
Esplanade, Saarbrücken
Am 7. Dezember 2024 in Deutschland | 1347 Aufrufe
Jubiläumsfeiern, 2. Teil – für unseren 40. Jahrestag gönnten wir uns noch einen weiteren Besuch in einem von uns geschätzten Restaurant. Und da wir eh schon im Saarland waren, war das „Esplanade“ in Saarbrücken dafür die richtige Wahl. Mittlerweile hat man das schmucke Haus zu einem feinen Boutique-Hotel erweitert, ist damit auch gleich mal Mitglied bei „Relais & Châteaux“ geworden und hat noch ein zweites Restaurant im Haus, das „Le Petit Cinq“, eröffnet, um den Hotelgästen auch an den Ruhetagen des Gourmetrestaurants Verpflegung anbieten zu können. Das passende Domizil also für den Anlass und in der Tat genießen wir den Aufenthalt in dem mit geschmackvoller, unaufdringlicher Eleganz gestalteten Zimmer.
Im Restaurant hat sich nicht viel geändert, wenn man von der abrupten Trennung des langjährigen Maîtres und Sommeliers Jérôme Pourchère absieht. An seine Stelle ist dessen bisherige rechte Hand Jérôme Kauffmann gerückt, der den Job ausgesprochen souverän ausfüllt und uns mit seinen Weinempfehlungen viel Spaß macht.
Silio Del Fabro bietet weiterhin neben dem Menü in fünf, sechs oder acht Gängen auch eine beeindruckende Anzahl an À la Carte-Gerichten an. Dass darüber hinaus auch ein wöchentlich angebotener Mittagstisch offenbar regen Zuspruch findet, kann nur mit der Nähe zu Frankreich erklärbar sein. Derlei Genussfreude ist ansonsten in Deutschland eher untypisch.
Unser Menü beginnt mit fünf Kleinigkeiten. Den Auftakt macht ein aromatisches, fein abgestimmtes Ragout von Bouchot-Muscheln.

Eine Linsentartelette mit Kalbstatar und einem Schaum von Sauce Béarnaise präsentiert sich elegant, während ein Knusperröllchen mit Blutwurst und Schalotten naturgemäß deutlich deftiger ausfällt.
Ein Cornet mit Mousse von Kaninchenleber und Haselnuss ist fein gearbeitet, zeigt die Leber aber eher zurückhaltend. Die kalte Tomatenessenz mit Basilikumöl im Reagenzglas ist von prägnantem Eigengeschmack und rundet das vielfältige Potpourri von Apéros gekonnt ab.
Mit zweierlei Brot und gleich drei verschiedenen Buttervariationen (gesalzen, Senf mit Petersilienöl, Tomate mit gegrillter Paprika) sowie Olivenöl geht es genauso aufwändig weiter. Angesichts des noch vor uns liegenden Programms würde ich mich hier eigentlich zurückhalten, aber ich bin zu neugierig auf die gewürzten Buttersorten und werde nicht enttäuscht. Beide gefallen mir ausgesprochen gut.

Aber bevor es mit dem eigentlichen Menü beginnt, schickt Silio Del Fabro noch ein Amuse Bouche und das punktet mit großer Originalität. Unter einer Schicht von Sojasaucenkaviar findet sich ein Tatar von der Lachsforelle sowie eine Mousse von Vichyssoise, dazu noch Pommes Soufflées. Auf dem dazu servierten Löffel findet sich noch etwas Limonenöl, das man selbst darüber träufelt. Eine tolle Kombination mit feiner, prägnanter Salzigkeit.

