Accents Table Bourse, Paris

Nahe der Pariser Börse findet sich in einer kleinen Seitenstraße das von außen recht unscheinbare Restaurant „Accents Table Bourse“. Innen jedoch präsentiert es sich recht großzügig im Loft-Charakter mit von zwei Seiten begehbarem Weinschrank und markanter Lampeninstallation im Eingangsbereich.

Außenansicht
Außenansicht

Geführt wird das Restaurant, das 2019 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, von Ayumi Sugiyama, die gleichzeitig auch die Chef-Patissière ist. Küchenchef ist Romain Mahi, mit dem sie bereits gemeinsam im „La Truffière“ gearbeitet hatte.

Kann man mittags wahlweise à la Carte essen oder sich aus der Auswahl ein 3- bzw. 4 Gang-Menü (39€ / 52€) zusammenstellen, sind abends lediglich verschiedene Überraschungsmenü-Optionen (6 Gänge 75€, 6 Gänge vegetarisch 70€, 5 Gang Trüffel 120€) verfügbar.  So müssen die Mittagsgerichte zumindest von der Beschreibung her als Indikation dienen für das, was einen erwartet.

Den Beginn machen zum Apéritif zunächst sehr dünn und flach gearbeitete Grissini mit einer Haselnusscreme,

Grissini mit Haselnusscreme
Grissini mit Haselnusscreme

denen fünf originelle Snacks folgen. Ein Tartelette mit Zitrone und Koriander (frisch), geräucherter Camembert zwischen getrockneten Grünkohlblättern (sehr kräftig), knusprige Fischhaut mit Zitronengel (säurebetont), Foie Gras mit Alge auf einem Sablé (prägnant und ungewöhnlich) sowie ein Rettich-Ravioli mit Creme von geräuchertem Heilbutt (sehr markant). Alle Kleinigkeiten überzeugen mit ausgeprägtem Eigengeschmack und Eigenständigkeit.

Bevor das Menü startet, schickt die Küche noch ein Amuse Bouche in Form von warmer Blutwurstcreme mit Toffeecrumble. Da die Boudin Noir recht mild ist und der Crumble eher malzig-karamellig, ergibt sich ein ausgewogenes Geschmacksbild. Nicht aufregend, aber im positiven Sinn nett.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Sehr gut das warme, lockere Brot mit schöner Kruste und die geräucherte Butter.

Brot & Butter
Brot & Butter

Als „Risotto“ von Sellerie und Granny Smith angekündigt folgt der erste Gang. Hat man sich erst mal durch den Schaum von Räucherfisch gearbeitet, offenbar sich zum einen schnell, dass es sich hier nicht um ein klassisches Risotto handelt, sondern Sellerie und Apfel die Aufgabe übernehmen sollen. Das könnte theoretisch auch funktionieren, wenn beides klein genug und gleichmäßig geschnitten wären. In fabelhafter Form haben wir dies zum Beispiel bei Claude Bosi im „Bibendum“ in London serviert bekommen. Hier hat das handwerklich noch Luft nach oben.

Zum anderen ist dies mehr eine Suppe als eine cremige Angelegenheit. Daran ändern auch die Tapioca, die offenbar für die Textur eingesetzt werden, nicht viel. Geschmacklich haben sie ohnehin nicht viel beizutragen.

Löst man sich von der Risotto-Erwartung, ist dies trotzdem ein süffiges und gut schmeckendes Gericht.

Sellerie / Granny Smith / Räucherfisch
Sellerie / Granny Smith / Räucherfisch

Mit einer Jakobsmuschel in einem Sepia-Tartelette geht es weiter. Mönchsbart und eine cremige Sauce ergänzen das harmonisch, aber trotz vorgewärmter Teller leidet das Ganze darunter, dass es lauwarm bis nahezu kalt an den Tisch kommt.

