phaedra, Köln
Am 18. September 2021 in Deutschland | 2664 Aufrufe
Es war Anfang Juni, kurz nach dem Ende des zweiten Lockdowns, als Kostas Tzikas, Chef im „phaedra“ in Köln in einem Facebook-Post berichtete, dass man gerade No Shows von drei Tischen mit insgesamt neun Personen verkraften musste und zudem ein Gast meinte, eine stylishe Tischleuchte einfach einstecken zu können. Es sind solche Geschichten, die einen wütend werden lassen und mit Fremdscham erfüllen, zumal es wenige Branchen gegeben hat, die von der Pandemie ähnlich gebeutelt wurden wie die Gastronomie.
Heute allerdings sieht es anders aus. Der Laden brummt, auch bis in den späten Abend kommen Gäste und aus der kleinen, offen einsehbaren Küche werden unermüdlich Teller um Teller an die Innen- und Außenplätze geschickt.
Wir haben uns im Vorfeld Plätze an einem der beiden Hochtische reserviert und dass Kostas Tzikas noch weiß, dass wir auch beim letzten Mal genau dort gesessen haben, ist nicht das einzig Bemerkenswerte an diesem Abend. Schließlich ist unser letzter Besuch mittlerweile auch schon wieder mehr als zwei Jahre her. Das sehr gute Take Away-Menü vom Februar zählen wir da natürlich nicht mit.
Aber viel hat sich nicht verändert. An den anspruchsvollen Jazzmix erinnere ich mich noch und die Karte bietet weiterhin neben einigen Mezze eine angenehm überschaubare Anzahl an Gerichten, die ein Spektrum abdecken, das sich nicht nur auf Griechenland beschränkt, sondern den gesamten Mittelmeerraum einbezieht.
Ein Menü, das sich aus der à la Carte-Auswahl zusammensetzt, ist ebenfalls zu haben.
Die Weinkarte, ganz zeitgemäß auf dem Tablet einsehbar, schlägt den Bogen noch weiter und listet neben großen Namen aus Deutschland auch einiges aus Frankreich, Italien und Spanien auf. Der Schwerpunkt liegt allerdings eindeutig auf griechischen Weinen und wer Lust und Neugier hat (was dringend empfohlen sei), zu erkunden, welch bemerkenswerte Qualitäten mittlerweile von dort kommen, sollte sich in Kostas Tzikas Hände begeben. Wenn man ungefähr beschreiben kann, wonach einem der Sinn steht, wird er das Passende finden und es wird sich lohnen.
Dass er auch noch weiß, welchen Wein wir vor zwei Jahren getrunken haben, sei nur nebenbei bemerkt…
Wir lassen heute die Mezze aus und starten mit einem Oktopus-Carpaccio mit Creme von Fava-Bohnen. Gemeinsam mit Kapernäpfeln und einer runden Vinaigrette mit Spitzpaprika, Essiggurken und Senfkörnern ergibt sich so ein ausgewogenes Säurespiel, das gut als Kontrast zur Bohnencreme und dem Oktopus passt.
Auf einem pikant mit Koriander abgeschmeckten Quinoa-Salat finden sich drei saftig gebratene Garnelen von ausgezeichneter Qualität. Eine dezente Schärfe und gleichzeitig natürlich Cremigkeit steuert eine Chili-Mayonnaise bei. Ein typisches Crossover-Gericht, das unkomplizierten Genuss verspricht – und auch einhält.
Für meinen Mann geht es mit der weißen Bouillabaisse weiter. Die ist leicht cremig und von typischem Geschmack, fein und doch intensiv, was natürlich erst mal verblüfft, weil man insgeheim einen kräftigen Krustentiergeschmack mit einer entsprechenden, also rötlich-braunen Farbe assoziiert. Hat man sich davon im Kopf erst mal gelöst, ist der Unterschied zu einer klassischen Bouillabaisse nur noch marginal, wozu auch die üppige Einlage beiträgt. Sehr stark!
