
maiBeck, Köln
Am 7. Januar 2025 in Deutschland | 1093 Aufrufe | 1 Kommentar
Wenn ein Konzept mit anspruchsvoller, aber leicht zugänglicher Küche in der Kölner Altstadt mit Blick auf den Rhein seit mehr als 10 Jahren relativ unverändert funktioniert und für volles Haus sorgt, kann es so falsch wohl nicht sein.
Das „maiBeck“, Kind von Jan Maier und Tobias Becker, hält auch seit ewig einen Michelinstern. Was anderswo eher für Berührungsängste sorgen könnte, hat hier dem ungebremsten Zuspruch, den es seit Beginn gab, keinen Abbruch getan. Was schlichtweg auch daran liegt, dass die beiden Chefs einfach nichts geändert haben. Ein häufig wechselndes Viergang-Menü, mittlerweile für 79 Euro, und eine À la Carte-Auswahl mit Vor- und Zwischengerichten, die die 20 Euro-Grenze nicht knacken, Hauptgerichte für unter 40 Euro und Desserts nur knapp über 10 Euro. Dazu eine von Sommelier Sascha Bauer kuratierte Weinkarte, die vielleicht nicht mit den ganz großen Gewächsen auftrumpft, aber dafür sehr sorgfältig zusammengestellt ist und mit einem Preisniveau punktet, wie man es in einem Sternerestaurant eigentlich nie findet.
Einer der weiteren großen Vorzüge ist zudem, dass man nicht nur abends, sondern auch mittags geöffnet hat. Und so sind wir, nach viel zu langer Zeit, endlich mal wieder hier und wählen einmal quer durch die Karte.
Zu zweierlei Brot gibt es aufgeschlagene Butter, die in diesem Fall durch Schnittlauchöl deutlich gewinnt.

Mein Mann startet mit gratiniertem Ziegenkäse, der begleitet wird von geröstetem Blumenkohl, den es auch als Creme gibt sowie Sanddorn für frische Säurespitzen, einem leichten Currysud sowie Sesamchips für den Knusper. Das harmoniert alles sehr gut miteinander und erlaubt viele verschiedene Kombinationen. Ein schönes, variantenreiches vegetarisches Gericht.

Für mich geht es los mit Scheiben vom sanft gebeiztem Lachs mit Kichererbsen pur und als Creme. Kandierte Orangen steuern eine feine Süße und etwas Bitternoten bei. Wirsingsprossen sind zum Teil etwas knusprig, was sowohl für Crunch als auch einen originellen herben Röstton sorgt.
Auch hier funktioniert das Spiel aus unterschiedlichen Konsistenzen und Aromen ausgezeichnet.

Genauso farbenfroh geht es auf dem Teller auf der anderen Tischseite weiter. Dünn aufgeschnittene Scheiben vom rosa gebratenen Tafelspitz finden sich zu einem munteren Stelldichein mit Radicchio, einmal fein geschnitten, einmal in größeren Blättern, Holunderbeeren und Walnuss in Variationen, als Chip, als Creme und als eingelegte schwarze Nüsse ein. Das Prinzip, hier einmal querbeet Knuspriges und Weiches, Säure mit Bitter zu kombinieren, geht auch hier prima auf.

Mein Zwischengang kann da leider nicht mithalten. Die Gnocchetti in cremiger Sauce finden sich unter einer Schicht von fein geraspeltem Blumenkohl, hart gekochtem, gehacktem Ei und geröstetem Roggen mit etwas Schnittlauch. Das ist alles sehr homogen und bringt, anders als bei den übrigen Gerichten, einen mit jedem Löffel gleichbleibenden Geschmack. Kurzum: Es schmeckt, aber nach kurzer Zeit passiert einfach nicht mehr viel und bleibt recht einförmig. Ein wie auch immer geartetes kontrastierendes Element könnte ich mir hier hilfreich vorstellen. Dazu kommt, dass das Ganze ziemlich mächtig ist und selbst diese kleinere Zwischenportion in der halben Größe für mich ausreichend gewesen wäre.

