De Juwelier, Amsterdam
Am 29. September 2025 in Niederlande | 267 Aufrufe | 1 Kommentar
Richard van Oostenbrugge und Thomas Groot gehören zu den umtriebigsten Gastronomen in Amsterdam. Nach ihrer erfolgreichen gemeinsamen Zeit im mit zwei Michelinsternen ausgezeichneten „Bord’Eau“ im noblen „Hotel de L’Europe“, wagten sie den Sprung in die Selbständigkeit und waren die ersten, die mit dem „212“ ein Tresenrestaurant auch in die Grachtenstadt brachten. Dies, mittlerweile auch mit zwei Sternen dekoriert, ist immer noch das Flagschiff im Portfolio der Beiden. Doch mittlerweile haben sich vier weitere Restaurants dazugesellt, auch davon mittlerweile zwei mit einem Stern und eines mit einem Bib Gourmand ausgezeichnet.
Für unseren ersten Abend in Amsterdam entscheiden wir uns für das „De Juwelier“, das quasi Tür an Tür zum „Bistro de la Mer“ liegt, beide mit Michelinstern und beide reine À la Carte-Restaurants, die im Gegensatz zum eher avantgardistisch angelegten „212“ einen deutlich klassisch-französischen Brasseriestil bedienen.
Zusätzlich zu den eher eng gestellten und kleinen Restauranträumen im Souterrain und auf der Empore gibt es noch einige Plätze am Tresen, die unsere Wahl sind. Wir lieben es einfach, das konzentrierte Arbeiten und die Abläufe zu beobachten. Dafür nehmen wir auch gerne in Kauf, dass es am Ende so eines Abends mit dem Lüften der Garderobe allein nicht mehr getan ist.
Am Platz steht bereits ein Stück guter Salzbutter und ein Besteckkasten. Warmes Brot folgt umgehend, wie auch das großzügig eingeschenkte Glas Champagner, den wir als Apéritif wählen.
Dazu gönnen wir uns noch ein paar Irish Mór-Austern, die auch hier ganz klassisch nur mit Zitronen und Schalottenvinaigrette kommen. Mehr braucht es nicht.
Im ersten Gang entscheidet sich mein Mann als bekennender Tomatenfan für den Tomatensalat. Der steht vorbereitet in Tellern bereits bei unserer Ankunft in einer Ecke, wodurch er natürlich Raumtemperatur hat, was mir persönlich zu warm ist, meiner besseren Hälfte aber gefällt. Als kühlendes Element kommen aber ohnehin noch ein kräftiges Senfeis sowie eine sehr aromatische Tomatenessenz mit Estragonöl dazu, so dass sich das schon etwas ausgleicht. Besonders gefällt mir, dass die Tomaten enthäutet wurden, was gleich dafür sorgt, dass auch so etwas vermeintlich Einfaches wie ein Tomatensalat nicht nur rustikal daherkommen muss.
Ich widme mich derweil einem Vorspeisenklassiker der französischen Küche schlechthin, der Paté en Croûte. Es hat schon seinen Grund, warum diese Pasteten nicht allzu oft auf Speisekarten zu finden sind, denn sie benötigen Zeit, Fingerspitzengefühl und eine Menge Handwerk, um Garzeiten perfekt zu treffen. All das sind für mich schon ausreichend Gründe, so etwas zu bestellen, wann immer es möglich ist. Und die Version im „De Juwelier“ kann all das bieten. Sie ist perfekt abgeschmeckt mit einem Kern von Foie Gras, marinierten Pflaumen, die eine süße Saftigkeit beisteuern sowie vielen fleischigen Stücken. Zusammen mit dem kleinen Salat ein höchst befriedigender Gang und auf dem altmodischen Rosendekor-Geschirr so präsentiert, wie es passender nicht hätte sein können.
Weiter geht es mit einem Tatar vom Holsteiner Rind, das sehr cremig angemacht ist, dazu eine Sauce, in der offenbar Austern verarbeitet wurden, was ihr einen jodigen Touch gibt, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Etwas Wildkräuter und ein mit Algen aromatisierter Cracker geben die passenden Mitspieler. In Summe nicht spektakulär, aber gut abgeschmeckt und lecker.
