
Schuberts Brasserie, Hannover
Am 1. April 2021 in Deutschland | 379 Aufrufe
Vor ziemlich genau einem Jahr entschieden wir uns, unser Osteressen mit diversen Take Away Menüs zu gestalten. Wir hielten das seinerzeit für eine sinnvolle Idee, um die hoffentlich kurze Zeit des Lockdowns zu überbrücken und die Gastronomie damit zumindest etwas zu unterstützen. Wer hätte damals gedacht, dass wir ein Jahr später mehr denn je gar keine andere Wahl hätten, als unser Essen nicht im Restaurant zu uns zu nehmen, sondern auch weiterhin nur dort abzuholen. Die meisten Lokale sehen mittlerweile wie Versandlager aus mit all den Kartonagen und Verpackungsmaterialien, die sich dort im Gastraum stapeln. Nach bald einem halben Jahr des zweiten Lockdowns gibt dieser Zustand ein sehr bedrückendes Bild ab.
Aber es hilft ja alles Jammern nichts und so werden wir auch dieses Osterwochenende wieder mit Essen von Profis gestalten. Den Auftakt macht zum Gründonnerstag das Menü aus „Schuberts Brasserie“ in Hannover. Die vier Gänge (55 Euro) aus der Küche von Robert Awakjan, mit Wahlmöglichkeit beim Hauptgang, lesen sich zu verführerisch, um nicht zuzuschlagen.

Das Sauerteigbrot wird im Backofen aufgebacken und dann mit der geräucherten Lavendelbutter serviert. Nun gehört Lavendel zu den wenigen Pflanzen, mit deren Geschmack ich selten, also eigentlich so gut wie nie, warm werde und daher bin ich froh, dass die Butter nur dezent damit aromatisiert bin. Zu meiner Lieblingssorte wird sie zwar deshalb trotzdem nicht, aber die Räuchernote gefällt mir gut. Beim nächsten Mal wäre eine pure geräucherte Butter also etwas, mit dem ich sehr glücklich sein könnte.

Da es das Ostermenü ist, darf es bei den Zutaten auch etwas edler werden. Also starten wir in der Vorspeise mit Hummer auf zweierlei Art, als kleine Sülze und leicht erwärmt. Drapiert wird beides auf einer Crème Fraîche Mousse auf Pumpernickelboden. Getoppt wird mit Saiblingskaviar, grünem Spargel und einer Sauerampfersauce. Das ist ausgesprochen fein kombiniert und ein sehr eleganter Auftakt.

Warum Bärlauch bei manchen Menschen verpönt ist, kann ich nicht nachvollziehen. Für mich ist dies einer der schönsten Frühlingsboten und wann immer möglich, streifen wir selbst durch die Wälder und sammeln für den Hausgebrauch. Robert Awakjan macht daraus heute eine Cremesuppe, die sich wunderbar aufschäumen lässt. Als Einlage dienen zwei kleine handwerklich perfekt zubereitete Ziegenkäseflans, mutmaßlich auf Basis von Ziegenfrischkäse und daher auch nicht zu vordergründig, sondern sehr stimmig unterstützend. Die Suppe selbst ist ebenfalls von deutlichem, aber nicht plumpen Charakter. Sehr schön.

Bei den Hauptgängen wählen wir die Fleisch- und Fischvariante. Die meisten Komponenten sind lediglich im Wasserbad zu erhitzen. Nach Anweisung für den Fleischgang sollen Kartoffelhälften mit Café de Paris-Butter gebraten werden. Die allerdings fehlen leider bei den Komponenten. Was jetzt nur bedingt bedauerlich ist, weil zum einen die Portion auch mit den übrigen Zutaten mehr als reichlich bemessen ist. Und zum anderen gibt es zu meinem Fisch einen Café de Paris-Kartoffelstampf. Und natürlich teile ich davon gerne.
Das Lammragout kommt gut geschmort und mit einer schön kräftigen Sauce. Die Spargelstücke passen auch, aber der wirkliche Star auf diesem Teller ist das Linsencassoulet. Die roten Linsen sind mit Gemüsebrunoise bissfest gegart und bringen einen fast fleischigen Geschmack mit. Wir probieren beide permanent hin und her, um zu ergründen, wo das großartige Aroma herkommen mag. Ich komme nicht wirklich dahinter, erkläre es aber mal kurzerhand zum besten Gericht aus roten Linsen, an das ich mich erinnern kann. Und da auch mein Mann, eigentlich mit ausgeprägter Hülsenfrüchte-Aversion ausgestattet, extrem begeistert ist, kommt das einem seltenen Ritterschlag gleich.

Für meinen Hauptgang muss der Fisch noch gebraten werden. Beim Auspacken bin ich schon von der fabelhaften Farbe begeistert, die an Wildlachs erinnert. Das Filet vom Atlantic Sapphire Lachs kommt aus sehr nachhaltiger Zucht und weist neben einem angenehm festen Fleisch auch einen sehr typischen Geschmack auf. Begleitet wird der Fisch von einer ausgezeichneten Sauce Maltaise, einer Ableitung der Sauce Hollandaise mit Blutorange. Dazu gibt es ein hübsch präpariertes Spargelpäckchen und besagten Kartoffelstampf. Insgesamt eine sehr runde und leckere Angelegenheit.

Robert Awakjans Desserts sind immer etwas verspielter und das gilt auch für das Ostermenü. Auf einem Nest aus Kataifiteig wird ein Osterei platziert, das im Inneren eine Mousse aus Nougat und Rhabarberragout freigibt. Das ist handwerklich sehr gut gemacht, passt zum Thema und schmeckt natürlich auch entsprechend. Dazu bedient es alles, was man von einem Dessert erwartet: Frucht, Cremigkeit, Crunch – und Schokolade! Danach allerdings sind wir pappsatt.
Was für ein beeindruckender Start in das Osterwochenende! Robert Awakjan demonstriert einmal mehr, was für ein hervorragender Koch er ist. Die Gerichte waren perfekt vorbereitet, die Anweisungen zum Aufwärmen im Wasserbad präzise und passend. Dass sie natürlich auch allesamt hervorragend geschmeckt haben, war da quasi keine Überraschung mehr. Mit dem Niveau kocht sich „Schuberts Brasserie“ auch weiterhin konsequent in die hannoversche Spitzengruppe.
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Details
Restaurant: | Schuberts Brasserie |
Adresse: | Geibelstraße 77, 30173 Hannover |
Öffnungszeiten: | Montag bis Donnerstag: 17:30 – 22:00 Uhr Freitag und Samstag: 17:30 – 23:00 Uhr Sonntag: Ruhetag |
Website: | www.schuberts-brasserie.de/ |
Schlagworte
Bistronomie, Hannover, neue deutsche Küche, Robert Awakjan, Schuberts Brasserie, Take Away
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