
Atable, Freinsheim
Am 12. Februar 2025 in Deutschland | 721 Aufrufe | 1 Kommentar
Die Pfalz ist für uns immer eine Reise wert. Für Weinkauf sowieso und gastronomisch gibt es hier an guten Adressen auch keinen Mangel. So oft wir die Region mittlerweile auch schon besucht haben, sind wir aber für Empfehlungen immer dankbar. Umso mehr, wenn die dann auch noch von Deinem liebsten Gastronomenpaar und einem ihrer Stammgäste kommen. Das führt uns also für zwei Nächte nach Freinsheim ins „Amtshaus“, ein geschmackvolles Hotel, das von Sybille und Swen Bultmann geführt wird und mit dem „Atable“ im historischen Gewölbe ein Gourmetrestaurant betreibt, das sich ganz der französischen Küche verschrieben hat.

Am ersten Abend erwartet uns ein Dreigangmenü, das als Amuse Bouche mit einem Stück Lachsfilet, Muskatkürbis und einer recht kernigen Senfcreme beginnt. So unaufgeregt das auf dem Teller erscheint, so stimmig ist das, wenngleich die Senfcreme ein wenig zu großzügig portioniert ist. Aber als Brotaufstrich ist sie ebenso gut geeignet.

Im ersten Gang gibt es exzellent gebratene Wachtelbrust auf Trüffelrisotto, das zwar recht körnig und nicht ganz so schlotzig ist, wie es sein könnte, aber dafür mit ausgeprägtem Trüffelgeschmack überzeugt. Auch die kräftige, trüffelhaltige Jus ist wunderbar und sorgt für ausreichend Feuchtigkeit. Dass auch beim frisch gehobelten, sehr guten Trüffel nicht gespart wird, ist wahrlich nichts, worüber ich mich beschweren würde.

Weiter geht es mit einem stattlichen Stück vorzüglichen Rochenflügels auf Kartoffelstampf. Beim Safranfenchel ist der Safran zwar nicht explizit zu schmecken, aber als Gemüse passt er ausgezeichnet zu den frittierten Kapern, die für etwas Crunch sorgen. Einen besonderen Twist liefern vor allem Stückchen von kandierter Zitrone, die Säure und Süße gleichermaßen beisteuern. Das ist rustikal und fein zugleich.

Angesichts eines Käsewagens, der mit Sorten des Straßburger Affineurs Tourrette bestückt ist, erweitern wir unser Menü natürlich und sind mit der Auswahl an gut gereiften Sorten sehr zufrieden.

Das Dessert ist klassischer, wie es kaum sein könnte. Die Crème brûlée von der Tonkabohne mit krachender Kruste könnte man besser nicht hinbekommen. Sehr schön auch das Himbeersorbet, das mutmaßlich auch etwas Schnaps gesehen hat. Gefällt mir…

Den folgenden Abend leitet als Küchengruß ein Stück karamellisierter Ziegenkäse mit Zweierlei von der Feige ein. Eine klassische Kombi, die auch als Käsegang funktioniert hätte.

Das eigentliche Menü startet heute mit einer üppig bemessenen Scheibe Terrine de Campagne vom Wild mit Hagebuttenchutney, Feldsalat und Nüssen. Die Terrine ist schönes traditionelles Handwerk, herzhaft abgeschmeckt und das Chutney dazu fruchtig-herb. Ein wirklich guter Auftakt, zu dem der dazu servierte feinherbe Riesling vom Weingut Clüsserath perfekt passt.

Wir sind in der Pfalz – da sollte man nicht mit kleinen Portionen rechnen. Auch der Skrei macht da keine Ausnahme. Zusammen mit den Bouillonkartoffeln und Karotten ist das für sich genommen bereits gut, wenngleich eher mild und zurückhaltend. Der Calvadosschaum dazu ist bereits etwas kräftiger, aber den entscheidenden Dreh bringt die gebratene Blutwurst als deftige Komponente ins Spiel. Die übertönt den Schaum zwar etwas, macht das Gericht aber deutlich spannender. Schön finde ich zudem die Idee, aus den Kartoffelschalen Chips zu machen und die als knusprige Beilage dazu zu geben.

Weiter geht es mit Jakobsmuscheln, die Swen Bultmann mit dem Corail serviert. Die Exemplare sind gut gebraten und kommen mit einem Artischocken-Oliven-Eintopf, der für eine sehr mediterrane Anmutung sorgt, wobei die Oliven für meinen Geschmack fast etwas zu dominant sind. Sehr gut die aromatische Beurre Blanc, die sich schnell mit dem Gemüsefumet verbindet und damit eine schöne, sämige Konsistenz bildet.

Auch das folgende Kalbsfilet ist nicht gerade von der Sorte bescheiden, schon gar nicht als Menüportion. Es ist perfekt rosa gebraten, die Trüffelkruste zwar nicht besonders trüffelig, aber dafür mit Trüffelscheiben belegt. Der Rahmkohlrabi dazu zeigt noch schöne Knackigkeit und die gebratene Griesschnitte gefällt mir ebenso gut wie auch die tolle, kräftige Sauce. Das ist ein Gang ohne Extravaganzen, sondern einfach nur solide und lecker gekocht.

Den Abschluss des Menüs bildet eine Tartelette mit Schokoganache. Die ist zwar köstlich, aber eben auch ziemlich mächtig. Schön dazu das Sauerkirschkompott, das Kirschsorbet und die mit einem Hauch Kirschgeist abgeschmeckten Sahnetupfen. Das ist alles sehr stimmig, aber nach den üppigen Portionen zuvor einen Touch zuviel des Guten.

Ein paar Petit Fours zum Kaffee runden den gelungenen Abend ab.

Zu dem trägt auch der aufmerksame und herzliche Service bei, der fast familiäre Atmosphäre aufkommen lässt. Nicht unerwähnt bleiben darf das Weinangebot. Sybille Bultmann hat eine umfangreiche Karte zusammengestellt, die ihren Schwerpunkt natürlich in der Pfalz, aber auch in Frankreich hat und in allen Preislagen etwas bietet.
Swen Bultmann liefert dazu eine Küche, die ohne Experimente auskommt und ganz traditionell auf klassische Kombinationen und tadelloses Handwerk setzt. Das ist sehr befriedigend und macht viel Spaß. Und hungrig verlässt hier auch niemand den Tisch.
Nach einer Nacht in den komfortabel eingerichteten Zimmern genießt man morgens ein am Tisch serviertes Frühstück mit einer kleinen, aber qualitativ guten Auswahl. Genug Gründe also, hier gerne wiederzukommen.
Details
Restaurant: | Atable |
Adresse: | Hauptstraße 2, 67251 Freinsheim |
Öffnungszeiten: | Dienstag: 18.30 - 23.00 Uhr Mittwoch bis Samstag: 12.00 - 14.00 Uhr & 18.30 - 23.00 Uhr Sonntag & Montag Ruhetag |
Website: | www.amtshaus-freinsheim.de/restaurant |
Schlagworte
Atable, französisch, Freinsheim, klassisch, Pfalz, Swen Bultmann
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