Jakobsmuschel / Mönchsbart / Sepia-Tartelette
Jakobsmuschel / Mönchsbart / Sepia-Tartelette

Etwas irritiert lässt mich der nächste Gang zurück. Rotbarbe mit knusprigen Schuppen ist ordentlich gebraten. Eine Creme von Kohl, wir machen Brokkoli aus, und eine dunkle Sauce sind ebenfalls ok und passend. Aber die Hauptbeilage ist weißer Spargel – im Februar. Auf Rückfrage bestätigt uns der Service, dass dies tatsächlich Spargel eines kleinen Erzeugers von der Loire sei. Ob dies sein kann und sich in Frankreich der Klimawandel jetzt schon so drastisch auswirkt, vermag ich nicht zu sagen. Aber die Frage bleibt doch, ob das wirklich sein muss. Zumal, wenn sich mit den Chips von der Schwarzwurzel ja auch gleich eine saisonal wunderbare Alternative auf dem Teller wiederfindet. Und warum ist auch dieser Gang wieder nur lauwarm?

Rotbarbe / Spargel / Schwarzwurzel
Rotbarbe / Spargel / Schwarzwurzel

Erfreulich heiß kommt dafür der nächste Teller auf den Tisch. Eine Crépinette von geschmortem Rind, das eine ähnliche Konsistenz wie Pulled Beef aufweist, ist von Kartoffelpüree, Chicoree und ziemlich weichem Brokkoli begleitet. Das ist zwar nicht übermäßig originell, aber lecker.

Crépinette vom Rind / Kartoffelpüree / Chicoree
Crépinette vom Rind / Kartoffelpüree / Chicoree

Wenn schon eine Patissière Eigentümerin des Restaurants ist, versteht es sich, dass auch die süße Abteilung ihren angemessenen Platz im Menü haben muss. Und so beginnt es jetzt mit einem Apfel in Trompe-l’œil- Optik. Offenbar sind diese nachgebildeten Früchte, gern genommen ist auch immer Zitrone, nach wie vor ein Dauerbrenner der französischen Patisserie. Ich kann denen in der Regel nicht so viel abgewinnen, weil das Innere, wenn man die Zuckerhülle zerstört hat, sehr häufig eher nach einer Bauschaum-artigen unappetitlichen Masse aussieht. Das ist hier zwar nicht der Fall, die Hülle ist bemerkenswert dünn gearbeitet, Apfelpüree und -stücke sind mit Kardamom gut abgeschmeckt, aber in Summe ist das eben nur nett und bleibt nicht länger in Erinnerung.

Apfel
Apfel

Viel überzeugender finde ich das abschließende Dessert, das auf einem Kaffeebaiser Pistaziencreme, Birne als Mousse und pur, blättrige Kaffeeteigröllchen, Schokolade und geeisten Birnenschaum präsentiert. Das ist geschmacklich sehr harmonisch, abwechslungsreich und handwerklich ausgezeichnet gemacht.

Meringue / Pistazie / Birne / Kaffee
Meringue / Pistazie / Birne / Kaffee

Den Abschluss bildet statt klassischer Petits Fours der Chiffon-Cake, für den Ayumi Sugiyama mittlerweile offenbar bekannt ist, mit einem Kokos-Espuma. Der japanische Kuchen ist tatsächlich unglaublich fluffig und verdient seinen Namen völlig zu Recht.

Japanischer Kuchen
Japanischer Kuchen

Unser erster Abend in Paris hat uns ein etwas durchwachsenes Menü präsentiert. Gerade bei den herzhaften Gängen waren es mitunter Kleinigkeiten (Temperatur, Spargel im Februar, zu grobes Gemüse-„Risotto“), die den Eindruck etwas schmälerten, sich meines Erachtens aber leicht abstellen ließen. Sehr gut hingegen die Amuse Bouche, der Hauptgang und die Desserts.

Hervorzuheben ist das für Paris lobenswerte Preisniveau bei den Menüs, das allerdings von den etwas anspruchsvolleren Preisen der überschaubaren, internationalen Weinkarte wieder wett gemacht wird. Trotzdem muss man sich hier nicht verschulden.

Das könnte einem an der schräg gegenüber liegenden Börse wohl eher passieren.

Details

Restaurant: Accents Table Bourse
Adresse: 24 rue Feydeau, 75002 Paris
Öffnungszeiten: Dienstag - Samstag: 12.00 - 13.30 Uhr und 19.00 - 21.15 Uhr
Sonntag + Montag: Ruhetag
Website: www.accents-restaurant.com/

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Kommentare

  1. Carsten am 4. Mai, 2020 um 16:29 Uhr.

    Hmmm, da waren etwas sehr viel kulinarische Probleme im Menüablauf…..ich freu mich auf die weiteren Berichte.

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