Als Zwischengang wähle ich das perfekt pochierte Ei, wunderbar flüssig, mit sautierten Steinpilzen, die dadurch noch ihren natürlichen Charakter behalten und Lauchkompott in einer kräftigen Lauchsauce. Erneut ein gutes Beispiel, dass es weder viele noch nur ausschließlich luxuriöse Zutaten für ein schlotziges Feelgoodgericht braucht.
Es folgt der Hauptgang für meinen Mann, der sich für Wolfsbarsch entschieden hat. Das stattliche Stück kommt mit aufgepoppten Schuppen und sehr saftig, auf den Punkt gegart. Begleitet wird er von Schwertmuscheln, etwas fein geschnittenem grünen Gemüse und einer intensiven Fenchelbasierten, buttrigen Sauce, die mutmaßlich auch noch Muschelsud abbekommen hat. Der ganze Teller atmet ein wunderbares Meeresaroma.
Für mich geht es mit Fleisch weiter und zwar einem Hanger Steak, auch bekannt als Onglet, einem von mir sehr geschätzten Stück vom Rind. Dies hier ist erwartungsgemäß perfekt gegrillt und mit einer Haube von Senfbutter und Knochenmark überbacken. Neben einem Zwiebelkompott gibt es in der recht naturbelassenen Jus auch noch reichlich Knochenmark, was zusätzliche Üppigkeit und Fülle beisteuert. Die hausgemachten Fritten samt Mayonnaise dazu sind knusprig und weich, also genau so, wie sie sein müssen. Aber hätte man bei unseren niederländischen Nachbarn auch etwas anderes angenommen?
In jedem Fall ist dies extrem gut, extrem lecker und klassischere Brasserieküche kaum vorstellbar.
Die Käseauswahl konzentriert sich ganz auf holländische Sorten, allesamt auf den Punkt gereift und temperiert. Dazu wird eine Marmelade von Ananas und Passionsfrucht serviert, die von Thomas Groots Mutter gekocht wurde. Ich bin zwar überhaupt kein Konfitürentyp und zum Käse benötige ich ohnehin nichts weiter, aber sie schmeckt in der Tat sehr gut und nicht zu süß. Und abgesehen davon ist es ja eh nicht mein Teller.
Also wende ich mich meinem Dessert zu, einem weiteren Klassiker der französischen Küche, dem Baba au Rhum. Und der ist bereits gut getränkt und super saftig, bevor der Service großzügig Ron Zapaca Rum angießt. Das Vanilleeis ist ebenfalls ausgezeichnet, so dass dies einer der besten Babas ist, an die ich mich erinnern kann.
Der Guide Michelin klassifiziert „De Juwelier“ als Französisch-modern, aber was Küchenchef Wouter Wingelaar und sein Team aus der offenen Küche schicken, ist für mein Empfinden eher traditionell als modern. Aber letztlich sind solche Schubladen auch hinfällig, wenn das Ergebnis sowohl handwerklich als auch geschmacklich so überzeugend ausfällt. Und manchmal hat man einfach Lust auf eine geradlinige, schnörkellose klassische Küche, die ganz ohne Avantgarde auskommt. Der Service steht dem nicht nach, ist aufmerksam, kenntnisreich und mit dem genau richtigen Maß an Lockerheit ausgestattet, dass man sich sofort wohl fühlt.
Wir haben kaum das Restaurant verlassen, als uns der sympathische Sommelier und Restaurantleiter anruft, weil ihm aufgefallen ist, dass er vergessen hat, die Anzahlung, die bei Reservierung fällig ist, von der Rechnung abzuziehen. Uns ist das ebenfalls nicht aufgefallen. Kurz danach ist der Betrag wieder gutgeschrieben. Auch ein Zeichen von Exzellenz. Und das passt zum ganzen Abend.
Details
| Restaurant: | De Juwelier |
| Adresse: | Utrechtsestraat 51, 1017 VJ Amsterdam |
| Öffnungszeiten: | Montag - Sonntag: 12.00 - 13.30 Uhr und 18.00 - 22.00 Uhr Kein Ruhetag |
| Website: | www.restaurant-dejuwelier.nl |
Schlagworte
Amsterdam, Brasserie, französisch, klassisch, Michelin, Richard van Oostenbrugge, Thomas Groot, Wouter Wingelaar
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Was machst du? Jetzt habe ich unglaublich Lust nach Frankreich zu fahren! Was für ein wunderschönes Abendessen!