Oxalis, Schluchsee (geschlossen)

Wer die Mittel und Möglichkeiten hat, muss die Gelegenheit beim Schopf fassen. Marius Tröndle, gerade mal 28 Jahre alt, ausgebildeter Koch und Hotelfachmann und mit familiärer Bauunternehmung im Rücken, hat genau das gemacht, als er sich einer historischen Getreidemühle aus dem 17. Jahrhundert angenommen hatte und daraus am Schluchsee im Schwarzwald ein schmuckes Boutiquehotel machte. Vom Hotel aus ist der See zwar nicht zu sehen, aber auch die Terrasse, der weitläufige Garten oder die geschmackvollen Räume im Landhausstil verordnen quasi Spontanerholung.

Außenansicht
Außenansicht

Das junge Team um Marius Tröndle tut sein Übriges dazu, dass der Gast sich sofort willkommen und wohl fühlt. Wer hier nicht auf maximalen Entschleunigungsmodus schaltet, ist selbst schuld.

So ein Ort ist geradezu prädestiniert für eine außergewöhnliche Kulinarik und diesen Part übernehmen Maximilian Goldberg, zuletzt an der Seite von Benjamin Peifer im „Intense“ in Kallstadt tätig und Kerstin Bauer, die zuletzt die Position der stellvertretenden Restaurantleiterin und Sommelière im zweifach besternten „Opus V“ in Mannheim inne hatte.

Im „Oxalis“, benannt also nach dem Sauerklee, bringt Max Goldberg seine Erfahrungen japanischer Küche und Zubereitungsarten ein und kombiniert sie mit regionalen Produkten.

Das Ambiente ist mit hellem Holz und grauem Stoff puristisch, aber edel und bequem gestaltet.   

Im unserer, fast wie ein Séparée wirkenden, Ecke werden uns als erster Snack köstliche Kartoffelchips serviert, die mit einer Tapiokamasse erstellt wurden und nur kurz frittiert wurden. Dazu gibt es eine Creme auf Kartoffelbasis und Paprika, die den sehr würzigen Charakter unterstreicht. So lecker, wie halt solche Knabberartikel sind, bei denen man eigentlich kaum aufhören mag, zu essen.

Snack
Snack

Den eigentlichen Ton für das folgende Menü setzt bereits das Amuse Bouche, in dem ein Chawanmushi aus Schwarzwälder Speck und eine Vinaigrette auf Basis der Schalen von bayerischer blauer Garnele den ungemein weichen, mundfüllenden und auf angenehme Weise üppigen Rahmen für roten Rettichsalat und Knusperperlen geben. Sehr gut!

Sakizuke - Amuse Bouche
Sakizuke - Amuse Bouche

Im Folgenden finden sich in den Gängen immer Hauptzutaten, die man relativ lokal bezieht und daher auch deren Produzenten kennt. Deshalb finden sich auch ihre Vornamen in den jeweiligen Menübeschreibungen.

Den Auftakt macht Lukas‘ Rind, das als Tatar aus dem Roastbeef geschnitten wird. Eingearbeitet ist aber auch 48 Stunden geschmorte Schulter, was automatisch eine zusätzliche Tiefe gibt. Mit einer Dashi aus getrocknetem Saibling und Buttermilch, Sobanudeln in Sesamöl und Fenchelsalat ergibt sich aber ohnehin ein sehr vielschichtiges, sehr Umami-lastiger Geschmacksakkord. Recht schnell vermischt sich alles, so dass im Mund ein üppiger Geschmack vorherrscht, bei dem immer die ein oder andere Zutat hervorblitzt. Ein ganz toller Start!

Lukas' Rind, Fenchel & Brokkoli
Lukas' Rind, Fenchel & Brokkoli

Mit Saibling aus Bayern geht es weiter. Der Fish ist mit Shio Koji gebeizt, Gurkensalat und Koshihkari-Reis, Ponzusud sowie ein Chip ebenfalls aus Koshihikari komplettieren dieses süffige Ensemble, das ähnliche Attribute zeigt wie die Vorspeise. In der Schublade im Tisch befindet sich übrigens das Besteck, das vor allem aus Gabeln und Löffeln besteht. Und mehr braucht es nicht, denn die Gerichte sind darauf ausgelegt, unkompliziert und ohne Anweisung ausgelöffelt zu werden. Süffig ist das wirklich passendste Attribut, das hierauf passt. Lecker ist es sowieso.

Nikkis Saibling, Gurke & Ponzu
Nikkis Saibling, Gurke & Ponzu

Alle Gänge werden von den Köchen serviert und sie liefern auch eine Menge an Informationen über die Zubereitungen, die man sich kaum merken kann, die aber deutlich machen, dass man sich hier viel Gedanken und Aufwand macht, um ein komplexes Geschmacksbild zu erzeugen.

Das trifft auch auf den nächsten Gang zu. Die Tomaten stammen aus der Pfalz von Martin, der Tomatensud dazu wurde zwei Monate vakuumiert gegart. Auch die Artischocke kommt aus der Pfalz, sie wird leicht geräuchert, der Kopfsalat wird auf Binchotan gegrillt und liefert eine sehr interessante Note, Ziegenkäse stammt vom Einsiedlerhof in der Nähe, dazu gibt es noch eine Creme von fermentierten Schalotten. All das ergibt eine schöne sommerliche Kombi, die – Überraschung – sehr süffig ist.

