Döllerers Genießerrestaurant, Golling
Am 24. August 2016 in Österreich | 4014 Aufrufe
Wenn sich im August im Salzburger Land die Damen in ihr feinstes Dirndl oder Abendkleid werfen und auch die Herren ihren Feiertagsjanker ausführen, dann ist Festspielzeit. Und das nicht nur in der Landeshauptstadt selbst, sondern auch im beschaulichen, nicht weit entfernten Golling, wo auf der Burg ein buntes Kulturprogramm gegeben wird, das bei schönem Wetter im stimmungsvollen Innenhof genossen wird.
Zur richtigen Festspielatmosphäre gehört allerdings auch in so einem kleinen und überschaubaren Örtchen wie Golling das obligate Souper vor oder der Barbesuch nach dem Kulturgenuss. Und hier darf sich der Gollinger glücklich schätzen, denn in Döllerer’s Genießerhotel findet der Gast Möglichkeiten für eben all dieses. Wer sein Souper edel rustikal möchte, wird im Wirtshaus fündig, wer es feiner mag, hat im Genießerrestaurant eine der feinsten Küchen in Österreich zur Auswahl.
Andreas Döllerer, quasi Kopf des Hauses, hat sein Feinschmeckerrefugium zu 19 Punkten im Gault Millau gekocht und mit seiner „Cuisine Alpine“ auch im Falstaff und À la Carte Höchstwertungen eingefahren. Unser letzter Besuch liegt vier Jahre zurück und so war es Zeit für eine Auffrischung. Die Menüs werden hier als Wanderungen verstanden. Vor uns liegt mit „Moosangerl“ die mittlere mit 7 Gängen. Wer länger unterwegs sein möchte, wählt die „Göllüberquerung“ und ist dann mit 9 Gängen dabei.
Das Menü beginnt mit drei kleinen Happen, einem Löffel Wildkräutersalat, einem dünnen mit (wenn ich mich noch richtig erinnere) Saibling gefüllten Kohlrabiblatt und einem Rindertatar. Das ist alles mit einem Bissen zu essen und harmonisch abgeschmeckt, ohne die jeweilige Hauptzutat zu überdecken.
Dann geht es auch bereits ins Menü. Der marinierte Bluntaulachs ist von Rote Bete-Scheiben bedeckt, Zitronengel und ein Buttermilchsud liefern eine angenehm säuerliche Note. Dieses Gericht gefällt mir in seiner Kombination sehr gut, es ist erfrischend, was angesichts der sommerlichen Außentemperaturen wahrlich kein Nachteil ist, und setzt mal kräutrige, mal säuerliche Akzente. Der Fisch, der von fabelhafter Qualität ist, ist allerdings etwas homöopathisch portioniert, so dass er sich nicht in Gänze entfalten kann. Trotzdem ein starker Auftakt.
Im folgenden Gang wird es dafür gleich erheblich rustikaler. Steinpilze, Ofenzwiebel und Brotcreme zur als Minibulette verarbeiteten Gams läuten in ihrer Erdigkeit bereits den Herbst auf dem Teller ein. Dies ist ein unkompliziertes Wohlfühlgericht, bei dem man nicht groß nachdenken muss.
Jetzt kommt das Brot und das wird hier als eigenständiger Gang zelebriert. Der stattliche Laib ist noch warm und mit Pellkartoffeln und Schinken aus der hauseigenen Metzgerei wird daraus in der Tat eine veritable Brotzeit. Alles ist von hervorragender Qualität und zusammen mit dem in der Getränkebegleitung servierten Fichten-Waldbier, einem Jahrgangsbier das sich jeweils einem anderen Baum widmet, fühlt man sich tatsächlich vollkommen in der Region angekommen. Dies ist eine Demonstration bester Zutaten, die exemplarisch für diese Gegend stehen und es ist durchaus mutig, das so als eigenen Gang zu integrieren, denn etwas archaisch ist das in einem hochdekorierten Restaurant wie diesem schon. Nebenbei ist es allerdings auch clever, denn vor allem das köstliche Brot und die Kartoffeln werden letztlich dafür sorgen, dass wir zum Schluss gut gesättigt sind.
Nach diesem mehr als rustikalen Ausflug wird es wieder deutlich feiner und eleganter. Der noch glasige Huchen bekommt mit Tomaten und Physalis Begleiter, die erneut eine leicht säuerliche Note beisteuern, die dem Fisch aber gut steht. Der Gewürzsud dazu ist markant, aber nicht überlagernd. Hauchfeiner Fenchel setzt dezente Anis-Akzente. Dies ist ein ganz hervorragender Gang, bei dem vor allem die Proportionen zu loben sind. Hier ist alles in exakt der richtigen Menge vorhanden, um ein harmonisches Ganzes zu bilden.
