Setzkasten, Düsseldorf

Eine Champagnerbar, Austern oder ein paar kleine Gerichte an der Delikatessentheke – alles nichts Besonderes in größeren Warenhäusern mit Feinkostabteilung. Aber ein Gourmetrestaurant im Supermarkt ist immer noch etwas Ungewöhnliches und damit hat der „Setzkasten“ im Düsseldorfer Edeka Zurheide-Markt nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal im Land.

Nun ist der Zurheide-Markt nicht irgendein Supermarkt. Wer will und es sich leisten kann, bekommt dort auch Fleisch für mehr als 100 Euro – pro 100g. Nun ja, wir sind halt in Düsseldorf. Aber auch Normalverdiener können hier einkaufen. Es ist eben doch auch ein Edeka.

Bis 2022 hatte das Restaurant sogar einen Michelinstern, seinerzeit noch unter Anton Pahl, der mittlerweile nicht mehr im Haus ist und vor anderthalb Jahren die Führung an seinen Souschef Egor Hopp abgegeben hatte. Den kennt der ein oder andere durch seine Teilnahme in der TV-Kochshow „The Taste“.

Das Restaurant hat zwischenzeitlich ein Facelift bekommen, bei dem der Raum jetzt geschickter und auch gemütlicher vor allem mit halbrunden Sitzecken genutzt wird. Ansonsten ist alles wie gehabt. Es gibt ein Menü in fünf Gängen (129€), das mittags auf vier Gänge (89€) reduziert wird und optional um den fehlenden Gang ergänzt werden kann. Dann kommt das Menü auf 118€.

Interieur
Interieur

Wir sind zum Mittag hier und entscheiden uns für das volle Programm, das mit drei Apéros beginnt. Der Rote Bete-Macaron weist eine schöne prägnante Note auf, der begleitende Räucheraal ist etwas dezenter, aber auch noch gut erkennbar.

Originell ist das Röllchen aus Kartoffeln mit einer Füllung aus Röstkartoffeln und Paprika. Kartoffel in Kartoffel sozusagen. Rustikal, aber lecker.

Frischer gestaltet sich die Tartelette mit Thunfisch und Wassermelone in ähnlich großen Stückchen mit Mayonnaise. Letztere fügt Fülle bei und eine feine Schärfe hallt ebenfalls nach.

Zusammen mit dem nun folgenden Sauerteigbrot, dem bereits bekannten und guten Tomaten- und Kräuteröl sowie der Bordier-Butter mit feinen Bröseln von Pata Negra-Schinken ein gelungener Auftakt.

MADRE BROT | Tomate | Kräuter | Pata Negra
MADRE BROT | Tomate | Kräuter | Pata Negra

Der erste Gang ist unter einem dünnen Buchweizencrêpe versteckt und kombiniert Spargelbrunoise mit Würfeln vom Bluefin-Thunfisch. Etwas Ossietra-Kaviar spielt auch noch mit. Aber die beherrschende Würze kommt durch die angegossene Smetana-Sauce, die die kasachische Herkunft von Egor Hopp zitiert. Der Sauerrahm ist mutig abgeschmeckt und zeigt ebenfalls eine elegante Schärfe, die von Piment d’Espelette herrühren könnte. Ein abwechslungsreiches, gutes Gericht.

GALETTE | Bluefin Thunfisch | Spargel | Smetana
GALETTE | Bluefin Thunfisch | Spargel | Smetana

Es folgt der zusätzliche Gang, der im Viergang-Menü nicht enthalten ist. Im Mittelpunkt steht ein stattlicher Hummerschwanz, gut gegart und etwas geröstet, dem die Küche lediglich eine Krustentierhollandaise sowie einen Kaiserschotensalat mit Verjus auf Erbsenpüree mitgibt. Mir gefällt diese bewusste Konzentration auf das Hauptprodukt sehr gut, denn der Hummer ist von ausgezeichneter Qualität und kann so ganz glänzen.

HUMMER | Erbse | Verjus | Hollandaise
HUMMER | Erbse | Verjus | Hollandaise

Für das nächste Gericht gibt es eine Einstimmung in Form einer Croustade mit Mangalitzaragout und Topinambur. Dieses herzhaft, würzige Schmorgericht ist als Einstieg  für den Fischgang ziemlich ungewöhnlich, aber für sich genommen sehr schmackhaft.

Der Bezug zum dann folgenden Teller ergibt sich durch eine hochkonzentrierte Jus, die auf der Karte als Ferkeltee bezeichnet ist. Sie bildet neben einem leichteren Fumet die Basis für ein akkurat gebratenes Stück vom Sankt Petersfisch, der eine Auflage aus Topinamburcreme und Knollenziest erhält. Ich mag die Kombination aus Fisch und Fleisch grundsätzlich sehr gerne. Hier wirkt die Croustade jedoch sehr separiert und so kräftig, dass sich für mich keine direkte Verbindung zum Fisch ergibt. Davon unbenommen ist beides für sich ist aber sehr gut.

