Acht, Köln
Am 10. August 2017 in Deutschland | 3269 Aufrufe
Köln hat ein so breites Angebot an lohnenswerter Gastronomie, dass einem manche Restaurants doch immer wieder durchrutschen, selbst wenn sie nahezu vor der Haustür liegen, man häufig an ihnen vorbei geht und immer mal wieder einen Blick auf die Karte wirft. Aus dem: „Ach ja, hier könnten wir auch mal wieder hin“ wird dann nur zu schnell ein „Oh, schau mal, das müssen wir aber auch mal ausprobieren“. Eine andere Erklärung gibt es eigentlich nicht, warum es zwei Jahre brauchte, bis wir es mal wieder ins „Acht“ gegenüber des Stadtparks in die Spichern Höfe geschafft haben. Leider ist das Wetter nicht gut genug, um im Innenhof zu essen, aber auch innen ist es, mit Blick in die offene Küche gemütlich. Das Ambiente hat sich nicht verändert, die als Weinregal umfunktionierten Paletten an den unverputzten Wänden verbreiten auch weiterhin originellen Industriechic.
Das Restaurant ist ausgebucht, der Service trotzdem aufmerksam und schnell zur Stelle. Es gibt Rosé Champagner von André Clouet, was schon mal eine ausgezeichnete Wahl ist.
Neben jeweils vier Vorspeisen und Hauptgängen sowie zwei Desserts und Käse gibt es noch ein 3 bzw. 4 Gang-Menü (43€/53€). Letzteres soll es heute für uns sein, wobei ich das Dessert gegen eines aus der á la Carte-Auswahl tausche, was problemlos möglich ist.
Los geht es traditionsgemäß mit einer Suppe, die sinnigerweise auf einer Minipalette serviert wird. In diesem Fall ist es eine Kichererbsensuppe mit Tomaten-Paprika-Relish. Klingt schlicht, ist aber erstaunlich fein, sowohl von der Konsistenz, als auch vom Geschmack. Das Relish liefert angenehme frische Würze.
Nach zweierlei sehr gutem Brot und aufgeschlagener Butter startet das Menü mit „Cecina de León“, einem getrockneten und geräucherten Rinderschinken. Das kräftige Fleisch ist eine schöne Alternative zu den üblichen Schweineschinken und kommt hier in Kombination mit Grünkern, Sellerie, Radieschen und einem sehr gut abgeschmeckten Salat. Estragoncreme und Selleriesorbet steuern zusätzliche kräutrige Noten bei. Beim Lesen des Gangs im Menü war ich etwas skeptisch und stellte mir eine eher einfache Kreation vor, aber letztlich überzeugt die Vorspeise mit Abwechslungsreichtum und clever abgestimmten Komponenten.
Der folgende Hummercannelloni im schwarzen Teigblatt präsentiert das Krustentier nicht nur in Form von Medaillons, sondern auch in der Füllung des Canneloni. Tomaten und Erbsen sowie eine intensive Krustentierjus runden das Gericht ab, das eine nahezu klassische Stilistik aufweist. Ach ja, gut geschmeckt hat es auch.
Im Hauptgang entscheiden wir uns beide für die Eifeler Lammhüfte, die in drei stattlichen und wunderbar rosa gegarten Stücken kommt. Hauptbegleiter ist Kumara-Kartoffel, was ich auch erst googeln muss, um zu lernen, dass es sich um Süßkartoffel handelt. Hier ist sie gekocht, in angenehmer, etwas festerer Konsistenz als bei unserer hiesigen Knolle und auch etwas würziger. Neben der klassischen Jus gibt es auch eine grüne Sauce, allerdings in Form einer Creme. Sonnenblumen- und Granatapfelkerne steuern nicht nur Textur, sondern auch dezente nussige und säuerliche Noten bei. Erneut ein runder Gang, der vor allem von der ausgezeichneten Qualität des Hauptdarstellers, hier des Lamms, lebt.
Im Menü geht es weiter mit pochiertem Pfirsich und Pistazie, leztere vor allem in Form eines saftigen Rührkuchenwürfels. Abgerundet wird das Dessert neben allerlei Cremes, Bröseln und Teigblättern von einem Minz-Eis, das einen dezenten Rosmarintouch mitbringt.
Ähnlich strukturiert ist mein Dessert aus dem á la Carte-Angebot, bei dem Stachelbeere die Hauptrolle spielt. In Relation nimmt sich der Biskuitwürfel etwas groß aus, aber er ist saftig und das Vanilleeis sehr gut. Ein sehr solides Dessert.
Simon Kollmanns Küche hat uns gut gefallen. Sie bewegt sich auf relativ sicherem Terrain, streut geschickt kreative Elemente ein, ohne das zu überreizen und ist handwerklich einwandfrei ausgeführt. Damit segelt sie auf anspruchsvollem, aber leicht zugänglichem Niveau. Knapp unterhalb der Sterne, aber deutlich über Durchschnitt.
Die Weinkarte bietet in allen Preissegmenten eine schöne Auswahl, der Service unter Raiko Steininger agiert professionell und souverän. Alles in allem also ein schöner und runder Abend, der nicht wieder zwei Jahre bis zur Wiederholung brauchen sollte.
Details
Restaurant: | Acht |
Adresse: | Spichernstraße 10, 50672 Köln |
Öffnungszeiten: | Montag - Samstag ab 18.00 Uhr Sonn- und Feiertags geschlossen |
Website: | www.restaurant-acht.de |
Schlagworte
Bistronomy, Casual Dining, Köln, kreativ, neue deutsche Küche, Simon Kollmann
Verwandte Artikel
Victor’s Fine Dining by Christian Bau, Perl-Nennig
22. Mrz 2024Zu den festen Punkten auf unserer jährlichen kulinarischen Agenda gehört ein Besuch bei ... Weiterlesen
Steinheuers Restaurant, Bad Neuenahr-Ahrweiler
8. Mrz 2024Lang ist’s her, dass wir zuletzt hier waren. Sehr lang sogar. Nach meiner ... Weiterlesen
Ludwig’s, Bonn
12. Jan 2024Ruhig war es geworden um Erik Schmitz. Nach dem plötzlichen Aus des „rays“, ... Weiterlesen
La Société, Köln
7. Jan 2024Unser letzter Besuch im „La Société“ liegt tatsächlich schon wieder über ein Jahr ... Weiterlesen
Gasthaus Waltz, München
19. Nov 2023Wer kennt es nicht? Nach mehreren Abenden mit umfangreichen Menüfolgen und zweifellos beeindruckenden, ... Weiterlesen
Komu, München
18. Nov 2023In kaum einer Stadt in Deutschland ist kulinarisch im Moment so viel Bewegung ... Weiterlesen
Dein Kommentar