Version Originale, Reims
Am 30. August 2023 in Frankreich | 1801 Aufrufe | 2 Kommentare
Über viele Jahre kommen wir regelmäßig nach Reims und auf der Suche nach Restaurants, sei es mit Planung oder auch mal spontan, sind wir auch häufig am „Version Originale“ vorbei gekommen. Es ist eines von vielen Restaurants, die sich neben der Markthalle und den angrenzenden Straßen gruppieren. Dass wir es dennoch bisher nicht besucht haben, mag daran liegen, dass mich die Bewertungen im Gault Millau etwas abgeschreckt haben, die durchgehend auf eher niedrigem Niveau verharrten. Auch aktuell erhält es nur 11 Punkte, eine Wertung, die ich in Deutschland schon seit den frühen Neunzigern nicht mehr gesehen habe. Mittlerweile habe ich aber verstanden, dass die Auslegung in Frankreich nicht ganz so arg streng gesehen wird und man auch mit so einer Benotung immer noch von einer Empfehlung sprechen kann.
Bei unserem jüngsten Besuch haben wir also endlich einen Tisch reserviert, denn die Karte las sich durchaus interessant und auch die Preise waren mehr als akzeptabel. Abends gibt es eine Karte mit je vier Vorspeisen (18€), Hauptgerichten (28€) und Desserts (12€). Als Menü, das man sich aus dieser Auswahl selbst zusammenstellen kann, werden 49€ berechnet.
Mittags wird ein anderes Menü nach ähnlichem Prinzip für 29€ offeriert.
Das Ambiente dieses relativ kleinen Lokals, das seit 2002 von Christophe Mertes geführt wird, hat offenbar eine Auffrischung erhalten, denn die auf den Bildern der Homepage noch anzutreffenden schwarzen Lederstühle, die vermutlich auch noch aus der Zeit der Gründung stammten, sind zumindest einem farbenfroheren Bezug gewichen. Ansonsten ist das aber durchaus gemütlich. Den Service bestreiten eine freundliche, aber etwas wortkarge Frau und ein Mann, der deutlich kommunikativer ist und gerne berät und erklärt.
Als Auftakt schickt die Küche als Amuse Bouche eine Scheibe Boudin Noir auf einem Salat von Gurke und Mango mit einem Hauch Koriander. Mutet diese Kombination auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich an, sind wir schnell überrascht, wie gut das zusammengeht. Es ist fruchtig und würzig gleichermaßen und wir beschließen, dass wir das zuhause auf jeden Fall nachbauen werden.
Da unser Urlaub kulinarisch weitgehend Foie Gras-frei verlaufen ist, muss ich diesem Manko entgegenwirken und freue mich über eine sehr klassisch gearbeitete Terrine, die nur von Feigenchutney und geröstetem Früchtebrot begleitet ist. Nun bin ich zwar kein riesiger Freund von Früchtebrot, aber in dieser gerösteten Version gefällt mir das schon und als Alternative zu Brioche, dessen ich etwas müde geworden bin, allemal. Etwas Fleur de Sel auf die sehr gute Terrine und ich bin zufrieden.
Mein Mann startet mit einem Carpaccio von der Makrele. Die kommt sehr frisch und mit typischem Geschmack, nur akzentuiert von leichter Säure. Sowohl Johannisbeeren als auch rote Zwiebeln, Koriander und Fleur de Sel sind so pointiert eingesetzt, dass sie nichts überlagern. Auch hier geht der Daumen eindeutig nach oben.
Auf der Seite des Tisches geht es weiter mit einem ordentlich gebratenen Filet vom Wolfsbarsch. Dazu gibt es reichlich Pfifferlinge, grünen Spargel, Karotten und eine Safransauce. Hier wird das Rad zwar nicht neu erfunden, aber das Gericht ist anständig gemacht. Lediglich der Fisch hätte etwas mehr Salz vertragen können, aber dem kann man ja nachhelfen.
Für mich soll es die Marmite von Hummer und Jakobsmuscheln sein. Ich muss das tatsächlich erst mal googeln, um eine Idee zu bekommen, was es wohl werden soll. Letztlich macht mich das Internet nicht viel schlauer, aber ich interpretiere es als eine Art Eintopf. Und in der Tat finden sich in einer cremigen Bisque, die zudem sehr aromatisch ist, gut bemessene Jakobsmuscheln und Stücke vom Hummer, alles sorgsam gegart mit einem bunten Potpourri von ebenso sorgfältig gegrillten Gemüsen. Das ist harmonisch und lecker.
