phaedra, Köln
Am 1. Mai 2019 in Deutschland | 4583 Aufrufe
In der Kölner Südstadt hat sich einiges getan. Mit dem „pottkind“ und dem „Brauhaus Johann Schäfer“ gibt es auf kleinem Radius zwei spannende Gastronomiekonzepte und nur wenige Häuser entfernt hat sich mit dem „phaedra“ eine weitere Adresse etabliert, die vom Gault Millau auf Anhieb auch mit 14 Punkten bewertet wurde.
Das von Konstantin Tzikas geführte Restaurant wird gerne als griechisch beschrieben, aber das trifft es nur bedingt. Natürlich sind die hellenischen Einflüsse, alleine aufgrund der griechischen Wurzeln von Tzikas, auf der Speise- wie der Weinkarte unverkennbar. Aber im „phaedra“ bestimmt nicht die Ägäis die Grenze, sondern das Mittelmeer.
Das Ambiente ist angenehm modern mit unverputzten Backsteinwänden, blanken, dunkelbraunen Tischen, einigen Hochtischen als Raumteiler, markant türkis gestrichener Wand an der Barseite mit raumhohen, geschickt beleuchteten Regalen und einer offenen Küche. Dezenter Jazz bietet den Soundtrack für dieses gemütliche Flair.
An diesem Feiertag haben wir Glück und können trotz kurzfristiger Reservierung noch einen der Hochtische für uns sichern. Im Laufe des Abends werden sich alle Plätze gefüllt haben.
Die Karte bietet neben einigen Kleinigkeiten als Mezze eine überschaubare Anzahl von sechs Vorspeisen, zwei Zwischengerichten, die als größere Portion auch als Hauptgericht geordert werden können sowie vier weitere Hauptgerichte. Dazu kommen noch eine Tagesempfehlung und einige Desserts.
Die Mezze verheißen durchweg mediterrane Geschmacksbilder. Nur ein Gericht fällt deutlich aus dem Rahmen. Die Bratwurst vom Bunten Bentheimer Schwein mit Kartoffelsalat von Franz Kellers Falkenhof darf getrost als Reminiszenz an Kosta Tzikas Zeit in Franz Kellers besterntem Kölner Restaurant betrachtet werden.
Die Wurst ist von grober Struktur und gut gewürzt, der Kartoffelsalat eher pur und nur mit Brühe, Essig und Öl angemacht.Solide, aber nicht aufregend.
Deutlich spannender sind die knusprigen Lammröllchen mit gezupftem Fleisch, die einen erkennbaren nordafrikanischen Touch haben. Der dazu servierte Gewürzjoghurt ist von cremiger, fast mayonnaiseartiger Konsistenz und eignet sich prima zum Dippen.
Aus den regulären Vorspeisen wählen wir zum einen die Calamaretti mit Basilikumpesto und die Scheiben vom Kalbsrücken mit Kürbiskernmayo.
Die Calamaretti sind schön zart und mit dem Pesto nicht extravagant, aber stimmig abgeschmeckt. Die Tomatenmarmelade dazu liefert einen guten süß-säuerlichen Akzent.
Auch die „phaedra“-Interpretation des Vitello Tonnato gefällt mir gut. Die Creme ist eine originelle Alternative zur bekannten Thunfischsauce. Der Salat ist gut mariniert und die Kürbiskerne sind karamellisiert und liefern etwas Crunch. Dies ist ein schönes Beispiel, wie man mit wenigen, aber geschickten Handgriffen auch einem vermeintlich langweiligen Klassiker noch neue Facetten abgewinnen kann.
Die geschmorte Lammschulter mit Nuss-Couscous präsentiert sich verhältnismäßig unspektakulär, kann aber mit sorgfältiger Zubereitung und guter Fleischqualität punkten.
Da ich Lust auf Pulpo habe, entscheide ich mich für eine Hauptspeisenportion des Risotto Nero. Das Risotto selbst ist von perfekter Schlotzigkeit und besser als alles, was ich bisher in italienischen Restaurants bekommen habe. Der Pulpo ist angenehm zart und mit prägnanten Röstaromen. Ich bin sehr zufrieden.
Die Portionen sind durchaus gut bemessen, so dass wir zu diesem Zeitpunkt schon mehr als gesättigt sind. Aber mit etwas Pause lässt sich auch das weg ignorieren und so langt der Gemahl auch noch mal richtig zu, indem er sich für knusprig gebackenen Feta mit Trevisocreme entscheidet. An der Stelle hätte ich wirklich kapituliert, denn Käse, zumal in der Menge und dann auch noch warm, sind für mich nach einem üppigen Essen der Killer. Ich probiere es, befinde es auch für gut, aber ein ganzer Teller davon hätte mich rücklings vom Stuhl plumpsen lassen.
Für mich darf es die Zitronentarte mit Baiser sein, die sehr klassisch und gut gemacht ist. Das Basilikum-Zitronen-Sorbet überrascht nicht nur mit markanter Farbe, sondern mit noch markanterer Säure, bei der sich mir alles zusammen zieht. Schmecken tut das, aber ich kann es nur in homöopathischen Dosen zu mir nehmen, weil es schon heftig sauer ist.
Für mich zu viel, dem Gemahl gefällt’s und er schafft denn auch nach seinem Käsegang die halbe Kugel.
So grenzüberschreitend sich die Küche präsentiert, so weltläufig ist auch die Weinkarte zusammengestellt. Griechische Weine spielen hier natürlich eine große Rolle und auch wir entscheiden uns für den 2017 Ovilos vom nordgriechischen Weingut Biblia Chora, eine Cuvée aus Assyrtiko und Semillon, die zur Hälfte in neuen und gebrauchten Barriques ausgebaut wurde. Kostas Tzikas kann hier wirklich ausgezeichnet empfehlen.
Im „phaedra“ wird mediterran gekocht. Exaltierte Kombinationen sind die Sache von Kostas Tzikas nicht, dafür aber stimmige Kombinationen, sorgfältige Zubereitungen und ausgezeichnete Zutaten. Das Ambiente ist großstädtisch, der Service, den Tzikas auch häufig selbst mit übernimmt, aufmerksam und effizient. In der an guten Adressen in Köln ohnehin schon nicht armen Gastronomieszene ist das „phaedra“ eine schöne Ergänzung.
Details
Restaurant: | phaedra |
Adresse: | Elsaßstraße 30, 50677 Köln |
Öffnungszeiten: | Mittwoch + Donnerstag: 17:30 – 0:00 Uhr Freitag + Samstag: 17:30 – 1:00 Uhr Sonntag: 13:00 – 23:00 Uhr Montag + Dienstag: Ruhetag |
Website: | www.phaedra-restaurant.de |
Schlagworte
griechisch, Köln, mediterran, phaedra, Südstadt
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