Bei den Hauptgängen entscheidet sich meine bessere Hälfte für die Fleischoption in Form von butterzart geschmorter Lammschulter. Die schönen Röstaromen unterstützen perfekt den sehr aromatischen Eigengeschmack des Salzwiesenlamms. Rosenkohlblätter, kräftig gebratene Rote Bete und geschmorte Nektarine für einen fruchtigen Akzent fügen sich stimmig ein. Die Sauce, mit Sicherheit aus dem Schmorfond gezogen, ist ebenfalls ausgezeichnet. Traditionell gibt es die, wenn man sie so nennen will, Sättigungsbeilage immer noch separat im Holzkästchen zusammen mit einem Nachschlag Sauce. In diesem Fall ist es Bulgur, der einen besonderen Twist durch kleine Stücke von gebratenem Rosenkohl bekommt. Ein in Summe sehr leckeres und befriedigendes Gericht.
Für mich darf es der Island Kabeljau sein, der hier perfekt gegart als mächtiges Stück auf geräuchertem Kartoffelstampf mit Nordseekrabben auf den Tisch kommt. Die cremige Sauce bekommt durch Liebstöckelöl einen feinen Twist. Angemachter Feldsalat als kaltes Element auf dem warmen Fisch ist als Kontrast durchaus willkommen. Der Fisch hat eine tolle Qualität, blättert wunderbar auf und hat mit dem Stampf, den es auch separat mit mehr Feldsalat gibt, einen ausgezeichneten kräftigen Mitspieler. Gefällt mir sehr gut.
Die Portionsgrößen im „maiBeck“ sind von jeher immer schon sehr großzügig. Das ist auch heute nicht anders. Daher ist es schön, dass es auch kleine Desserts gibt wie ein Mini-Tiramisu oder einzelne Kugeln Sorbet oder Eis. Mein Mann wählt zwei Kugeln Sorbet, Mandarine-Sternanis und Apfel mit einem Gewürz, an das ich mich leider nicht erinnere. Aber auch damit belässt man es hier nicht, sondern fügt noch eine leckere Mousse bei, die ich irgendwo zwischen Mascarpone und weißer Schokolade ausmache mit etwas Crumble. Die Sorbets sind sehr gut, wobei die Mandarine noch etwas überzeugender ausfällt.

Ich entscheide mich für den bretonischen Mürbeteig mit Lemoncurd, also eine Zitronentarte, mit frisch abgeflämmtem Baiser. Dazu gibt es ganz hervorragendes Heidelbeersorbet. Das ist sehr gut, sehr solide, aber eben auch recht mächtig.

Eigentlich geht jetzt wirklich nichts mehr. Zum Espresso kann ich dann aber doch die Finger nicht von den kleinen, köstlichen Keksen lassen, die es hier traditionell auch immer im Kästchen gibt.

Auch nach diesem Essen bleibt festzuhalten, dass im „maiBeck“ alles beim Alten ist. Was die Küche verlässt, ist mit überwiegend regionalen Zutaten sorgfältig zubereitet, nicht immer übermäßig komplex, aber geschickt komponiert, immer abwechslungsreich und auf harmonische Geschmacksbilder ausgerichtet. Das erlaubt auf jeden Fall eine Menge Spaß beim Kombinieren.
Vergleicht man diese Gerichte mit denen anderer Sternerestaurants erscheinen sie vielleicht auf den ersten Blick einfacher, etwas bistroartiger, aber das ändert nichts an der Qualität. Und es zeichnet den Michelin aus, dass er auch diese Art von Küche entsprechend honoriert.
Wir kennen kaum ein unkomplizierteres Restaurant mit Michelinstern. Dass der Service, zum Teil mit seit vielen Jahren bekannten Gesichtern, viel dazu und zum Wohlfühlgefühl beiträgt, versteht sich von selbst.
Nur einen Steinwurf entfernt hat man vor gut einem Jahr mit dem „otto“ ein zweites Restaurant aufgemacht, das sich ähnlich überzeugend der italienischen Küche widmet, was die Wahl für die Zukunft nicht einfacher macht. Ein schönes Luxusproblem…
Details
Restaurant: | maiBeck |
Adresse: | Am Frankenturm 5, 50667 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag: ab 12.00 Uhr und ab 18.00 Uhr Sonntag + Montag: Ruhetag |
Website: | www.maibeck-fuerdich.de/ |
Schlagworte
Jan Maier, Köln, maiBeck, Michelin, neue deutsche Küche, regional, Tobias Becker
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