
Blumé, Groningen
Am 16. September 2024 in Niederlande | 1599 Aufrufe | 1 Kommentar
Für einen längeren Ausflug haben wir uns kürzlich Groningen ausgewählt, eine mit gut einer Viertelmillion Einwohnern gar nicht mal so kleine Universitätsstadt nordwestlich von Amsterdam. So jung und quirlig der Ort ist, so beschaulich und historisch ist er gleichzeitig auch – eine Eigenschaft, die ich oft in den Niederlanden beobachte und sehr liebe. Angesichts der Größe der Stadt ist das Angebot an ausgezeichneten Restaurants eher überschaubar. Sowohl der Michelin als auch der Gault Millau listen zwar etliche Häuser, aber die Bewertungen bewegen sich eher im Einhaubenbereich.
Das muss gar nichts Schlechtes sein, denn bei recht ambitioniertem Programm sind die Preise oft noch erfreulich günstig und wer weiß schon, ob nicht der ein oder andere künftig als Rising Star gehandelt wird.
An einem Montagabend ist die Auswahl noch eingeschränkter, aber das „Blumé“, am Rande der Altstadt gelegen, hat geöffnet. Dort kocht Henrice Dijks ein Menü, das unter der Woche ab drei Gängen (45€) und am Wochenende ab fünf (65€) bis sieben Gängen (85€) erhältlich ist. Ähnlich preiswert präsentiert sich auch die Weinkarte, in der nur wenige Weine die 100 Euro-Marke reißen.
Wir entscheiden uns für das volle Programm, das mit drei Fingerfood-Snacks beginnt. Ein etwas trockener Macaron mit Knoblauch und Lakritz gerät harmloser, als er klingt, ein Baiser mit Kohl dafür würzig-süßlich und ein recht fragiler Erbsenchip mit Staudensellerie und Karotte dafür säuerlich-herb. Insgesamt ordentliche Happen, denen man den Aufwand anmerkt, denen es aber ein wenig an Finesse fehlt.
Brot und gesalzene Butter sind von guter Qualität. Beides haben wir wahrlich schon schlechter erlebt.

In der Vorspeise begegnet uns ein Fisch, den wir, soweit ich mich erinnern kann, noch nie oder bestenfalls höchst selten auf dem Teller hatten. Petermännchen, ein fester, kleiner barschartiger Nordseefisch, den die meisten Fischer aufgrund seiner giftigen Stacheln wieder zurück ins Meer befördern, wird von Henrice Dijks mit einem Salat aus Oliven- und Paprikacreme, diversen Knusperelementen und Kopfsalat begleitet, die entfernt an einen Salade Nicoise erinnern sollen. Dazu gibt es eine kalte Bisque als Interpretation einer Bouillabaisse. Diese kalte Vorspeise spielt tatsächlich mit mediterranen Aromen, bietet viel Textur und zur Abwechslung mal einen gänzlich anderen Fisch als man ihn sonst angeboten bekommt.

Mit einem lauwarmen Gang geht es weiter, in dem Hummer die Hauptrolle spielt. Als Mitspieler dienen Erbsen, vor allem als Creme, und Wassermelone. In der Sauce findet sich ein Hauch Zitronengras. Das bietet alles keine großen Überraschungen, ist aber harmonisch und funktioniert als Zwischengang gut.

Mit dem Schollenröllchen folgt ein Gang, der als gutes Beispiel dafür dient, das Sous-Vide nicht immer die bevorzugte Garmethode sein sollte, denn hier kommt der Fisch leider völlig übergart und viel zu weich auf den Teller. Karotte, Ingwer, Hollandaise und die sehr kräftige Jus geraten dafür sehr gut, was es umso bedauerlicher macht, denn meiner Meinung nach hätte der Fisch mit einer klassischen Dampfgarung viel besser glänzen können.

Das Niveau zieht aber deutlich an mit der jungen Roten Bete, die in Miso pochiert wurde und ein Topping von Granola erhält. Eine Petersilien-Beurre Blanc und eine Rote Bete-Jus sorgen für eine füllige Ergänzung in diesem schönen vegetarischen Gericht, das vor allem mit Crunch und nussigen Noten überzeugt.

Ganz fabelhaft auch die sehr zart geschmorten Schweinebäckchen mit Pfifferlingen und Steinpilzen. Letztere sind entweder so dünn gehobelt, dass sie geschmacklich nicht sonderlich erkenntlich sind. Auch die angekündigten australischen Wintertrüffel, die sich in der ansonsten kräftigen Jus verarbeitet sein sollen, mache ich nicht explizit aus. Aber wenn man das alles außer Acht lässt, ist dies ein schlotziger, herbstlicher Wohlfühlgang.

Im Hauptgang serviert Henrice Dijks Kalb, das er mutig rare gart. Unter einer Selleriescheibe findet sich ein warmes Tatar von der Kalbsbacke mit Selleriestückchen, dazu Auberginenpüree und eine gute, aromatische Jus. Das ist ein überraschend fokussierter Gang, der kräftiger daherkommt, als man erwarten würde.

Banane ist der Hauptdarsteller im Pré-Dessert. Als Sorbet und gebacken kommt das schon sehr dominant. Irgendwo spielt auch noch Avocado mit, aber kaum erkennbar. Durch die Panierung gibt es auch noch nussige Aromen, aber ansonsten ist mir das zu eindimensional, was aber auch daran liegen mag, dass ich kein großer Freund von gebackener Banane bin. Fürs Protokoll sei aber angemerkt, dass mein Schatz das sehr mag.

Exotisch wird es im Dessert mit einem Cremeux von Kokos und pochierter Ananas. Einen originellen Twist liefert das Eis von Five Spice-Gewürz. Das ist ungewöhnlich, aber stimmig und handwerklich ebenfalls sehr gut gemacht.

Mit drei Friandises, einer Praline mit gesalzenem Karamell, einer guten Lemon Tarte und sehr saftigen Madeleines geht ein Menü zu Ende, das mit einigen sehr überzeugenden Gängen punkten konnte, allerdings auch die ein oder andere Schwäche zeigte.

Während vor allem der vegetarische Rote Bete-Gang, die ungewöhnliche Vorspeise um den Petermännchen-Fisch und die Schweinebäckchen zu überzeugen wussten, ließen andere Gerichte entweder etwas Finesse vermissen oder zeigten, wie bei der Scholle, vermeidbare handwerkliche Mängel. Unterm Strich aber bleibt ein Menü, das zu gefallen wusste. Dass man bei dem aufgerufenen Preis keine High-End-Leistung erwarten sollte und daher der ein oder andere Fehler verzeihlich ist, ist auch klar.
Der aufmerksame und immer herzliche Service, der auch gut durch die Weinkarte zu navigieren wusste, hat ebenfalls dazu beigetragen haben, dass wir uns wohlgefühlt haben.
Ein erster, schon sehr ansprechender, Fine Dining-Abend in Groningen. Fortsetzung folgt…
Details
Restaurant: | Blumé |
Adresse: | Oude Boteringestraat 45, 9712 GD Groningen |
Öffnungszeiten: | Montag - Samstag: ab 18.00 Uhr Sonntag: Ruhetag |
Website: | www.restaurantblume.nl |
Schlagworte
Blumé, Gault Millau, Groningen, Henrice Dijks, kreativ
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