Das trifft auch auf das nächste Gericht zu, wenngleich wir jetzt wieder einen rasanten Sprung ins deftig-rustikale machen. Der Pinzgauer Schotten, eine Art Graukäse, der ohne Zusatz von Lab hergestellt wird, kommt in der Frischkäse-ähnlichen Version zum Einsatz, während er ansonsten auch gerne als Reibekäse verwendet wird. Gegrillter Lauch und Chips von getrocknetem Beinschinken, Senfkörner sowie ein Umami-satter Sud sind ein überzeugendes Beispiel dafür, dass es keine extravaganten Zutaten braucht, um ein hervorragendes Gericht zu kreieren. Wir löffeln uns jedenfalls höchst zufrieden durch den Teller.
Im Hauptgang lässt Andreas Döllerer dann erneut den Hauptdarsteller glänzen. Der Rauriser Rehrücken ist perfekt rosa gegart und bekommt keine ausufernde Tellerlandschaft zur Seite, sondern eine Art Ragout von Pfifferlingen und Topinambur sowie etwas Gel (Preiselbeeren?), das Fruchtigkeit beisteuert. Das ist einerseits klassisch, hat aber vielleicht gerade durch die etwas minimalistische Anmutung schon wieder etwas modernes. Schmecken tut es allemal, wenngleich es jetzt nicht die ganz großen Begeisterungsstürme bei mir auslöst.
Und leider ist das auch beim Dessert nicht der Fall. Die Kombination aus Marille, Schokolade und Kren klingt zwar etwas verwegen, bleibt aber doch verhältnismäßig harmlos. Eine Art Schokomousse trifft auf ein sehr gutes Marilleneis, etwas Marillengelee und eine halbe, leicht marinierte Marille. Pistazien geben etwas Knusper und der Meerettich soll wohl etwas Schärfe beisteuern, bleibt aber erstaunlich zurückhaltend. So ist das insgesamt doch etwas konventionell und überraschungsarm.
Was nicht auf die abschließenden Petits Fours zutrifft, die originell und kreativ sind.
Die Weinbegleitung war übrigens das gesamte Menü über sehr stimmig und passend, setzte aber auf eher sichere Kombinationen. Überwiegend gab es natürlich österreichische Gewächse, vom Sauvignon aus der Südsteiermark bis zum Veltliner aus der Wachau, Blaufränkisch vom Neusiedler See, dazwischen ein Riesling von Molitor. Positiv anzumerken ist im übrigen die sehr moderat kalkulierte Weinkarte.
Andreas Döllerer hat mit seiner „Cuisine Alpine“ eine Bezeichnung gefunden, die seinen Stil treffend beschreibt. Seine Menüs kommen überwiegend ohne Zutaten von weiter her aus. Im Gegenteil: seine Küche ist ein deutliches Bekenntnis zu seiner Heimat, den hervorragenden Zutaten aus der Gegend, dem Handwerk und den Traditionen, mit denen er aufgewachsen ist.
Seine Gerichte wirken unkompliziert und sind auf süffiges Genießen ausgelegt. Beim Blick in sein Kochbuch stellt sich übrigens anschließend heraus, dass tatsächlich so gut wie keins der Gerichte nachkochbar ist. Aber vielleicht liegt darin ja auch die Kunst, das Schwere so leicht wirken zu lassen.
Bei aller Rustikalität, die einige Gänge prägten, ist festzuhalten, das Döllerers Küche insgesamt eine sehr leichte ist, die auch nach sieben Gängen keine Anzeichen von Völle verursacht. Vielleicht lag es an der Wanderung, die wir an diesem Tag tatsächlich vorgenommen haben und die uns mit deutlichem Appetit an den Tisch geführt hat, dass wir über den Brotgang mehr als dankbar waren. Denn sonst hätten wir womöglich doch auf die „Göllüberquerung“ upgraden müssen.
Dringend zu empfehlen ist im übrigen, eine Übernachtung im Haus einzuplanen, alleine schon, um in den Genuss des Frühstücks zu kommen. Wo sonst hat man die Möglichkeit, sich mit seinem Teller in die angeschlossene hauseigene Metzgerei zu begeben und wie im Schlaraffenland auszusuchen, wonach es einem zwischen Wurst, Schinken, Käse und Salaten beliebt?
Details
Restaurant: | Döllerers Genießerrestaurant |
Adresse: | Markt 56, 5440 Golling |
Öffnungszeiten: | DI-FR: 18.00 - 21.30 Uhr SA: 12.00 - 21.30 Uhr SO + MO: geschlossen |
Website: | www.doellerer.at/de/geniesserrestaurant/doellerers-geniesserrestaurant-in-golling-bei-salzburg/ |
Schlagworte
Andreas Döllerer, Falstaff, Fine Dining, Golling, Gourmet, Heimat, kreativ, regional, Salzburger Land
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