Les Haras Brasserie, Strasbourg
Am 7. Februar 2020 in Frankreich | 3655 Aufrufe | 1 Kommentar
Brasserien sind in Frankreich eine Institution, verkörpern sie doch die Sehnsucht nach dem, was die kulinarische Tradition der Grande Nation ausmacht. Schmorgerichte, Innereien, das was bei uns als gutbürgerliche Küche beschrieben wird – all das findet man dort. Sei es für den schnellen Lunch oder das gesellige Abendessen. Brasserien sind eng und laut, also selten der Platz für ein romantisches Tête-à-tête oder eben doch, wenn man genügsam ist. In jedem Fall spiegelt sich hier die Gesellschaft wie kaum sonst irgendwo.
Und obwohl diese Institutionen sowieso fest verankert scheinen im gastronomischen Kosmos unserer französischen Nachbarn, scheinen sie eine zusätzliche Renaissance zu erleben. Zumindest wenn man betrachtet, dass auch hoch- und höchstdekorierte Chefs Dependancen eröffnen und dabei nicht auf Haute Cuisine setzen, sondern auf Croque Monsieur, Zwiebelsuppe, Steak haché oder Blanquette de Veau. Gilles Goujon, Eric Frechon, Jean-Francois Piège, Alain Ducasse – sie alle und viele mehr sind mittlerweile in Paris präsent mit Brasserien, die solide Klassiker versprechen.
Nicht in Paris, aber in Strasbourg hat sich ein anderer großer Name eben diesem Konzept verschrieben. Marc Haeberlin, Chef der legendären „Auberge de l’Ill“, der vor einem Jahr medienwirksam der dritte Stern aberkannt wurde, ist der Patron der Brasserie „Les Haras“ im ehemaligen staatlichen Pferdegestüt, das mittlerweile ein Designhotel beherbergt.
Das Restaurant selbst ist nicht minder aufwändig gestaltet mit offener Küche, in der François Baur das Sagen hat, und einer spektakulären Treppenkonstruktion.
Im „Les Haras“ gibt es ein Mittagsmenü in 2 oder 3 Gängen (25,– / 31,–€) mit Wahlmöglichkeiten bei den Vorspeisen und Hauptgerichten. Wie wir bei unserem Besuch feststellen können, entscheiden sich die meisten Gäste im vollbesetzten Restaurant an diesem Tag dafür. Beim Apéritif, zu dem frisch gebackene Laugenbretzeln serviert werden, studieren wir die Karte und entscheiden uns für eine à la Carte-Auswahl.
Eine Spezialität in der „Auberge de l’Ill“ ist die Gänseleberterrine. Da wir bisher nicht dort gegessen haben, kann ich zu den dortigen Klassikern nichts sagen. Hier ist die Terrine von der Ente, aber soweit ich das beurteilen kann, eine der besten, an die ich mich erinnern kann. Sie ist von homogener Konsistenz, zart und schmelzend, einfach traumhaft. Schön, dass ich wenigstens davon probieren darf.
Aber ich will mich alles andere als beschweren, denn meine Wahl fällt auf die Pastete aus vier Fleischsorten mit Foie Gras. Und die Pâté ist von allererster Güte mit dicken Fleischstücken, eingearbeiteter Stopfleber und kräftigem Eigengeschmack. Auch der Salat dazu ist mit Feldsalat, Frisée, Kopfsalat und Spinat sorgfältig zusammengestellt und einem ausgezeichneten Dressing angemacht. Etwas Selleriesalat rundet dieses hervorragende Gericht ab, das bestes Handwerk demonstriert.
Im Hauptgang entscheidet sich mein Mann für die gebratenen Jakobsmuscheln auf Kartoffelpüree und mit einer kräftigen Kalbsjus, in der die annoncierten Algen nicht herauszuschmecken sind.
Begleitet werden die Muscheln von Zuckerschoten und Pilzen. Das ist ordentlich zubereitet, aber auch nicht mehr. Solide Bistroküche halt.
Meine Neugier fällt auf die „Fish & Chips“ auf Elsässer Art, was in diesem Fall panierte Karpfenstücke bezeichnet. Die üppige Menge kann allerdings nicht recht überzeugen, denn die Panade ist ziemlich bröselig und der Fisch einigermaßen trocken. Da braucht es schon die gute Sauce Tartar mit Kapern. Die Fritten sind handgeschnitzt und gut frittiert, aber salzarm. Den Salat kenne ich schon von der Vorspeise. Der ist wieder tadellos. Aber noch einmal müsste ich mir das jetzt nicht bestellen.
Bei den Desserts gibt es hingegen nichts zu meckern. Das“Fraîcheur glacée“ ist eine leichte Erfrischung mit einem Zitronensorbet auf einem Baiserboden. In das Sorbet ist ein Karamellkern gearbeitet. Dazu gibt es exotische Früchte und karamellisierte Pekannüsse für den Crunch.
Ich bestelle mir das Dessert aus dem Tagesmenü, das eine von Schokolade ummantelte Schnitte aus Pralinen- und Zitronenmousse auf Biskuit enthält sowie ein Schokoladeneis. Das ist feinstes Patisserie-Handwerk und mit 8 Euro geradezu lächerlich günstig bepreist.
Gut gesättigt und zufrieden verlassen wir das Restaurant. Auch wenn die Hauptgerichte nicht vollends überzeugen konnten, würden wir jederzeit wiederkommen. Das täglich wechselnde Mittagsmenü verspricht ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Service ist tadellos, das Ambiente einzigartig. Das Hotel bietet einen kostenlosen Parkservice und freundlicherweise dürfen wir den Wagen sowohl bereits etwas früher und auch noch im Anschluss dort belassen, worüber wir sehr dankbar sind.
Wie viel Haeberlin in der Küche des „Les Haras“ steckt, können wir nicht sagen, aber wir werden die „Auberge de l’Ill“ jetzt mal langsam auf unsere To Do-Liste setzen. Danach können wir es vielleicht besser beurteilen. Bis dahin bekommt das „Les Haras“ aber auch so unsere Empfehlung.
Details
Restaurant: | Les Haras Brasserie |
Adresse: | 23 Rue des Glacières, 67000 Strasbourg |
Öffnungszeiten: | Täglich geöffnet 12.00 - 14.00 Uhr und 19.00 - 22.00 Uhr Kein Ruhetag |
Website: | www.les-haras-brasserie.com/ |
Schlagworte
Bistronomie, Brasserie, Francois Baur, klassisch, Les Haras, Marc Haeberlin, Strasbourg
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Sehr fein, schön, zu diesen Zeiten davon zu lesen!