HanTing cuisine, Den Haag
Am 26. Februar 2017 in Niederlande | 2561 Aufrufe
Als wir zwei Tage zuvor dem Sommelier im ONE in Roermond von unseren weiteren Restaurantplänen der nächsten Tage erzählen, geht ein Strahlen durch sein Gesicht, als wir das HanTing in Den Haag erwähnen. Mit großer Begeisterung lobt er die Küche in höchsten Tönen. Die gleiche Reaktion beim Service, der sich auch erkundigt, was wir kulinarisch noch so vorhaben. Ich fühle mich beruhigt ob der Wahl.
Vor Ort bin ich dann eh zuversichtlich, dass es ein guter Abend wird, denn nach dem dürftigen Erlebnis am Tag zuvor in Leidschendam kann es nur noch bergauf gehen. Chinesische Fusion-Küche ist angesagt, mit 16 Punkten im Gault Millau und einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Dass die asiatischen Küchen ihren festen Platz in den Benelux-Ländern haben, ist hinlänglich bekannt. Dass sie auch auf gehobenem Niveau Einzug in die Feinschmecker-Guides gefunden haben, konnten wir verschiedentlich ebenfalls bereits erleben. Und doch ist dieses Restaurant anders, denn laut Homepage geht es um die Verbindung traditioneller chinesischer dietätischer Prinzipien mit modernen Kochtechniken und westlichen Geschmäckern. Aha. Um es vorweg zu nehmen: Chef Han Ji kocht fabelhaft, aber viel chinesisches habe ich nicht erkennen können.
Bei den vier Snacks und dem Amuse, die ich mir nicht im Detail gemerkt habe, macht sich zwar noch kein großer Aha-Effekt breit, aber bereits diese Kleinigkeiten sind abwechslungsreicher als alles am Abend zuvor. Und der Service ist in diesem großen, vollbesetzten und mehr als lebhaften Restaurant auch von der Begrüßung an höchst erfreulich.
Spätestens mit der Vorspeise, einer üppigen Variation von Hamachi und Morcheln mit Austern, Kakao und Meerrettich wird deutlich, dass hier mit hohem technischen Aufwand gekocht wird. Unzählige Einzelkomponenten, Cremes, Tupfen, Mousses, Gels, Sprossen, Blätter und noch vieles mehr lassen einen Teller von Thomas Bühner nahezu minimalistisch erscheinen. Abgesehen davon schmeckt es durch die vielen Kombinationsmöglichkeiten ausgezeichnet. Und ich habe im übrigen noch nie etwas gegen Streberteller gehabt.
Vor dem nächsten Gang gibt es ein kleines Schälchen gewürzten Reis. Zum Neutralisieren, wie angekündigt, taugt das zwar nicht wirklich. Dazu ist die Würzung zu prägnant. Aber gut schmecken tut es allemal.
Auch beim folgenden Seebarsch finden sich wieder zahlreiche Begleiter auf dem Teller, angefangen von Sojabohnen über Blumenkohl bis zu Algen und einer Stabmuschel, die alleine mit zahlreichen Mikroelementen bestückt ist. Das Problem bei einer derartigen Fülle von Komponenten ist, dass es im jeweiligen Moment in sich stimmig schmeckt, so wie hier, aber das Gesamtgeschmacksbild verwischt. Ich könnte heute, mit knapp zwei Wochen Abstand, einfach nicht mehr sagen, wie die einzelnen Gerichte geschmeckt haben.
Das gilt auch für den folgenden Gang, wenn auch etwas eingeschränkter, denn dass die Seezunge der Winner des Abends ist, erinnere ich noch sehr genau. Und eigentlich ist es auch gar nicht so sehr der Fisch selbst, der mit Norialgen bedeckt ist und mit Kumquat und Goji-Beeren einige fruchtige Akzente erhält. Nein, es ist vor allem der separat gereichte Markknochen, in dem sich eine Mischung aus Knochenmark, Shrimps und Panko befindet, die eine kräftig-elegante Reichhaltigkeit liefert und die einen wunderbaren Kontrast zum Fisch gibt. In Kombination ist dieser Gang abwechslungsreich und überraschend. Für mich das stärkste Gericht an diesem Abend.
Beim Black Angus mit Shiitake wird es auf dem Teller wieder verspielter, aber das kennen wir hier ja mittlerweile schon. Und da das Gesamtgeschmacksbild, auch durch die mit Jack Daniels dezent abgeschmeckte Jus, wieder rund ist, gibt es auch hier keinen Grund zum Jammern, sondern wieder nur ein genussvolles Hin- und Herprobieren.
Zum Abschluss ein etwas irreführend als Bubble Tea angekündigtes Dessert, das vor allem von Matcha Tee dominiert ist. Genever, schwarzer Reis, Avocado und Mango liefern erneut, in größtenteils verfremdeter Form, unterschiedlichste Akzente. In Summe ist dies aber ein sehr frisches und grün schmeckendes Gericht und damit ein schöner Schlusspunkt unter ein sehr unterhaltsames Menü.
Ein Wort zum Wein. Die Weinkarte ist, wie so oft in den Niederlanden oder Belgien, sehr international geprägt. Wir haben uns gegen die Weinbegleitung und für eine flaschenweise Begleitung mit einem Chardonnay und einem Syrah aus Australien entschieden. Beide haben uns gut gefallen und sie waren auch noch gut erschwinglich. Am Nebentisch konnten wir jedoch Saskia Schurink, Sommelière des Jahres 2016, dabei beobachten, mit welcher Leidenschaft sie die jeweiligen Weine vorstellte. Und das hatte schon etwas faszinierendes, denn sie fand klare, aber bildhafte Metaphern, um den jeweiligen Wein zu beschreiben, wie ich es selten erlebt habe. Ich gebe zu, dass ich ein wenig neidisch war, denn an unserem Tisch gab es von ihr nun mal nicht so viel zu erzählen.
Der Abend im „HanTing“ hat uns ausgezeichnet gefallen. Die Küche ist nur bei einigen Zutaten als asiatisch auszumachen. Ansonsten herrscht eine Kleinteiligkeit vor, wie man sie auch hierzulande oft antrifft. Ich mag das, wenn das Gesamtbild stimmt und Zutaten nicht nur der Vielfalt wegen auf dem Teller liegen. Hier hat es gepasst. Die Gerichte waren harmonisch komponiert, boten eine Vielfalt, die mich ein wenig an Gerichte im „Le Moissonnier“ erinnern, wo das Querprobieren auch immer neue Varianten ermöglicht.
Der Preis von 65 Euro, der für das Menü aufgerufen wird, ist angesichts des hohen Aufwandes und die technische Umsetzung geradezu als Schnäppchen zu betrachten. Ein schönes Gesamterlebnis, das wir gerne wiederholen, wenn wir wieder in Den Haag sind.
Details
Restaurant: | HanTing cuisine |
Adresse: | Prinsestraat 33, 2513 CA Den Haag |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Sonntag ab 17.30 Uhr Montag Ruhetag |
Website: | www.hantingcuisine.nl |
Schlagworte
Casual Fine Dining, chinesisch, Den Haag, Fusion, Gourmet, Han Ji, HanTing, kreativ, Michelin
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