Als Nachtisch wählen wir zum einen ein Gratin von Mirabellen mit Vanilleeis. Das Gratin ist saftig, ziemlich teiglastig und sehr heiß. Mir persönlich ist das zu mächtig, aber ich habe es mir ja auch nicht bestellt. Das Eis ist möglicherweise zugekauft, dafür aber ganz in Ordnung.
Zum anderen entscheiden wir uns für den Blanc Manger vom Kokos, der im Gegensatz zum Gratin sehr fluffig und leicht ausfällt. Darauf ein kleiner Salat von exotischen Früchten und so schaffe ich das nach dem großzügigen Hauptgericht noch ganz gut. Es ist nichts weltbewegendes, aber ein guter Abschluss für mein Menü.
Unser Essen im „Version Originale“ hat uns gut gefallen. Es sind Gerichte, die klassische Brasserieküche verkörpern. Waren wir tags zuvor aus Verlegenheit in einem sehr großen und touristisch geprägten Restaurant gelandet, wo uns vieles arg lieblos zubereitet erschien, erlebten wir hier sehr sorgfältiges Handwerk. Auch die Beschränkung auf wenige Gerichte trägt hier sicher dazu bei, dass es an der Küchenleistung nichts groß auszusetzen gibt. Wer also keine großen Innovationen erwartet, sondern anständige Gerichte zu fairem Preis, ist hier gut aufgehoben.
Details
Restaurant: | Version Originale |
Adresse: | 25 bis rue du Temple, 51100 Reims |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag: Mittags und abends Sonntag + Montag: Ruhetag |
Website: | www.vo-reims.fr/ |
Schlagworte
Brasserie, Christophe Mertes, klassisch, Reims, Version Originale
Verwandte Artikel
DZ’envies, Dijon
28. Aug 2023Die Markthalle in Dijon gehört zu den Schönsten, die wir in Frankreich bisher ... Weiterlesen
Le Pré aux Clercs, Dijon
27. Aug 2023Es mag vielleicht nicht die beste Idee gewesen sein, sich eine gastronomische Stadt ... Weiterlesen
L’Origine, Dijon
26. Aug 2023Es ist schon bemerkenswert, wie häufig in Frankreich japanische Küchenchefs nach Stationen bei ... Weiterlesen
L’Esquisse, Annecy
23. Aug 2023Das Hauptziel unseres Sommerurlaubs ist in diesem Jahr Annecy. Schon lange reizte mich ... Weiterlesen
Le Foch, Reims
2. Nov 2021Seit vielen Jahren kommen wir regelmäßig nach Reims. Für eine Winzertour in die ... Weiterlesen
Le Jardin, Reims
1. Nov 2021Restaurants, die zu Relais & Châteaux-Häusern gehören, sind üblicherweise eine ziemlich sichere Bank. ... Weiterlesen
Immer wieder erstaunlich, zu welchem Preis in Frankreich Gerichte auf dem gezeigtem Niveau angeboten werden. Stell dir vor, dieses Menü hättest du in K oder MS bestellt. Welcher Preis wäre dann fällig geworden? Einen beneidenswert schönen Urlaub habt ihr verbracht! Aber Bretagne war für uns auch wieder wunderbar!
Lieber Thomas, ich möchte dir einfach mal sagen, wie gerne ich nach wie vor deine Berichte lese. Die letzten Stationen eurer Frankreich-Tour habe ich besonders genossen, da mir diese Küche auch sehr zusagt. Bei mir geht es derzeit auf dem Teller etwas bodenständiger zu (aber du kennst ja den quirligen „Grund“…). Aber deine kenntnisreich verfassten Reportagen aus der Welt des feinen Dinierens lassen mich immerhin als Leser mal wieder daran teilhaben. Danke dafür. Übrigens: sollte es mich mal nach Reims verschlagen (ist ja von uns aus gar nicht sooo weit…), dann wäre diese „Originalversion“ meine erste Wahl. Liest sich alles sehr einladend. Und die Foie Gras schürt meine Vorfreude auf den nächsten Besuch der Vieux Moulin in Lauterbourg. Grüß mir deinen Gatten und kommt beide gut durch den Winter. LG Marco