Gut Purbach, Purbach

Als im März diesen Jahres der neue Falstaff Restaurant Guide erschien, gab es vor allem eine bedeutsame Nachricht. Im Burgenland verlor der jahrzehntelange Dauerabonnent auf den Landestitel, das „Taubenkobel“ in Schützen, seinen Titel an Max Stiegl vom Gut Purbach. Einher ging dies mit einer geharnischten Kritik an der kulinarischen Entwicklung des Taubenkobel, dem überheblichen Auftreten der Eigentümerfamilie, wenn es um Reklamationen ging, Plagiatsaffären und übertriebene Erwartungen an einen vermeintlichen dritten Michelin-Stern, als diese noch in Österreich vergeben wurden. Zu all dem kann ich nicht viel sagen, denn unser einziger Besuch dort liegt viele Jahre zurück, hinterließ einen etwas zwiespältigen Eindruck, aber sicher nicht den katastrophalen, der zuletzt kolportiert wurde.

Wohl aber kann ich zum Gut Purbach eine Menge sagen, im aktuellen Gaut Millau übrigens mit sehr passenden 16 Punkten bewertet, denn seit vielen Jahren sind wir dort regelmäßig mindestens einmal pro Jahr zu Gast und bleiben oft mehrere Tage in einem der überaus charmanten Appartments in dem wunderschön restaurierten Gutsgebäude, das an einem schönen Sommerabend vielleicht einen der stimmungsvollsten Innenhöfe bietet, die man sich zum Abendessen vorstellen kann.

Garten
Der Innenhof

Max Stiegl, Slowene mit Künstlername, ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass er vielleicht kompromissloser als andere Köche Innereien in seiner Küche einen Platz gegeben hat, als andere noch „Nose to Tail“ buchstabieren mussten. Mehrmals im Jahr werden ganze Innereien-Menüs serviert und selbst ein Silvester-Menü haben wir mal als ausschließliches Innereien-Menü, mit einer köstlichen Variation von Lammhoden als Höhepunkt, erlebt. Es war fast schon im Vorjahr ausgebucht.

Stiegls Küche allerdings alleine darauf zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht und auch die Abwertung des Taubenkobels alleine soll seinen Aufstieg zur Nummer Eins im Burgenland nicht schmälern. Im Gut Purbach wird eine im besten Sinne pannonische Küche gekocht, die die Traditionen der Region und deren Zutaten sehr authentisch aufnimmt.

Amuse Bouche: Auberginen-Tatar
Amuse Bouche: Auberginen-Tatar

Da ist es nur logisch, dass der Zwiebelrostbraten, der aktuell angeboten wird, vom Pferd ist. Das war über lange Jahre dort eben mehr als normal. Und nebenbei schmeckt es sehr gut. Ohne großen Schnickschnack bekommt man ein hervorragend gebratenes Stück Fleisch, fabelhafte Röstwziebeln, eine gute Schmorsauce und ein grobes Kartoffelpürree, das einem durch den beigegebenen Kren die Atemwege ordentlich durchpustet.

Zu den Klassikern im Gut Purbach gehören die Grammelknödel, die auf sehr würzigem Tomaten-Ingwerkraut kommen und die Halászlé, eine typische und sehr kräftige Fischsuppe, die ihre Schärfe von Speck, Ingwer, Curry und Safran erhält. Als Einlage natürlich Zander, Hecht und / oder Wels, Fenchel und Belugalinsen. Ein köstliches Vergnügen, das gerne durch einen kräftigen Weißwein des hauseigenen Weingutes begleitet werden kann.

Heuer kann ein Menü auch mal mit einem schlicht „Seewinkel“ benannten Gericht starten, das diverse Rübchen mit Artischocken, Kräutern und etwas Rindfleisch kombiniert. Das ist Gabel für Gabel ein Rundgang durch die Region, fühlt sich sehr sommerlich an und schmeckt auch so.

SEEWINKEL I RÜBEN I WILDKRÄUTER I ARTISCHOCKEN I GRAURIND I MOLKE
SEEWINKEL I RÜBEN I WILDKRÄUTER I ARTISCHOCKEN I GRAURIND I MOLKE

Wenn Max Stiegl ein Herz vom Mangalitza-Schwein mit Jakobsmuschel und einer sehr rauchigen BBQ-Sauce verbindet, mag das wenig regional wirken und doch ist es auf dem Teller passend. Und bei aller Heimatverbundenheit würde sich Stiegl, der ein weitgereister Gourmet ist, der sich Anregungen in vielen Küchen holt, nur ungern beschränken, wenn es etwas gibt, das seine heimischen Zutaten in einen spannenden Kontext setzt.

