L.A. Jordan, Deidesheim
Am 17. Juni 2022 in Deutschland | 2646 Aufrufe | 1 Kommentar
Wir haben offensichtlich Glück. Denn bisher haben wir bei jedem unserer Besuche im „L.A. Jordan“ das Glück, gutes Wetter zu erwischen. Wie beim letzten Mal kommen wir also in den Genuss, bei hochsommerlichen Temperaturen erneut auf der geschmackvollen Terrasse Platz nehmen zu können. Selbst die ausgelassene Polterabendgesellschaft, die im ebenfalls zum „Ketschauer Hof“ gehörenden Festsaal feiert, stört nicht wirklich.
So freuen wir uns auf das Menü, das Daniel Schimkowitsch, mittlerweile seit 2014 für die Küche verantwortlich, vorbereitet hat. Immerhin schafften es gleich zwei Gerichte des letzten Besuchs in meine persönliche Jahresbestenliste.
Diesmal starten wir zum Aperitif mit einer Tartelette mit Saiblingscreme und -kaviar. Das ist erstaunlich markant, salzig und mit feiner Zitrusnote.
Das Cornet mit Lammtatar und Salzzitrone fällt dagegen zwar etwas milder, aber dennoch auch prägnant aus. Beides sehr schön.
Die knusprig gebackene Krokette vom Blue Fin Thunfisch, getoppt von Katsuoboshi-Flocken, überrascht mit einem nahezu fleischigen Charakter und ist erneut kräftig gewürzt.
Der abschließende Gruß wird als Gazpacho mit gegrillter Erbse, Olive und Burrataeis angekündigt. Natürlich ist dies keine klassische Gazpacho, aber der Erbsengeschmack ist wunderbar herausgearbeitet und das Eis ist, nicht nur angesichts der Außentemperaturen, kühl und passend.
Der erste offizielle Gang des Menüs ist Hamachi in ausgezeichneter Qualität mit Ponzu und japanischer Aubergine. Das fällt recht mild aus, fast schon verhalten und lässt definitiv noch Luft nach oben für aromatische Steigerungen.
Weiter geht es mit einem klassischen Wohlfühlakkord, den Daniel Schimkowitsch aber durch die Wahl der Zutaten dennoch auf die Spitze treibt. Eigelb, Blumenkohl und Kaviar funktionieren zusammen per se sowieso gut, aber wenn man sich zum buttrig confierten Eigelb für den Almas-Kaviar von N25 entscheidet, eine der seltensten Sorten überhaupt, die mit eher elegant nussigem Charakter und überhaupt nicht vordergründig salzig im absoluten High End-Bereich spielt, dann macht das schon viel Spaß. Vor allem, wenn durch Colatura di Alici, eine fermentierte Würzsauce auf Basis von Anchovis, noch eine gehörige Portion Umami mit ins Spiel kommt. Füllig, elegant und sehr gut.
Wie bei unserem letzten Besuch befinden wir uns in der Spargelzeit. Seinerzeit setzte die Küche zum grünen Spargel mit einer hinreißenden Ingwer Beurre Blanc für mich einen absolut denkwürdigen Glanzpunkt. Diesmal gibt es weißen Spargel, der mit Orangensauce sowie Misokaramell und -sauce sowie gerösteten Mandeln kombiniert wird. Das ist sehr stimmig, ziemlich reduziert, aber dennoch sehr komplex und von ausgesprochenem Wohlgeschmack.
Daniel Schimkowitsch ist schon lange als ausgesprochener Qualitätsfetischist bekannt, der in seinem Anspruch, die besten Produkte zu bekommen, keine Kompromisse eingeht. Auch der Kaisergranat aus Norwegen macht da keine Ausnahme. Das prächtige Tier ist mit Honig glasiert und bekommt mit mildem Karottenpüree und einer schon für sich genommen ausgezeichnet markanten Sauce mit Galgant und Sakeessig zu Recht nur wenig Mitspieler und darf im wahrsten Sinne des Wortes glänzen.
À part gibt es eine hochkonzentrierte Bisque mit prägnanter Schärfe. Beides ist einfach nur toll.
Von nicht weniger großartiger Qualität ist der Kabeljau, den Schimkowitsch mit Meereskopfsalat in Wagyu-Schmalz und einer milden, aber charaktervollen Dashi kombiniert. Erneut ein reduzierter Gang, der die Hauptzutat ganz in den Vordergrund stellt.
Auch dem fabelhaften Steinbutt stiehlt nichts die Schau. Blattspinat und eine sich im Hintergrund haltende Pinienkernvinaigrette fügen sich harmonisch ein. Auch der australische Wintertrüffel setzt zwar deutliche Akzente, überdeckt den Fisch aber nicht. Ein sehr pointierter Gang, ohne großes Getue. Klassisch und sehr gut.
Vom Pfälzer Weingut Odinstal, von dem auch bereits der Honig stammt, mit dem die Langoustine glasiert wurde, stammt auch das Fleisch im folgenden Gang. Das Weingut hält auch einige Charolais-Rinder nach streng biologischen Standards, von denen man sich im „L.A. Jordan“ ein Tier sichert. Das Fleisch ist dünn geschnitten und bedeckt eine gegrillte Gamba Rosso und confierte Amela-Tomate. Letztere, so finde ich im Nachhinein heraus, zählt offenbar mit Kilopreisen ab 40 Euro zur absoluten Highend-Klasse. Und in der Tat kann bereits die feine Scheibe mit intensivem Geschmack überzeugen. Etwas, natürlich echter, frischer Wasabi liefert eine dezente Schärfe zu dem kräftigen Geschmack des Suds. Eine durchaus spannende und sehr gute Kombination. Wenn es an diesem Gericht etwas auszusetzen gäbe, dann höchstens an der, wie man heute so schön sagt, Eatability. Denn es werden Stäbchen dazu gereicht, mit denen es schwer ist, alles auf einmal zu erwischen und den vollen Geschmacksakkord zu erfassen.