Vor dem Hauptgang folgt noch eine Erfrischung. Die gute bekannte Olivensphäre hat hier mal wieder ihren Auftritt. Wesentlich interessanter finde ich hingegen die nächste Reminiszenz an Egor Hopps Heimat. Die kommt als Sorbet von Rjaschenka. Ich musste das auch erst mal nachschlagen, um zu lernen, dass es sich um gebackene Milch handelt, die mit Saurer Sahne vermischt wird. Durch das Aufkochen und anschließende Backen bekommt die Milch einen leichten Karamellton, der dann durch die Zugabe der Sauren Sahne wieder etwas abgemildert wird.

Erfrischung
Erfrischung

Weiter geht es mit zwei sehr feinen, perfekt gegarten Medaillons vom Limousin-Lamm mit einer passenden Auflage aus Bröseln und Schnittlauch. Das gute Fleisch hat ein wenig zu kämpfen mit der extrem dichten, fast schwarzen Jus, die nicht eine Spur konzentrierter hätte sein dürfen. Das Bärlauchöl dazu puffert die nahezu bittere Note zum Glück etwas ab. Separat gibt es im Schälchen einen Artischockensalat mit Espuma und Crunch mit Bergamotte. Auch trotz der kleinen Einschränkung, was die Jus betrifft, immer noch ein sehr guter Gang.

Für das Dessert kombiniert die Küche eine recht breit geratene Kokosnusscreme mit Passionsfruchtsud und Gurke in Form von Salat und Granité mit einer Grüntee-Pavlova. Eine recht wilde Mischung, bei der ich mir die ganze Zeit nicht sicher bin, ob vor allem Passionsfrucht und Gurke gut miteinander funktionieren. Das ist durchaus erfrischend, aber für mich persönlich etwas unausgewogen. Die Meinungen am Tisch gehen da aber auseinander, denn mein Mann ist davon sehr angetan und findet es stimmig. Also ist es nur mein Geschmack, den das Dessert heute nur teilweise trifft.

GRÜNER TEE PAVLOVA | Gurke | Passionsfrucht | Osmanthusblüte
GRÜNER TEE PAVLOVA | Gurke | Passionsfrucht | Osmanthusblüte

Zum Kaffee gibt es mit einem Mini-Eclair mit Rauchmandelcreme und Salzkaramell zwar nur ein Petit Four, abends sind es wohl mehr, aber das ist dafür ausgesprochen köstlich.

Petit Four
Petit Four

Im Vergleich zu unserem letzten Besuch hat die Weinkarte mittlerweile deutlich an Format gewonnen, wobei sie sich vor allem aus dem Sortiment der gut sortierten Auswahl der Weinabteilung zusammensetzt. Die Kalkulation ist dabei ausgesprochen gästefreundlich gehalten und wäre es nicht noch zu früh am Tag, hätten wir auch noch eine zweite Flasche geordert.

Vom Service fühlen wir uns gut betreut. Er macht seine Sache formvollendet und mit Herzlichkeit.

Warum der „Setzkasten“ seinen Stern verloren hat, erschließt sich mir nicht. Das Niveau war durchgehend hoch, auch an der Kreativität, die bereits früher die Küche auszeichnete, hat sich nicht viel geändert. An der ein oder anderen Stelle, wie beim Dessert oder bei der Jus zum Fleisch, schießt sie vielleicht auch mal etwas über das Ziel hinaus oder könnte etwas Finetuning benötigen. Aber handwerklich ist das alles sehr gut und lieber ist es mir so. Denn es ist alles andere als langweilig und da man ja an der Quelle sitzt, darf man hier auch beste Produkte erwarten. Ein paar davon kaufen wir im Anschluss noch ein, bevor wir wieder nach Hause fahren. Das Luxusfleisch für mehr als 1.000 Euro allerdings gehört nicht dazu.

Details

Restaurant: Setzkasten
Adresse: Berliner Allee 52, 40212 Düsseldorf
Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch: 17:30 – 22:00 Uhr
Freitag und Samstag: 11:30 – 15:00 Uhr und 17:30 – 22:00 Uhr
Donnerstag & Sonntag: Ruhetag
Website: www.setzkasten-duesseldorf.de/

Schlagworte

, , , ,

Verwandte Artikel


Kommentare

  1. Carsten am 1. Juli, 2024 um 14:53 Uhr.

    Auch ohne Stern immer noch ein gutes Ziel für eine Einkehr.

  2. Carsten am 4. Dezember, 2024 um 22:15 Uhr.

    So, heute, 4.12.24, war ich dann endlich mal da! Und bin extrem angetan. Bericht folgt an bekannter Stelle!

Dein Kommentar