
Waldhotel Sonnora, Dreis
Am 24. Januar 2025 in Deutschland | 1322 Aufrufe | 2 Kommentare
Zu den Vorzügen, nicht mehr arbeiten zu müssen, gehört es, dass man auch bei Restaurantreservierungen sehr viel flexibler ist, nicht mehr auf Wochenenden angewiesen ist oder auf Ferienzeiten Rücksicht nehmen muss. An weniger frequentierten Tagen oder mittags ist es schlichtweg häufig einfacher, einen Platz in den stark nachgefragten Häusern zu bekommen. Da kommt uns das Übernachtungsarrangement des „Sonnora“ gerade Recht, das mittags ein Sechsgangmenü inklusive Getränken und abends dann Käse mit noch einmal zwei Gläsern Wein vorsieht. Das verspricht einen rundum genussvollen Tag, als wir an diesem Freitag Mittag als erste Gäste im Restaurant Platz nehmen. Das kalte Winterwetter darf gerne draußen bleiben.

Zum Champagner folgen dann auch gleich die ersten Apéros in Form einer fein ausbalancierten Tartelette mit Label Rouge Lachs, Creme von Sauvignon Blanc und Shiso, gefolgt von einer Croustade mit Champignonragout mit Wachtelei und Zedernsprossen. Die ist warm, cremig und von wunderbar fülligem Geschmack.
Eine pochierte Gillardeau-Auster im warmem Sud mit Clementinen betört dann mit feinen Zitrusaromen.

Mit dem folgenden Amuse Bouche steigert die Küche die Intensität merklich. Der Salat vom bretonischen Taschenkrebs mit Avocado, Wasabi und markanter gelierter Krustentieressenz spielt gekonnt mit der Süße des Krebsfleisches und der deutlichen Wasabischärfe.

Auch der finale Gruß legt an Komplexität noch einmal zu. Auf einem Eierstich mit Fenchel und Zitronenthymian findet sich ein Ragout von Stab- und Miesmuscheln sowie kleine Croutons. Das ist füllig, mollig und schlichtweg lecker.

Erster offizieller Gang im Menü ist die Terrine von Gänsestopfleber mit Trüffel und Quitte, geschichtet mit hauchdünnen Filoteigblättern für wunderbaren Crunch. Gelee und Sauce von Spätburgunderessig mit Schnittlauch steuern feine Säure bei, aber im Vordergrund steht eindeutig die klassische und herausragend gearbeitete Terrine. Die ist so köstlich und facettenreich, dass sie, obwohl sie ein traditionelles Thema bedient, ganz zeitgemäß wirkt. Dazu passt auch die mal nicht pure, sondern angeröstete und mit Trüffel belegte Brioche ganz vorzüglich.
Auch im Rahmen des Arrangements lässt sich das Menü natürlich optional um Gerichte aus der Klassikerkarte erweitern. Mein Mann kann bei Austern selten nein sagen und so wählt er drei Stück Gillardeau mit Gurke, Kopfsalat, etwas Kaviar und einem Chardonnayessig-Sud mit frischer Säurestruktur.

Und was wäre ein Besuch hier ohne den Klassiker schlechthin, die Torte vom Rinderfilet-Tatar mit Crème fraîche und Kaviar auf Rösti? Es dürfte eines der meistfotografierten Gerichte überhaupt sein und hat aus gutem Grund seit vielen Jahrzehnten seinen Platz im Programm. Nicht, dass die Kombination aus Tatar und Kaviar ohnehin schon betörend genug wäre, aber alleine für den unfassbar guten Rösti würde sich die Bestellung schon lohnen. Das ist einfach perfekt in allen Details.

Wir hatten im Laufe der Jahre ja nun wahrlich schon etliche Kaisergranate auf dem Teller, aber das Exemplar im folgenden Gang ist von selten beeindruckender Größe. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr raus, ebenso darüber, wie man im Januar an derart fabelhafte San Marzano-Tomaten kommt, die zusammen mit Zucchini, Oliven und Pinienkernen für eine mediterrane Einfassung sorgt. Die gerät allerdings über die fantastische Produktqualität und die ausgezeichnete Sauce in den Hintergrund. Ganz fabelhaft.

Auch die Jakobsmuscheln im nächsten Gericht sind von stattlicher Größe und selbstverständlich perfekt gegart. Zusammen mit der gebratenen Gänseleber und Unmengen von aromatischem, schwarzen Trüffel, geschmortem Romanasalat, Nussbutter und schaumiger Haselnuss-Nage atmet alles hier Opulenz mit allerbesten Zutaten und reichhaltiger Fülle. Auch dies ist einfach nur wunderbar.

Den Steinbutt setzt Clemens Rambichler mit etwas Kaviar, Spinat und einem Fumet in Art einer Beurre Blanc mit Yuzu recht klassisch in Szene. Etwas geschmolzener Kalbskopf sorgt für Fülle, der Kaviar ist recht mild und wird hier mehr als Würzmittel, denn als dominantes Element eingesetzt. Am Tisch wird etwas frische Yuzu über den Fisch gehobelt, was feine Zitrusspitzen liefert. Das ist klassisch, elegant und sehr gut.

Die Hauptrolle im Hauptgang spielt feinste Burgaud-Entenbrust, die die Küche perfekt auf den Punkt und mit knuspriger Haut gegrillt hat. Dazu gibt es Zwiebelconfit und geschmorten Radicchio sowie einen Ravioli mit Trevisano, Apfel und knuspriger Blutwurst. Alleine diese Teigtasche ist ungemein köstlich. Dem stehen aber auch die tolle, reduzierte Jus sowie die flaumig-luftige Essig-Apfel-Hollandaise in nichts nach. Ein Teller, so klassisch und gut, gleichzeitig deftig und elegant.