"JAKOBS HERZ" I BBQ SAUCE I MANGALITZAHERZ I LABANE I JAKOBSMUSCHEL
"JAKOBS HERZ" I BBQ SAUCE I MANGALITZAHERZ I LABANE I JAKOBSMUSCHEL

Und nur weil im Neusiedler See kein Oktopus schwimmt, bedeutet das nicht, dass man ihn nicht trotzdem, leicht geröstet, auf die Karte setzen kann und mit einer sommerlich frischen Paradeiser-Kaltschale servieren kann. Ein perfektes Gericht, wenn im Gastgarten eher kurze als lange Hosen angesagt sind.

PARADEISER-ROSÉ KALTSCHALE I GEBRATENER OCTOPUS
PARADEISER-ROSÉ KALTSCHALE I GEBRATENER OCTOPUS

Zanderfilet, und bei Stiegl ist der garantiert aus dem See, serviert er mit Risotto und einer Wildkräutercreme. Istrische Seezunge wird elegant von Trüffel , Bohnenpüree und frischem, dezentem Knoblauch begleitet.

ISTRISCHE SEEZUNGE I BOHNENPÜREE I KNOBLAUCH I SOMMERTRÜFFEL
ISTRISCHE SEEZUNGE I BOHNENPÜREE I KNOBLAUCH I SOMMERTRÜFFEL

Ich wähle als Alternative zum Rostbraten die Wachtelbrust mit Roten Rüben, Gnocchi und einer prägnanten Wacholdersauce. Ich habe das Gericht an zwei Abenden gegessen und es ist gut zu sehen, dass die Brust beim zweiten Mal besser gebraten ist als am ersten Abend. Da war das Gericht zwar auch gut, aber die Haut doch ziemlich laff.

WACHTELBRUST I RÜBEN I GNOCCI I WACHOLDERSAUCE
WACHTELBRUST I RÜBEN I GNOCCI I WACHOLDERSAUCE

Bei den Desserts wird es dann wieder ganz klassisch. Topfenknödel mit Mohneis und Zwetschgen stehen zur Wahl oder die über alle Maßen von mir geliebte Purbacher Cremeschnitte, eine sündige Angelegenheit von Vanillecreme zwischen Blätterteigschnitten, mal mit , mal ohne Vanilleeis und mit köstlichen Heidelbeeren.

PURBACHER CREMESCHNITTE I HEIDELBEEREN
PURBACHER CREMESCHNITTE I HEIDELBEEREN

Oder alternativ eine Schokohalbkugel, die mit luftiger Schokomousse gefüllt ist, dazu Marillensorbet und wieder frische Beeren.

SCHOKOLADEN-HALBKUGEL I MARILLEN-SORBET I BEEREN
SCHOKOLADEN-HALBKUGEL I MARILLEN-SORBET I BEEREN

Das alles gewinnt ganz sicher nicht den großen Innovationspreis. Aber darum geht es im Gut Purbach auch nicht. Hier steht eine Küche im Vordergrund, die im völligen Einklang mit der Region und dem Ort steht. Im besten Fall sogar mit der Stimmung, wenn man im Hof sitzen kann. Wir waren aber auch schon im November und im Dezember dort und auch dann ist es im Restaurant mit seinen kalkweißen Wänden, der gewöhnungsbedürftigen Kunst an den Wänden, immer noch sehr authentisch.

Das Interieur
Das Interieur

Vielleicht schaffen wir es irgendwann auch mal zu einem der jährlichen Sautänze, bei der in burgenländischer Tradition ein frisch geschlachtetes Schwein direkt verarbeitet wird. Das ist jedes Mal ein riesiges Fest und oft monatelang zuvor ausgebucht. Oder wir kommen in den Genuss einer im Ganzen gebratenen Schnepfe, wenn ihn die örtlichen Jäger wieder damit versorgen. Oder wir gönnen uns nach Vorbestellung die Dekadenz eines Hendls in der Blase mit Trüffeln und Gänseleber. Der kulinarischen Freuden gibt es reichlich.

Max Stiegl ist immer sehr präsent bei den Gästen, was auch damit zu tun hat, dass er eine gut eingespielte Küchencrew hat. Er ist ein echter Typ, etwas kantig, sehr direkt, aber immer sehr nah am Gast und um ihn bemüht. Von außen betrachtet könnte man ihn auch als Rampensau bezeichnen. Aber solche Typen braucht man in einer Welt, die sehr konform ist. Sein neues Kochbuch, das im übrigen ausgesprochen schön fotografiert ist und neben den Rezepten, auch viel Einblick in die Region und seine Philosophie gibt, hat Max Stiegl mit den Worten signiert: „Essen und Beischlaf sind die großen Begierden des Mannes.“ Dem ist nicht viel hinzuzufügen.

Details

Restaurant: Gut Purbach
Adresse: Hauptgasse 64, 7083 Purbach
Öffnungszeiten: Montag 18.00h - 22.00h
Donnerstag - Samstag 12.00 - 15.00h / 18.00 - 22.00h
Sonntag 12.00 - 18.00h
Dienstag & Mittwoch Ruhetag
Website: www.gutpurbach.at/

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