und Dienstag Ruhetag
Website: www.hotel-restaurant-zur-post.de/

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Kommentare

  1. Gregor Zimmermann am 5. September, 2017 um 17:53 Uhr.

    Wer hat diesen Kommentar/ Essensbewertung geschrieben? Die Köche und das Restaurant werden genannt, aber nicht der Verfasser! Warum?

  2. Thomas Westermann am 5. September, 2017 um 18:07 Uhr.

    Sehr geehrter Herr Zimmermann,
    ich verstehe Ihre Frage nicht. Die Bewertung ist von mir geschrieben worden. Sie befindet sich auf meinem Blog „tischnotizen.de“ und Sie können dort in der „Über mich“-Rubrik sowohl meinen Namen als auch weitere Infos zu mir erfahren.
    Mit freundlichem Gruß
    Thomas Westermann

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