Auch jetzt lässt man uns noch nicht ins Menü starten, denn die Küche gönnt uns aus dem À la Carte-Angebot noch die Terrine von der ungestopften Entenleber. Mit Madeiragelee, Pistazien und Haselnüssen ist das allerfeinste Klassik. Ein Entenlebereis und Trockenfrüchtechutney sind soweit noch traditionelle Beilagen, aber die Ochsenschwanzvinaigrette mutet indes doch riskant an. Wie möglicherweise zu erwarten, fällt die aber gar nicht zu deftig, sondern erstaunlich elegant aus und fügt sich damit perfekt in das ausgesprochen fein gearbeitete Gericht.
Aber nun beginnt das offizielle Menü mit einer Kuppel aus dünn gehobelten Apfelscheiben, unter denen sich ein mit Mousse gebundenes Tatar von Jakobsmuscheln befindet. Geltupfen von Zitrone und Apfel sind reihum gesetzt, obenauf ein Eis von Cidre und abgerundet wird alles von einer eher zurückhaltenden Krustentiervinaigrette. Eine wunderbar kühle Frische zieht sich durch alle Komponenten, ohne dass hier eine dominiert. Statt dessen fügt sich hier alles sehr harmonisch in dem bildschönen Ensemble zusammen.

Weiter geht es mit einem gegrillten Carabinero von sehr schöner Qualität mit Chicoree in einer Orangen-Passionsfruchtsauce. Die sehr feinen Bitternoten stehen dem Krustentier gut. Dagegen hätte der Zitronengrasschaum durchaus pointierter sein können. Insgesamt ergibt sich aber dennoch ein erneut elegantes und ausgewogenes Gericht.

Womit man mich immer kriegen kann, ist eine gute Consommé, denn die braucht Zeit, viel Zeit und jede Menge Aufwand. Alle eigenen Versuche zu Hause sind nie auch nur ansatzweise an das Ergebnis gekommen, das wir in hervorragenden Restaurants erleben durften. Umso mehr freue ich mich über die Ochsenschwanzconsommé, die es zu Tortellini gibt, die mit Ochsenschwanz und Kalbsstelze gefüllt sind. Die Consommé selbst ist zwar nicht so hochkonzentriert, dass sie an den Lippen kleben bleibt, aber sie ist sehr aromatisch und passt damit perfekt zu der kräftigen Pastafüllung, die mit der Auflage aus kleinen Trüffelsegmenten auch noch einen zusätzlichen Umami-Boost bekommt.

Im Fischgang präsentiert Silio Del Fabro ein Kotelett von Seezunge auf einem Sockel von Roter Bete und Segmenten davon, die mit Petersilienöl gefüllt sind. Der Kaluga Kaviar dazu ist relativ mild, liefert aber die entscheidenden salzigen Akzente, so wie die Dashi Beurre Blanc eine dezente Säure liefert. Erneut ist dies ein eher leiser, aber sehr vornehmer Gang.

Für den Fleischgang trennen sich am Tisch die Wege. Mein Mann entscheidet sich für das selbstverständlich auf den Punkt gegarte Kalbsfilet im Kräutermantel. Darauf ein knusprig ausgebackenes Stück Kalbsbries mit Trüffel, dazu Topinambur in Texturen. Aber der Star auf dem Teller ist für mich fast die Trüffeljus in ihrer konzentrierten, hocharomatischen Art.

Mir fiel die Wahl nicht schwer, denn wenn es Taube gibt, bin ich der Erste, der „hier“ ruft. Und wenn sie dann noch als Crépinette gearbeitet ist, sowieso. Und diese hier, mit Petersilienfarce, Gänseleber und Trüffel gefüllt, ist handwerklich so meisterhaft gemacht, dass es mir eine wahre Freude ist. Da geraten das feine Spitzkohlröllchen mit Pomme Soufflé sowie die elegante, sehr konzentrierte Nussbutterjus fast in den Hintergrund. Das ist klassisch, perfekt ausgeführt, aromatisch dunkel und tiefgründig – und einfach klasse.

Obwohl zu diesem Zeitpunkt der Sättigungsgrad schon mehr als fortgeschritten ist, lassen wir die zwar nicht überbordende, aber sehr ordentliche und vor allem gut gereifte Käseauswahl nicht aus. Natürlich gäbe es noch Brot, das wir aber gleich auslassen. Und auch bei Nüssen und Trauben halten wir uns mehr als zurück.

