Racine, Reims

Vor gut zwei Jahren haben wir hier schon mal gegessen. Damals hieß das Restaurant „Eveil des Sens“ und bot eine gute Küche zu fast schon erschreckend kleinem Preis. Der Gault Millau bewertete das Lokal immerhin mit einer Haube und so stand es auch dieses Jahr wieder auf unserer Liste. Indes: keine Homepage mehr und auch sonst kein Hinweis mehr auf das Restaurant.
Als Alternative entscheiden wir uns für das „Racine“, vom Gault Millau als französisch-japanische Fusionküche beschrieben und mit 14 Punkten für Reims überdurchschnittlich gut benotet.
Dem Michelin hingegen ist es, zumindest in seiner App, nicht mal eine Erwähnung wert.

Dass wir nun vor dem gleichen Gebäude in der Rue Colbert, unweit des Place Royale, stehen wie vor zwei Jahren, ist eine Überraschung, denn auf die Adresse hatte ich nicht geachtet.
Viel verändert hat sich nicht. Der ohnehin schon sachlich, nüchterne Raum wirkt noch ein wenig strenger. Die Tischwäsche ist entfallen. Dafür wird nun auch die erste Etage bespielt.
Beim Champagner bin ich das erste Mal beeindruckt, denn er wird in Zalto Weißweingläsern eingeschenkt. Genau so mag ich es. Zalto Gläser werden uns auch den weiteren Abend über begleiten. Hier ist bereits ein gewisser Anspruch erkennbar.
Zum Apéritif schickt die Küche 5 kleine, überwiegend knusprige Snacks, die durchweg schön anzusehen und lecker sind. Herausragend dabei die Sphäre, die eine köstliche Austernfüllung enthält.

Snacks
Snacks

Zur Wahl stehen im „Racine“ zwei Menüs, „Suki“ mit 4 Gängen für 60 Euro und „Daisuki“ mit einem zusätzlichen Foie Gras-Gang, Käse und einem zweiten Dessert für 90 Euro.
Wir entscheiden uns für die kleine Variante und wählen dazu einen 2012 Bourgogne Blanc von Lucien le Moine, zum Hauptgang einen offenen Roten aus dem Minervois.

Als Amuse Bouche schickt Kazuyuki Tanaka eine kunstvoll arrangierte Variation von verschiedenen Beten, in unterschiedlichen Temperaturen und Texturen. Das hat wenig erdiges, sondern eher etwas fruchtiges mit einem schönen cremigen Touch als Kontrast zu den bissfesten Stücken. Man merkt bereits bei diesem Gruß, dass hier viel Sorgfalt auch in die Details gelegt wird.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Noch beeindruckender dann die Vorspeise. Auf dem Teller ein akkurat geschnittenes Stück lauwarmer Makrele, leicht lackiert , dazu ein erneut optisch schönes Arrangement von verschiedenen Gemüsen, teils angebraten, teils roh, dazu etwas Grapefruit und Quinoa. All das ist bereits sehr klug kombiniert, denn das frische Gemüse gibt einen guten Gegenpart zum fettigen Fisch, der von ausgesprochen guter Qualität ist. Was auch das Schälchen à part belegt, in dem sich einige Stücke Sashimi von der Makrele mit einem Granité von Algen finden. Ganz ausgezeichnet!

Auch das folgende Stück vom Seebarsch, dick und fleischig, ist wieder von exzellenter Qualität. Dazu ein Arrangement von Karotten und Kumquats, das Süße und leichte Bittertöne gut miteinander verbindet, dazu ein säuerlicher Sud. Auch das gefällt wieder.

Seebarsch, Karotte und Kumquat
Seebarsch, Karotte und Kumquat

Im Hauptgang beschreibt die Menükarte wiederum nur einige wenige Komponenten. Auf dem Teller hingegen finden sich neben dem – muss ich das noch mal extra erwähnen? – fabelhaften Stück Rind aus dem Aubrac, Aubergine und Yoghurt noch Zwiebelelemente, Lauch, Champignons, ein weiteres grünes Pürree und ein wunderbar gebackener Kartoffelwürfel. Das Gericht mutet modern und doch klassisch fundiert an.

Rind, Aubergine und Joghurt
Rind, Aubergine und Joghurt

Das Niveau lässt auch beim Dessert nicht nach. Kürbis und Schokolade werden wieder in zahlreichen Varianten und Konsistenzen präsentiert. Das Timut-Eis basiert auf den Beeren dieses nepalesischen Pfeffers und fügt sich mit seinen Grapefruitnoten nahtlos in das süße, aber abwechslungsreiche Geschmacksbild ein. Und erneut ist auch dies wieder ein Teller, der fürs Auge eine Menge Spaß macht.
Ich gehöre übrigens nicht zu denen, die schön ausdekorierte Straßen auf dem Teller verdammen. Solange das Essen in der erforderlichen Temperatur an den Tisch kommt, kann ich mich über den hohen Aufwand und die Schönheit solcher Teller sehr freuen.

Butternut-Kürbis, Schokolade und Timuteis
Butternut-Kürbis, Schokolade und Timuteis

Die abschließenden Mignardises setzen noch einmal einen kreativen Schlusspunkt, wobei vor allem der kalt aufgegossene Tee zu erwähnen ist, in dem sich winzige Tupfen von Yuzu mit dem Tee zu einer überraschenden Kombination vermischen.

Petits Fours
Petits Fours

Der Service würde ich mir ein wenig offensiver wünschen. Manchmal waren die Ansagen so schnell und leise, dass ich mit meinen eingeschränkten Französischkenntnissen kaum folgen konnte. Am Nebentisch hatte ein japanisches Paar ebenfalls Mühe, sich mit Englisch gut verständlich zu machen. In einer Stadt mit derlei viel Touristen sollte sich auch das Personal entsprechend einstellen. An der Freundlichkeit hingegen gab es nichts auszusetzen.

Kazuyuki Tanakas Küche hat uns an diesem Abend voll überzeugt. Von den Hauptkomponenten bei den einzelnen Gerichten abgesehen, beweist er, dass auch einfachere Zutaten abwechslungsreich und kunstvoll präsentiert und in Szene gesetzt werden können. Die Produktqualität bei Fisch und Fleisch ist bestechend, die Zubereitungen bis in die Details präzise. Tanaka verbindet klassisches Küchenhandwerk mit einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik.

Das Restaurant gibt es seit Sommer 2015 und es bleibt zu wünschen, dass wir bei unserem nächsten Besuch in Reims nicht erneut vor einem Namen stehen, sondern dass es das „Racine“ dann hier immer noch gibt. Dass das Lokal auch an einem Montag Abend gut besucht ist, lässt zumindest darauf hoffen.. Wenn sich der Michelin nun auch noch zu einer positiven Bewertung durchringen könnte, wäre das noch begrüßenswerter. Für mich was das heute allemal einen Macaron wert.

Details

Restaurant: Racine
Adresse: 8 Rue Colbert, 51100 Reims
Öffnungszeiten: Do - Mo
Lunch: 12:15 - 1:30
Dinner: 7:15 - 9:00

Di + Mi Ruhetage
Website: www.racine.re

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