Die trocken gereifte Ente, die den herzhaften Teil des Menüs beschließt, stammt vom Hofgut Polting. Schimkowitsch setzt sie mit einer Beurre Rouge, Shiso-Blatt und japanischem Ingwer in einen dezent japanischen Kontext. Als frisches Element setzt Gurke etwas unerwartete, aber passende Akzente. Im Kern ist das durchaus sehr klassisch und ausgezeichnet.
Das erste Dessert gestaltet sich frisch und füllig gleichermaßen. Letzteres kommt von einer Panna Cotta aus weißer Schokolade, Frische vom Joghurteis. Aber der eigentliche Star sind die sensationellen Walderdbeeren aus Malaga. Hatten wir einige Tage zuvor im Kopenhagener „Jordnaer“ bereits Mara de Bois-Erdbeeren von exzeptioneller Qualität, raubt der Geschmack dieser spanischen Exemplare mir schier den Atem. Ein erneutes Beispiel für den kompromisslosen Produktfetisch in diesem Haus.
Ungewöhnlich geht das Menü zu Ende mit einer Schokoladen- und Tamarindenmousse, Sojakaramellsauce, wunderbar schmelzigem Haselnusseis und Kaviar, der für eine ganz feine Salzigkeit sorgt. Überraschend und absolut überzeugend.
Auch bei den Petits Fours lässt das Niveau nicht nach. Sowohl Opéra-Schnitte, Macaron mit Sanddorn- und Himbeerfüllung, Pralinen mit Schokolade und Miso sowie mit Grüntee als auch der Windbeutel mit Dulce de Leche sind makellos gearbeitet und durch die Bank köstlich.
Es gibt vermutlich nicht viele Köche in Deutschland, die so besessen den besten verfügbaren Produkten hinterher jagen. Die Qualitäten, vor allem bei Fisch und Krustentieren sind so herausragend, dass man sie sich besser kaum vorstellen kann. Auch bei Kaviar und Gemüse gibt sich Daniel Schimkowitsch nur mit dem absolut besten Verfügbaren zufrieden. Japanische Einflüsse sind zwar erkennbar, aber sie werden nur punktuell eingesetzt. Im Mittelpunkt steht hier grundsätzlich das Hauptprodukt und bei einigen Gängen, wie zum Beispiel dem Kabeljau, der Langoustine oder dem Spargel ist es bemerkenswert, wie puristisch diese inszeniert werden. Bei aller Reduktion bleibt die geschmackliche Komplexität aber nie auf der Strecke.
Das „L.A. Jordan“ wird seit Jahren von vielen als Kandidat für den zweiten Stern gehandelt. Während sowohl der Gault Millau (4 Hauben +) als auch der Gusto (9 Pfannen) das Restaurant nach meiner Meinung korrekt einstufen, hinkt der Michelin hier für mich tatsächlich hinterher. Aber Daniel Schimkowitsch sollte es nicht stören. Er verfeinert seinen Stil nach meinem Eindruck kontinuierlich, das Restaurant ist gut besucht und den Gästen gefällt’s.
So geht ein erneut exzellentes Menü zu Ende, zu dessen Vergnügen auch der aufgeräumte und herzliche Service beigetragen haben. Stefan Nitzsche als Sommelier führt einen zielsicher durch die umfangreiche Weinkarte, die natürlich jahrgangstief das Beste aus den hauseigenen Weingütern, aber auch weit darüber hinaus bietet.
Spät ist es geworden. Die letzten Gäste sind bereits gegangen. Und nun stellt sich der Service vor allem eine Frage: Wo bleibt Klaus? Wir hatten den hauseigenen Shuttle vorbestellt, aber der bekam noch eine Tour nach Mannheim, von der er irgendwie einfach nicht zurück kam. Während wir warten, gesellt sich Daniel Schimkowitsch zu uns und so überbrücken wir die Zeit plaudernd. Allen ist das ungeheuer peinlich und während wir auf das dann bestellte reguläre Taxi warten, taucht Klaus doch noch auf und bringt uns in unser Hotel nach Neustadt. Beim nächsten Mal nehmen wir dann aber doch wieder gleich ein Zimmer im Haus. Dann stellt sich höchstens noch die Frage: Wo geht’s zur Bar?
Details
Restaurant: | L.A. Jordan |
Adresse: | Ketschauerhofstraße 1, 67146 Deidesheim |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag: 18.30 - 22.00 Uhr Sonntag + Montag: Ruhetag |
Website: | www.ketschauer-hof.com/restaurants/la-jordan/ |
Schlagworte
Daniel Schimkowitsch, Deidesheim, japanisch, kreativ, L.A.Jordan, Michelin, Pfalz
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Ich habe in Gedanken mit genossen! Und fest gestellt, ich war schon zu lange nicht mehr in der Pfalz! Toller Bericht über ein sehr ansprechendes Menü!