
Haus Stemberg, Velbert
Am 15. Juni 2025 in Deutschland | 1205 Aufrufe | 1 Kommentar
Zugegeben – wenn man über ein Restaurant immer und immer wieder nichts als Lobhudeleien hört, kann es schon ein wenig langweilig werden. Aber was soll man machen, wenn ein Haus auch nichts anderes verdient? Wenn man sich auf den Weg nach Velbert, genauer nach Neviges und noch genauer, irgendwo an einen recht abgelegenen Ort an einer Landstraße, aber dafür immerhin mit eigener Bushaltestelle und Hubschrauberlandeplatz macht, landet man im „Haus Stemberg“ und wird verstehen, was nicht nur zahlreiche Stammgäste von nah und fern, aber auch jedes Fachmagazin und alle einschlägigen Restaurantführer so feiern.
Düsseldorf ist zwar nicht fern, aber letztlich sind wir hier im Bergischen und mehr oder weniger auf dem Land. Da gilt es, vielen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Und das schaffen „die Stemmis“ wie kaum andere. Gastfreundschaft steht hier nicht nur auf einer To Do-Liste, sondern ist in der DNA aller enthalten. Auch nach dem Weggang von Annetta Althaus, die hier weit mehr als zehn Jahre eines der prägenden Gesichter im Service war und die nun dem Herzen an den Bodensee gefolgt ist, füllt auch die nächste Generation die Lücke nahtlos aus. Und wenn, wie bei unserem Besuch, der Senior mal nicht im Haus ist, übernimmt Sascha Stemberg die Rolle des Gastgebers gleich mal eben auch noch mit.
Dazu ein Programm, das weiterhin geschickt zwischen Fine Dining und bester gutbürgerlicher Küche alle Optionen bereithält. Herz, was willst Du mehr?
Dieses Mal soll es für uns beide das Degustationsmenü sein, das wie immer neben der obligatorischen Brottüte und aufgeschlagener Butter mit einigen Grüßen startet.
Ein Tatar vom Blufin Thunfisch mit Melone spielt zart mit fruchtigen Noten, während ein „Teufelssalat“ vom Tafelspitz in der Tat recht pikant abgeschmeckt ist.
Standard sind auch die kleinen Süppchen zum Start, diesmal eine reiche und buttrige Spargelcremesuppe mit Schnittlauch und eine mediterran anmutende Gemüsecremesuppe mit altem Balsamico.
Das Menü startet dann mit dem mild geräuchertem Lachs von den Färöer Inseln, der mit einer erstaunlich festen, aber angenehmen Konsistenz überrascht. Zitrusbuttermilch setzt dazu als Pendant feine Säurespitzen, etwas Spargel, Radieschen und Salat bringen Frühlingshaftes auf den Teller, Lachskaviar etwas Salziges und der Leinsamencräcker Crunch. Vielfältig, stimmig und gut.

Nicht Teil des Menüs, aber als Extra eingeschoben, kommen wir in den Genuss eines Sashimi vom Kingfish im Jalapenosud mit Mandeln und Kräutern. Zusammen mit diversen kleinen Gemüsen ergeben sich hier erneut viele Texturen und ein sehr ausgewogenes Geschmacksbild.

Und gleich darauf gibt es noch einen kleinen Einschub in Form der gewohnt guten Hummerschaumsuppe, die hier immer auf der Karte steht als Reminiszenz an Sascha Stembergs Lehrherrn Peter Nöthel.

Regulär geht es im Menü weiter mit Rotbarsch auf cremigen Kalbskopfgraupen. Die Kombination aus Fisch und Kalbskopf findet man hier auch immer mal wieder und es ist eine, die ich über alle Maßen liebe. Auch heute ist das nicht anders. Graupen mag ich ohnehin und finde sie in der feinen Küche ziemlich unterrepräsentiert. Hier bilden sie die Basis für eine schlotzige Kombination mit einer Beurre Blanc, die eine dezente, aber doch spürbare Meerettichnote zeigt. Durch die Bank lecker.

