Heunisch & Erben, Wien

Sie suchen eine unkomplizierte Weinbar für ein oder mehrere Gläser mit einer eindrucksvollen Auswahl an offenen Weinen und vielleicht einer Kleinigkeit zu essen oder doch lieber ein Restaurant mit einer schönen À la Carte-Auswahl, aus der man sich aber auch ein Menü bis zu neun Gängen selbst zusammenstellen kann mit einer Flaschenweinkarte, die atemberaubend umfangreich ist und sowohl stilistisch als auch von den Herkunftsregionen keine Wünsche offen lässt? All das ist das „Heunisch & Erben“ und die Grenzen sind dabei fließend, denn eine räumliche Trennung gibt es hier nicht.

Und vermutlich ist es genau dieses unkomplizierte und niederschwellige Konzept, das das Lokal so beliebt macht.

Der gar nicht so kleine Gastraum mit den kunstvoll von der Decke drapierten Weinkisten ist gerappelt voll und wir sind froh, reserviert zu haben, denn selbst die Thekenplätze sind komplett besetzt.

Dass es hier nicht nur um Wein, sondern auch um anspruchsvolles Essen geht, beweisen auch die zahlreichen Auszeichnungen. 16,5 Punkte im Gault Millau, 93 Punkte im Falstaff signalisieren bereits, dass die Küche hier ambitioniert zu Werke geht.

Nach zwei Abenden mit recht ausschweifenden Menüs ist unser Appetit heute etwas eingeschränkt, weshalb wir uns auf vier Gänge (64€) beschränken. Neun Gänge aus der Küche von Michael Gubik kämen indes auf preislich attraktive 124€.

Mein Mann startet mit zwei vegetarischen Gängen. Schwarzwurzel kommt als luftig schaumige Sauce mit Rote Bete als Spaghetti angemacht, die nichts erdiges an sich hat. Eine Frischkäse-Nocke mit Schwarzwurzelchips rundet ein abwechslungsreiches, tolles Gericht ab.

Schwarzwurzel, Rote Rübe, Stracchino, Bohnenkraut
Schwarzwurzel, Rote Rübe, Stracchino, Bohnenkraut

Es folgt für ihn Shiitake mit einem Kartoffelrisotto, Mimolette und Crunch von kleinen Kartoffelwürfelchen. Das ist erneut ein sehr schlotziger und süffiger Gang. Man könnte es auch eine Wohlfühlschale nennen.

Shiitake, Erdäpfel-Risotto und -Creme, Mimolette, Salbei
Shiitake, Erdäpfel-Risotto und -Creme, Mimolette, Salbei

Ich starte mit einem Tatar vom Saibling, das mit sehr klarem und frischen Geschmack zu überzeugen weiß. Dazu gibt es cremigen Rettichsalat und gepoppten Reis. Die gelbe Paprikasauce ist von samtiger Konsistenz und mit Kalamansi elegant abgeschmeckt. Ein ganz ausgezeichneter Auftakt.

Gelber Paprika, Alpsaibling, Kalamansi, Rettich
Gelber Paprika, Alpsaibling, Kalamansi, Rettich

Für mich geht es weiter mit zart gegarten Würfeln von der Lammschulter, die aber noch mal nachgebraten wurden. Am Boden findet sich eine Crème, die ich nicht genauer identifizieren kann, obenauf ein lauwarm angemachter, toller Fenchelsalat. Die Buttermilchsauce mit Petersilienöl rundet diesen sehr gschmackigen, unkomplizierten Teller ab.

Lammschulter, Petersilie, Fenchel, Salzzitrone
Lammschulter, Petersilie, Fenchel, Salzzitrone

Dass man in Wien Wiener Schnitzel kann, ist keine wirkliche Überraschung. Aber trotzdem muss man ein perfekt souffliertes Schnitzel, so wie hier, auch erst mal hinbekommen. Eine schöne Idee ist, dass die Zitrone hier zum Aufsprühen gereicht wird. Preiselbeeren, natürlich kaltgerührt und gut angemachter Blattsalat ergänzen diesen Klassiker. Es ist, was es ist und es ist gut.

Wiener Schnitzel, Blattsalat
Wiener Schnitzel, Blattsalat

Ich freue mich über ein Stück kross gebratenen Amurkarpfen mit sehr saftigem Fleisch. In Deutschland findet man, im Gegensatz zu unseren Nachbarn in Österreich, Karpfen leider und völlig zu Unrecht viel zu selten, was dieses Stück gut beweist. Als Begleitung dienen cremige Graupen und in feine Streifen geschnittene, weiße Karotten. Letztere kommen auch als konfierte Würfel, was ihnen ein etwas klebriges und damit nicht schönes Mundgefühl gibt. Das ist aber auch schon der einzige Kritikpunkt an diesem Gericht. Dafür sorgt Physalis für originelle fruchtig-säuerliche Akzente. Auch die farbintensive Sauce, in der Estragon die Hauptrolle spielt, aber nicht dominant ist, gefällt mir ausgezeichnet. Ein in Summe sehr guter Gang.

Amurkarpfen, Weiße Karotte, Rollgerste, Estragon
Amurkarpfen, Weiße Karotte, Rollgerste, Estragon

Knödel und Österreich sind eine sichere Nummer, vor allem, wenn es um Süßspeisen geht. Auch der Zwetschgenknödel im „Heunisch“ macht da keine Ausnahme. Dazu gibt es Carobcreme, also vom Johannisbrotbaum, jede Menge Haselnüsse und Schokoblättchen. Separat gibt es Zwetschgensorbet und einen etwas neutralen Schaum. Ein stimmiges und leckeres Dessert.

Zwetschke, Carob, Rosmarin, Haselnuss
Zwetschke, Carob, Rosmarin, Haselnuss

Ich habe heute mehr Lust auf Käse und entscheide mich für das Schwarze Schaf, einen cremigen und milden Kärntner Schafskäse auf einer Chicoreemarmelade. Chicoree und Staudensellerie sowie würzig geröstete Cashewnüsse liefern den Kontrast zum milden Käse. Als besondere Zutat gibt es Stücke von der Ananas, die tatsächlich auch aus Kärnten stammt, wo sie in Kleinstmengen angebaut wird. Die originelle Kombination variiert schön zwischen süß und herb. Macht mich sehr zufrieden.

Schwarzes Schaf, Ananas, roter Chicorée, Cashew
Schwarzes Schaf, Ananas, roter Chicorée, Cashew

Man weiß gar nicht, was hier mehr Spaß macht – die großartige Weinauswahl oder das Essen, das unkompliziert daherkommt, aber klug konzipiert und alles andere als belanglos ist. Dass die meisten Gerichte in Schüsseln serviert werden, unterstreicht den zugänglichen Charakter. Ich weiß, dass in einer Restaurantkritik das Attribut „lecker“ eher verpönt ist, aber hier kommt man quasi gar nicht drum herum. Wenn dazu noch ein kenntnisreicher und aufmerksamer Service kommt, der auch bei brechend vollem Haus seine Freundlichkeit behält, ist ein Wiederbesuch so gut wie gesetzt.

Und dann bringen wir auch mehr Appetit mit.

Details

Restaurant: Heunisch & Erben
Adresse: Landstraßer Hauptstrasse 17, 1030 Wien
Öffnungszeiten: Montag - Samstag: 15.00 - 01.00 Uhr
Sonntag & Feiertage: Ruhetag
Website: www.heunisch.at

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