Bayleaf, Köln
Am 13. Juli 2017 in Deutschland | 3899 Aufrufe
Köln hat den Dom – möglicherweise die meistfotografierte Sehenswürdigkeit Deutschlands. Und seit einigen Jahren hat Köln die Kranhäuser, drei architektonisch spektakuläre, in L-Form konzipierte Bauten direkt am Rhein, von denen zwei als Bürohäuser genutzt werden und eines mit Eigentumswohnungen (zu selbstverständlich atemberaubend hohen qm²-Preisen) versehen wurde. Kaum eine Fernsehaufnahme oder Touristenfotos, die mittlerweile ohne dieses Motiv im Hintergrund auskommen.
Wer also nun mit seinem Restaurant in eines dieser Vorzeigeobjekte zieht, geht mutmaßlich nicht nur ein finanzielles Risiko ein, sondern muss sich seiner Sache auch sonst sehr sicher sein. Denn wenn die Angestellten ihre Büros verlassen haben, reduziert sich auch der Publikumsverkehr merklich. So gesehen ist Daniel Gottschlich ein mutiger Mann, als er sich entschloss, mit seinem Michelin-besternten Restaurant „Ox & Klee“ ins mittlere der Kranhäuser zu ziehen. Die Sterneküche spielt sich im ersten Stock ab, im Erdgeschoss – und das ist heute mein Ziel – hat er mit dem „Bayleaf“ eine Bar etabliert, die neben einigen Kleinigkeiten auch ein komplettes Viergang-Menü zu 39 Euro anbietet, wahlweise mit einem Cocktailpairing zu jedem Gang, das mit 20 Euro zu Buche schlägt. Und genau das soll heute mein Programm sein. Die Temperaturen sind noch akzeptabel genug, um den Abend auf der Außenterrasse zu verbringen.
Zum Glas Wein als Apéritif gibt es bereits leckere selbst geröstete, würzige Erdnüsse sowie kurz darauf sehr gutes Brot und einen Kräuteraufstrich.
Als erster Gang kommt Kalbstatar, originell in einem Knochen serviert. Es ist etwas grob geschnitten, aber würzig mariniert und mit Avocadocreme, Gurkenelementen und Schaum von grünem Apfel harmonisch begleitet. Eine ganz wunderbare Ergänzung ist das separat servierte Knäckebrot mit einer fabelhaften Sardellenbutter. Exzellenter Auftakt!
Der dazu servierte Cocktail ist eine Variation des „Negroni“, der üblicherweise mit Gin, Wermut und Campari gemixt wird, hier jedoch mit Gin, Lillet und einem sehr markanten Enzianlikör zubereitet wird. Das hat ordentlich Wumms und ist fast zu viel des Guten gegen das feine Tatar.
Weiter geht es mit einer auf dem Teller ziemlich wild anmutenden Kombination aus Kartoffel-Räucherfisch-Brandade, Fenchelsalat, Kopfsalat in gebratener und roher Form, perfekte Minicroutons, Krabben und etwas Dill. Das Ganze versehen mit einer auf Ayran basierten Sauce. So durcheinander der Teller aussieht, so süffig und harmonisch schmeckt das alles. Die Brandade ist herrlich würzig, alle weiteren Elemente steuern wahlweise Frische, Knusper, Bitternoten, Jodigkeit und Säure bei.
Beim Cocktail bekommen Whiskey und Jägermeister, den ich normalerweise im Leben nicht trinken würde, durch Ingwer und Zitrone eine fruchtig, scharfe Note. Dies ist auch der vorherrschende Ton, der den Jägermeister nicht primär herausschmecken lässt. Gefällt mir ausgezeichnet.
Im Hauptgang gibt es eine unglaublich saftige Brust vom Bio-Huhn mit Cremetupfen von der Kirchererbse, Spitzkohl in gedünsteter und frittierter Form, dazu Shiitake-Pilze, die Haut vom Huhn separat gebraten und das alles mit einem Tom Ka Gai-Schaum versehen, der das Gericht in eine dezent asiatische Richtung schiebt.
Der „Rosalee“ benannte Cocktail nimmt genau dieses Geschmacksbild auf, indem Wodka und Grapefruit durch Rosmarin und vor allem durch Zitronengras einen entsprechenden Einschlag bekommt.
Die Portionen waren bis hierher bereits mehr als großzügig bemessen, so dass der Sättigungsgrad schon erreicht ist. Aber Dessert geht immer und es wäre ein Jammer gewesen, dieses hier auszuschlagen. Erdbeere als Sorbet und pur, Schokoladencrumble, Quarktupfen und am Boden eine Rührkuchencreme, die tatsächlich Erinnerungen wach werden lassen, als man als Kind die Rührbesen vom Mixer ablecken durfte. Geht man mit dem Löffel einmal quer durch alle Komponenten, ist das nur eins: lecker. Optisch sehr schön angerichtet, abwechslungsreich und einfach nur gut. Dass so ein Gang à la Carte nur mit 6 Euro berechnet würde, ist eigentlich lachhaft.
Der abschließende Cocktail ist ebenfalls wieder auf der fruchtigen Seite und kombiniert Rum mit Rhabarber und Limette mit einem Schuss Schokoladenbitter. Auch dies wieder sehr passend.
Um es kurz zu machen: Was Daniel Gottschlich von seinen Köchen im „Bayleaf“ servieren lässt, ist zu diesem Preis nicht weniger als sensationell. Die Gerichte sind originell konzipiert und tragen qualitativ eindeutig die Handschrift einer Sterneküche. Das Konzept der begleitenden Cocktails gefällt mir ebenfalls ausnehmend gut, auch wenn mir der Enzianlastige zu Beginn ein wenig zu forciert wirkte. Aber dafür passten alle übrigen wie die Faust aufs Auge. Und wer es nicht so sehr mit dem Hochprozentigen hat, kann sich ja auch aus der Weinkarte des „Ox & Klee“ etwas Passendes aussuchen.
Womit wir beim weiteren positiven Nebeneffekt wären. Wer die Küche des „Ox & Klee“ noch nicht kennt, kommt mit diesem Menü auf den Appetit, auch mal das Hauptprogramm in der Bel Étage auszuprobieren. Für alle anderen gilt: Besseres Barfood als das hier dürfte schwerlich zu finden sein.
Details
Restaurant: | Bayleaf |
Adresse: | Kranhaus 1 (mittleres Kranhaus), Im Zollhafen 18, 50678 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag 18.00 -01.00 Uhr Sonntag + Montag Ruhetage |
Website: | www.bayleaf.cologne/ |
Schlagworte
Barfood, Bayleaf, Daniel Gottschlich, Köln, Kranhaus, kreativ, Ox & Klee, Pairing Menü
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