Martins Tomate, Artischocke & Kopfsalat
Martins Tomate, Artischocke & Kopfsalat

An dieser Stelle verlassen wir den japanischen Einschlag und finden uns vollständig im Schwarzwald wieder. Denn nun wird eine Vesper eingeschoben, die zum ersten Mal selbstgebackenes Sauerteigbrot liefert und dazu Schinken, Nussbutter und aufgeschlagenes Schmalz vom Mangalitzaschwein mit Röstzwiebeln serviert. Dazu gibt es eingelegte Essiggurken und Radieschen vom Vorjahr. Das ist rustikal, regional und gut, aber eben auch überraschend, wenngleich derlei Brotzeiten als eigenständiger Gang mittlerweile so ungewöhnlich nicht mehr sind. Bei Andreas Döllerer oder Andreas Caminada werden im Menü auch solche deftigen Intermezzi serviert.

Das schmälert die gute Qualität aber natürlich nicht.

Schwarzwälder Vesper
Schwarzwälder Vesper

Der Protagonist des Hauptgangs wurde vom Hotelchef persönlich erlegt. Der Rehrücken ist perfekt gegart, die Jus naturelle dazu wurde aus den 36 Stunden gerösteten Knochen gezogen und mit natürlichem Collagen gebunden. Kohlrabi hat Goldberg auf zweierlei Art verarbeitet: zum einen als sehr samtiges Püree und als Ravioli, die mit Kombucha-Creme gefüllt ist. Separat die sehr würzige glasierte Rehleber und Kohlrabipüree.

Die Garpunkte sind bei beiden Komponenten exzellent getroffen und obwohl uns Rehrücken im Laufe eines Jahres sehr oft begegnet und sich da mitunter eine gewisse Ermüdung einstellt, ist dies einer der eindeutig besseren Rehgänge.

Marius' Reh, Kohlrabi & Kombucha
Marius' Reh, Kohlrabi & Kombucha

Das erste Dessert stellt vor allem ein ganz ausgezeichnetes Sauerampfereis in den Mittelpunkt. Holunderblütencreme, ganz dezent mit Lavendel eingekochte Beeren und Butterstreusel komplettieren dieses unkomplizierte und leckere Vergnügen.

Urs' Beeren, Lavendel & Sauerampfer
Urs' Beeren, Lavendel & Sauerampfer

Sehr elegant präsentiert sich das eigentliche Hauptdessert mit Rhababereis und -creme. Am Boden eine süße Milchcreme, Biskuit und Schaum aus Meyer- und Yuzu-Zitrone mit Sake sowie ein asiatisches Pfefferblatt ergeben eine frische und abwechslungsreiche Komposition, die einfach Spaß macht und lecker ist.

Lottes Rhabarber, Buchweizen & Sake
Lottes Rhabarber, Buchweizen & Sake

Anstelle klassischer Petits Fours gibt es im „Oxalis“ noch ein Post-Dessert, das vielleicht am ungewöhnlichsten klingt. Gegrillte Aubergine, Kompott aus Johannisbeeren, ein Eis aus dem Johannisbeerstrauch sowie ein Öl aus Basilikum und Cantaloupe ergeben eine spannende Kombination. Das Eis bringt dabei eine herbe Note ins Spiel, ist aber sahnig genug, um das ausreichend zu kompensieren und die Balance des Gerichts nicht zu zerstören. Ein guter und erneut komplexer Abschluss.

Insignie des Süßen
Insignie des Süßen

Vieles an Maximilian Goldbergs Küche erinnert uns zwangsläufig an das „Intense“, was nichts Schlechtes ist, denn schließlich haben beide gemeinsam Japan besucht und dort sicher ihre Liebe zu den Qualitäten und Techniken weiterentwickelt. Goldberg entwickelt für sich daraus einen Stil, der auf unmittelbaren Genuss ausgelegt ist. In seine Gerichte muss man nicht viel hinein interpretieren. Sie entwickeln eine sehr direkte Wirkung durch viel Umami und eine sehr kompakte Anrichteweise, die schnell einen vollen Geschmacksakkord ermöglicht.

Wenn diese Küchenleistung nicht sehr bald mit einem Stern ausgezeichnet würde, wäre irgend etwas sehr verkehrt.

Nur im „Oxalis“ zu essen, kann man zwar machen, aber dann würde einem neben einem sehr angenehmen Schlaferlebnis vor allem ein sehr liebevolles und vorzügliches Frühstück entgehen. Aus dem „Spielweg“ wurde uns die dringende Empfehlung mitgegeben, unbedingt die Eier Benedict zu essen. Gesagt, getan und für gut befunden.

So geht ein rundum schöner Urlaubstag zuende und ganz entschleunigt begeben wir uns auf den langen Weg zurück nach Hause. Aber wir kommen wieder. 

Details

Restaurant: Oxalis
Adresse: Unterer Mühlenweg 13, 79859 Schluchsee
Öffnungszeiten: Donnerstag - Montag: ab 18.30 Uhr
Dienstag + Mittwoch: Ruhetag
Website: www.muehle-schluchsee.de/restaurant-oxalis/

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