
maiBeck, Köln
Am 3. Juli 2016 in Deutschland | 3698 Aufrufe
Wenn sich ein Restaurant seit seiner Eröffnung im Herbst 2013 über ungebrochenen Zuspruch erfreuen kann, ist das in heutigen Zeiten sicher nicht normal, aber auch Beleg dafür, dass am Konzept scheinbar vieles richtig ist. Dass man daran auch nichts geändert hat, als bereits nach einem Jahr der etwas unerwartete Michelin-Stern verliehen wurde, war eine kluge Entscheidung. Das Preisniveau ist immer noch moderat und übersteigt bei den Hauptgerichten in der Regel nicht die 30 Euro-Marke. Weiterhin gibt es ein 4 Gang Menü zu wohlfeilen 42 Euro und die Weinkarte listet auch für den schmaleren Geldbeutel eine ordentliche Auswahl mit Schwerpunkt in Deutschland und zahlreichen guten Offenen.
Neben einem urbanen Industriechic, der auf unnötigen Schnickschnack verzichtet und einem locker agierenden Service, sind all dies gute Voraussetzungen, um nicht nur eine Klientel zu gewinnen, die sonst möglicherweise Schwellenängste mit anspruchsvollerer Küche hätte, sondern um auch aus der exponierten Lage in der ansonsten kulinarisch unterirdischen Altstadt das Maximum rauszuholen.
Auch für uns ist das maiBeck regelmäßig eine sichere Bank, wenn wir Lust haben auf einen unkomplizierten Abend mit Gerichten, die mehr bieten als Durchschnitt, aber eben auch nicht überkandidelt konstruiert sind. Jan Cornelius Maier und Tobias Becker setzen auf hervorragende Zutaten. Die müssen nicht zwingend immer aus der Region sein. Aber über die Grenzen Nordrhein-Westfalens oder Benelux geht es selten hinaus.
Dass auch vermeintlich sehr Einfaches elegant in Szene gesetzt werden kann, beweist die jüngste Vorspeise aus dem Tagesmenü: Rollmops. Richtig gelesen. Mit Gurke, Sellerie, einem frisch-säuerlichen Sud und ein paar Cremetupfen eine erfrischende und alles andere als banale Vorspeise.
Auch der Matjes wird mit Zwiebeln und roter Bete eher klassisch eingefasst, bekommt aber durch ein paar Himbeeren eine ungewohnte, aber passende fruchtige Ergänzung.
Tadellos die Brotzeit von der bergischen Lachsforelle, die einige wunderbar gebeizte Stücke erneut mit cremigen Elementen und etwas Gemüse kombiniert. Das ist alles andere als hochkreativ, aber sehr akkurat ausgeführt und ausgesprochen lecker.
Im Menü folgen als Zwischengang ausgezeichnete Ziegenkäse-Cappelacci mit Pfifferlingen und Aprikosen in einem nur leicht gebundenen, aber sehr schlotzigen, leicht kräutrig-buttrigen Sud. Fabelhaft!
Zu den Klassikern auf der Karte und sowohl in kleiner, als auch großer Portion zu bekommen, gehört der Tafelspitz vom Eifeler Rind mit Frankfurter Grüner Sauce, gelben Linsen und Kohlrabi. Das ist bürgerliche Küche im besten Sinne und passt hier perfekt ins Gesamtsortiment.
Diese Unaufgeregtheit setzt sich genau so fort bei den Hauptgerichten. Rücken vom Niederrheinischen Rind mit Spitz- und Pfefferkohl, Linsen und Kartoffelwürfeln und Salzwiesenlamm aus dem Emsland mit rotem Mangold, Kirschen und Sellerie sowie einem leicht zitronigen Cous-cous sind makellos zubereitet und bestechen durch ihre ausgezeichnete Fleischqualität. Die Saucen dazu gibt es auch weiterhin separat in der Sauciere zum selbstportionieren – und in ausreichender Menge!
Das Menü schließt ab mit einer Kombination aus Mandel, Grieß, Schokolade und Kirschen. Estragon als Pulver ist zwar erkennbar, bringt aber keinen erkennbaren geschmacklichen Mehrwert. Dafür gibt es hier wieder die auch in vorherigen Gängen bereits bekannten optisch nett anzusehenden Cremetupfen.
Aus der regulären Karte ein Tartelette mit Erdbeeren, Hibscus und dazu ein sehr schön cremiges Sauerampfer-Eis, das eine gute Balance zwischen Süße und Kräutrigkeit bietet.
Man könnte darüber mäkeln, dass es sich die Küche manchmal etwas leicht zu machen scheint, indem einige Gänge durch modische Tupfen optisch gepimpt werden. Das kann mitunter schon etwas inflationär wirken. Andererseits ist geschmacklich nichts daran auszusetzen und texturell finden sich in der Regel auch immer ausreichend andere Komponenten, die für Abwechslung sorgen.
„Stay hungry“ heißt eines der Mottos, das sich im Restaurant und auf der Karte wiederfindet. Hungrig muss hier niemand das Restaurant verlassen. Aber Appetit auf den nächsten Besuch darf man schon haben.
Details
Restaurant: | maiBeck |
Adresse: | Am Frankenturm 5, 50667 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstags - Samstags 12:00 bis 15:00, ab 17:30 Sonntags ab 12:00 durchgehend Montags Ruhetag Telefon: +49 221 962 673 00 E-Mail: fuerdich@maibeck.de |
Website: | www.maibeck.de |
Schlagworte
Casual Fine Dining, Gourmet, Köln, maiBeck, Michelin, neue deutsche Küche
Verwandte Artikel
es:senz, Grassau
9. Juli 2025Drei Sterne im Michelin sind laut Definition eine Reise wert. Aber manche Ziele ... Weiterlesen
Michels Stern, Marktbreit
8. Juli 2025Seit wir nicht mehr arbeiten, erlauben wir uns häufiger Kurztrips statt längerer Urlaube. ... Weiterlesen
Haus Stemberg, Velbert
15. Juni 2025Zugegeben – wenn man über ein Restaurant immer und immer wieder nichts als ... Weiterlesen
hallmann & klee, Berlin
22. Mai 2025Sich in einer Stadt wie Berlin für ein Restaurant entscheiden zu müssen, ist ... Weiterlesen
Loumi, Berlin
21. Mai 2025Über wenige Restaurants wurde zuletzt so viel geredet wie über das „Loumi“ in ... Weiterlesen
Orania. Berlin, Berlin
20. Mai 2025Es ist schon eine beachtliche Leistung, wenn ein Koch es schafft, für ein ... Weiterlesen
Dein Kommentar