Ebenso süffig gestaltet sich auch das wachsweiche Landei in einem Ragout, das noch einmal das Beste des Frühlings vereint. Knackige Erbsen, Spargel, Morcheln und ein hocharomatischer Morchelrahm verbinden sich zu einem echten Wohlfühlgericht.

Wie gekonnt im „Haus Stemberg“ der Spagat zwischen rustikal-bürgerlicher und elegant-kreativer Küche gelingt, zeigt ein weiteres Extra, das uns Sascha Stemberg serviert. Das geschmorte, zarte Ochsenbäckchen mit Pfifferlingen und Röstzwiebeln sowie kräftiger Jus ist handwerklich so tadellos gearbeitet und schön präsentiert, dass es Esser beider Fraktionen glücklich machen würde. Macht es uns auch, aber so langsam geraten wir dann doch auch an unsere Kapazitätsgrenzen und der Hauptgang kommt ja erst noch.

Da kommt die kleine Erfrischung gerade recht. Das Gurkensorbet mit Holunderblüte ist fruchtig, etwas süß und schlicht lecker.

Richtig opulent wird es dann mit dem Hauptgericht, das Salzwiesenlamm in Variationen präsentiert. Zwei wunderbar gegarte Stücke vom Karree und eine würzige Merguez auf dem Hauptteller sowie separat sehr weich geschmortes Fleisch von der Keule auf Kartoffelpüree und Bärlauchschaum gehen mit sehr schön knackigen, kleinen Stücken von grünen Bohnen, getrockneten Tomaten und einem feinen Kartoffelkrapfen eine Liaison ein, die durchaus etwas mediterran anmutet. Das ist so aufwändig wie köstlich – und ein guter Beleg, dass man hier, auch ohne Extras, garantiert nicht hungrig vom Tisch aufsteht.
Satt sind wir an dieser Stelle schon lange, aber an der ausladenden Auswahl des Käseaffineurs Waltmann können wir trotzdem nicht vorbei gehen. Mittlerweile ordern wir auch selbst ab und zu dort direkt, weil die Qualität einfach grandios ist. Und an dem Angebot hier kann sich manch Spitzenrestaurant wahrlich ein Beispiel nehmen.

Beim Dessert fährt die Küche noch mal ordentlich auf. Zum einen gibt es eine Sauerrahmmousse mit Rhabarberkern und Kerbeleis, diversen fruchtigen und nussigen Cremes und à part eine Panna Cotta von Macadamia mit Rhabarbersorbet. So vielfältig das gearbeitet ist, so gekonnt findet das eine Balance aus fruchtig-säuerlichen mit nussig-cremigen Noten und dezent eingesetzten kräutrigen Akzenten. Ein schöner Abschluss.
Ohne Petits Fours wird man hier aber auch nicht vom Tisch gelassen. Eine Schnittpraline mit Kürbiskernen, ein Erdbeersorbet, ein Erdbeerfinancier und eine Praline finden irgendwie noch ihren Weg, aber dann ist auch endgültig Schluss. Mehr als gut gesättigt und ebenso gut gelaunt machen wir uns auf die Rückreise. Klappt auch diesmal mit dem Bus sehr gut.
Zur Weinkarte ist in früheren Berichten auch schon einiges gesagt worden. Man hat das Gefühl, sie wächst stetig und erfreulich ist, dass sie auch weiterhin sehr gastfreundlich kalkuliert ist.
So bleibt einmal mehr festzustellen: Es ist alles so wie immer. Immer einen Ausflug wert und immer eine sichere Bank.
Details
Restaurant: | Haus Stemberg |
Adresse: | Kuhlendahler Straße 295, 42553 Velbert-Neviges |
Öffnungszeiten: | Samstag + Sonntag: 12.00 - 15.00 Uhr und 18.00 - 23.00 Uhr Montag - Mittwoch: 18.00 - 23.00 Uhr Donnerstag + Freitag: Ruhetag |
Website: | www.haus-stemberg.de/ |
Schlagworte
bürgerliche Küche, Haus Stemberg, Jeunes Restaurateurs, kreativ, Michelin, Sascha Stemberg, Velbert
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