Nicht auslassen sollte man auf alle Fälle das erste Dessert mit zweierlei vom Champagner. Nicht ohne Grund ist dies seit Beginn an ein Klassiker, an dem auch, soweit ich mich erinnern kann, bis auf das nun weggelassene Blattgold nichts verändert wurde. Ein Schaum sowie ein wunderbares Cremeeis setzen den Champagner perfekt in Szene. Yuzugel und Krokant liefern Crunch und etwas Säure als Gegenpol. Kann man nicht besser machen und sollte bitte unbedingt auch weiter auf der Karte bleiben.

Deutlich aufwändiger wird es mit dem Hauptdessert, in dem Schokolade und Orange durchdekliniert werden. Die Schokolade als Mousse, Knusperboden und als Luftschokolade, Orange als Gel, Blutorange als Eis, Kumquat auch als Sphäre sowie ein Orangen-Kardamomsud. Die Fruchtkomponenten liefern eine fein ausbalancierte Säure als Gegenpol zur Schokolade, die zwar füllig, aber nicht massig daherkommt. Eine sehr stimmige, beeindruckende Komposition.

Spätestens an dieser Stelle streichen wir dann aber doch die Segel und lassen die zahlreichen Friandises, bis auf die Opéra-Schnitte, gar nicht erst auftragen, sondern für den nächsten Tag einpacken. Da bereiten sie uns deutlich mehr Freude, als es nach diesem umfangreichen Menü der Fall gewesen wäre.

Unser letzter Besuch liegt nun doch schon wieder über vier Jahre zurück. Den zweiten Stern, der 2021 kam, sahen wir bereits damals. Und auch heute war dies eine makellose Leistung, die die Auszeichnung mehr als rechtfertigt. Silio Del Fabros Gerichte changieren zwischen ausladender, opulenter Klassik und kluger, eleganter Reduktion. Das ist so traditionell wie gleichzeitig modern. Handwerklich ist das allemal beeindruckend.
Dass mich ausgerechnet an diesem Wochenende, an dem wir zwei der besten Restaurants des Landes besuchen, eine fiese Erkältung heimsucht, die an diesem Samstag ihren Höhepunkt erreicht, hätte ich mir auch anders gewünscht. Glücklicherweise ist in erster Linie nur der Geruchssinn betroffen. Mir wäre viel entgangen, hätte es auch den Geschmack getroffen.
Details
Restaurant: | Esplanade |
Adresse: | Nauwieserstraße 5, 66111 Saarbrücken |
Öffnungszeiten: | Mittwoch - Samstag: ab 12.00 Uhr und ab 18.30 Uhr Sonntag - Dienstag: Ruhetag |
Website: | www.esplanade-sb.de/restaurant-saarbruecken/ |
Schlagworte
Esplanade, Jana Kiefer, Jérôme Kauffmann, kreativ, moderne Klassik, Saarbrücken, Silio Del Fabro
Verwandte Artikel
Bootshaus, Bingen
13. Feb. 2025Ein dringender Tipp vorab für alle, die einen Besuch im „Bootshaus“ in Bingen ... Weiterlesen
Atable, Freinsheim
12. Feb. 2025Die Pfalz ist für uns immer eine Reise wert. Für Weinkauf sowieso und ... Weiterlesen
irori, Knittelsheim
10. Feb. 2025Manchmal ist der Weg das Ziel, auch wenn es dafür einige Umwege braucht. ... Weiterlesen
Waldhotel Sonnora, Dreis
24. Jan. 2025Zu den Vorzügen, nicht mehr arbeiten zu müssen, gehört es, dass man auch ... Weiterlesen
Pottkind, Köln
15. Jan. 2025In einer Stadt zu wohnen, die mehr als reich mit guten und sehr ... Weiterlesen
maiBeck, Köln
7. Jan. 2025Wenn ein Konzept mit anspruchsvoller, aber leicht zugänglicher Küche in der Kölner Altstadt ... Weiterlesen
Dein Kommentar