Den Auftakt in die süße Abteilung macht Kokosnuss als Eis und gehobelt mit Mango und Kaffirlimette. Vor allem letztere ist sehr präsent und insgesamt ist das super erfrischend.

Das Hauptdessert ist ein abwechslungsreiches Ensemble aus pochierter Birne mit Crumble von Mandeln, Birnensorbet und Vanilleeis. Ein Sud von Limette und Muskateller wird ergänzt von einer Petersilien-Hollandaise, die zwar nur dezente, aber doch präsente Kräuternoten zeigt. Niels Dücker, Sous-Chef und gleichzeitig Pâtissier im Haus, findet hier eine gelungene Kombination von Traditionellem mit leicht modernem Touch.

Das hohe Niveau halten auch die Petit Fours, als da wären ein Apfelsorbet, Zitronentarte, eine Himbeertartelette, warme Beignets mit Schokoladenfüllung, Madeleines mit Preiselbeersahne und Schokoladenpraline.
Bis hierhin war dies ein höchst erfreulicher und genussreicher Mittag. Und dazu hat ganz maßgeblich auch der Service beigetragen. Der macht seine Sache selbstverständlich weiterhin perfekt und formvollendet. Und doch scheint es mir, als wäre hier seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren etwas mehr Lockerheit eingezogen. Das tut der Atmosphäre spürbar gut. Marco Franzelin, der von Schloss Schauenstein hierher gewechselt ist und seit letztem Jahr hier für den Weinservice verantwortlich ist, bringt hier seinen ganz individuellen Stil mit ein und seine unschlagbare Expertise, die ihn nicht ohne Grund zu einem der Besten seiner Zunft machen.
Seine Weinbegleitung schlug einen schönen Bogen zwischen Klassischem und Unerwartetem. Dazwischen wurde auch mal kurzfristig umdisponiert, als sich im Gespräch ergab, dass wir eine gemeinsame Bekannte aus der Steiermark haben. So was macht einfach alles viel Spaß.

Da es zwei Stornierungen gab, bietet man uns an, den Käse am Abend nicht in der Lounge, sondern im Restaurant einzunehmen, was wir gerne annehmen. Aber nur bei Brot und Käse vom üppig bestückten Wagen belässt man es hier auch nicht. Zu einem Apéritif schickt die Küche noch einen kleinen Gruß und im Anschluss einige Petit Fours. Das macht die ganze Sache richtig rund und animiert uns zudem, doch nicht gleich wieder aufs Zimmer zu gehen, sondern aus der formidablen Weinkarte noch eine Flasche zu wählen.
Ein Wort zum Frühstück: Das mit feinsten Zutaten bestückte Buffet bietet alles für einen genussvollen Morgen. Wer es exklusiver mag, kann aus der Zusatzkarte noch aus diversen À la Carte-Gerichten wählen. Bei den Eggs Benedict, die Bestandteil unseres Arrangements sind, wäre allerdings ein Warnhinweis angebracht. Erstens: Man halte sich vorher am Buffet sehr zurück, zweitens: Absolute Suchtgefahr! Der Berg, der da vor einem steht, wahlweise mit knusprigem Schinken oder mit Lachs, ist so üppig belegt und so perfekt mit pochierten Eiern und frisch aufgeschlagener Hollandaise belegt, dass es als Mahlzeit vollständig ausreichen würde. Aber wie köstlich ist das! Und es ist mit Abstand das beste Egg Benedict, an das ich mich erinnern kann.

Und damit fügt es sich nahtlos in die Philosophie des Hauses ein, die hier schon Helmut Thieltges begründet hatte, der seinerzeit meinte, dass ein Spitzenrestaurant ein Schlaraffenland sein müsse und man Gästen, die viele hundert Kilometer fahren, um hier zu essen, etwas bieten müsse. Clemens und Magdalena Rambichler führen diese Tradition nahtlos fort. Und auch wenn es hier, wie in vielen Spitzenhäusern die heilige Dreifaltigkeit an Luxusprodukten wie Jakobsmuschel, Kaviar und Steinbutt gibt, macht es einen Unterschied, was man daraus macht. Clemens Rambichler hat das „Sonnora“ behutsam in die Moderne transferiert, ohne den klassischen Pfad zu verlassen. Seine Gerichte stellen die erstklassigen Produkte in den Vordergrund und geben ihnen Mitspieler, die für ein harmonisches, sehr pointiertes Gesamtbild sorgen. Experimente sucht man hier vergebens, großen Genuss hingegen findet man in jedem Gang. Wie in einem Schlaraffenland eben.
Details
Restaurant: | Waldhotel Sonnora |
Adresse: | Auf’m Eichelfeld 1, 54518 Dreis |
Öffnungszeiten: | Donnerstag: 19.00 - 20.30 Uhr Freitag - Sonntag: 12.00 - 13.30 Uhr und 19.00 - 20.30 Uhr Montag - Mittwoch: Ruhetag |
Website: | www.hotel-sonnora.de |
Schlagworte
3 Michelin Stars, Clemens Rambichler, Dreis, Magdalena Rambichler, Maik Treis, Marco Franzelin, moderne Klassik, Niels Dücker, Sonnora, Waldhotel Sonnora
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😉👍🏼
Endlich mal wieder Rösti! 😀