Meine Orzo-Nudeln, mit Sepia-Tinte eingefärbt und mit Sepiastücken versehen, sind zuallererst natürlich ein Hingucker, wie es nahezu komplett schwarze Gerichte häufig sind. Und ja, es schmeckt auch gut. Allerdings ist der Sepia offenbar so klein geschnitten, dass er kaum zu identifizieren ist und konsistenztechnisch alles ineinander übergeht. Gut schmeckt das schon, aber es bleibt dann eben auch recht schnell etwas eindimensional. Gut, dass die Zitronenzesten hier für punktuelle Säureakzente sorgen.
Trotzdem bleibt die Bouillabaisse bei diesem Gang der eindeutige Gewinner.
Ganz so eindeutig fällt der Sieger bei den Hauptgerichten nicht aus, wenngleich ich schon etwas neidvoll auf die Teller meiner besseren Hälfte schaue. Das großzügig bemessene Steinbeißerfilet in einer Beurre Blanc sieht nicht nur perfekt gegart aus, sondern ist es auch. Klasse gewürzt und mit leichten Grillspuren ist alleine dieser Teller mit der schon klassisch anmutenden Beurre Blanc ein Gedicht. Das separat servierte und sehr cremige Tomatenrisotto fügt sich hier aber ganz wunderbar ein und zeugt ebenso von makellosem Handwerk. Lecker ist es zudem.
Für mich wird es deutlich herzhafter, was nicht nur am Fleisch liegt, einem auf den Punkt gegrillten Stück Ibérico Secreto, sondern vor allem am kräftigen Bohnen-Cassoulet und der Pesto Rosso-Creme. Aber der Star ist hier natürlich das ausgezeichnete Secreto, das sehr zart und mit einem schönen Fettanteil auf den Teller kommt.
Obwohl an dieser Stelle des Menüs schon mehr als deutlich gesättigt, darf ein Dessert nicht fehlen und da ist das Ekmek eigentlich eine unverzichtbare Wahl. Wir haben es das erste Mal im Take Away kennen gelernt und waren schon da massiv begeistert von der filigranen Ausarbeitung in mehreren Schichten mit Engelshaar und diversen Cremes.
Hier kommt es naturgemäß noch etwas knuspriger, weil es nicht so lange durchweichen kann, mit einem Kern aus Kirschen und mit einem Kardamomeis. Das bringt eine ganz ungewöhnliche Gewürz- und Zitrusnote mit ins Spiel, die dem Dessert sehr gut steht. Übermäßig süß ist das ohnehin nicht – allerdings ist nach der ordentlichen Portion dann endgültig nichts mehr machbar.
Einfacher konstruiert geht es auf meinem Teller zu. Eingelegte Aprikosen kommen mit einem frisch-fruchtigen Aprikosen-Safran-Sorbet, Joghurtschaum sowie Mandel- und Pistaziencrumble. Das schmeckt auch sehr gut und rutscht noch etwas leichter in die letzten freien Ecken des Magens.
Warum es so lange gedauert hat, bis wir mal wieder das „phaedra“ besucht haben, kann ich gar nicht genau sagen. Natürlich hat es etwas mit der übergroßen Auswahl spannender Restaurants in Köln zu tun, die die Auswahl bei unseren sporadischen Besuchen so schwer macht. Würden wir permanent dort leben, wären wir sicher häufiger hier, denn die Küche ist abwechslungsreich, weitab von dem, was man gemeinhin mit griechischen Lokalen verbindet und doch aromatisch dort und im Mittelmeerraum verortet. Die Weinkarte ist großartig und vor allem im griechischen Bereich gut für viele spannende Entdeckungen.
Dazu kommt ein flinker und freundlicher Service und mit Kostas Tzikas ein Gastgeber, von dem man sich zu jeder Zeit gerne betreuen lässt und dem diese Rolle auch sichtlich Spaß macht. So wie uns.
Details
Restaurant: | phaedra |
Adresse: | Elsaßstraße 30, 50677 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstag – Donnerstag: 17.30 – 24.00 Uhr Freitag: 17.30 – 01.00 Uhr Küche jeweils 17.30 - 22.30 Uhr Samstag: 13.00 – 01.00 Uhr Küche von 13.00 – 15.00 Uhr und 17.30 – 22.30 Uhr Sonntag + Montag: Ruhetag |
Website: | www.phaedra-restaurant.de |
Schlagworte
griechisc, Köln, Kostas Tzikas, mediterr, phaedra, Wein
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