Rijnzicht, Doornenburg

Es gibt Restaurants, die wir bevorzugt zum Mittagessen besuchen. Das „Rijnzicht“ auf der niederländischen Seite des Niederrheins ist so eines. Nicht, dass es abends dort nicht auch stimmungsvoll wäre, aber wenn das Wetter mitspielt, und das tut es in diesem durchwachsenen Sommer ausnahmsweise mal, ist die Aussicht, auf der Terrasse oder im offenen Wintergarten essen zu können, ungleich charmanter. An diesem Sonntag zeigt die Sonne ihr schönstes Gesicht, die Terrasse ist eingedeckt und so können wir von unserem Platz quasi in Tuchfühlung die sonntäglichen Fahrradausflügler und Spaziergänger beobachten. Aber das stört nicht im mindesten, ebenso wenig wie die paar Autos, die hier den Weg direkt am Seitenarm des Rheins nehmen.

Zusätzlich zum regulären Angebot bietet man ein Sommerarrangement an, das zum Preis von 145 Euro Fünfgangmenü, Apéritif, Wein- oder alkoholfreie Cocktailbegleitung, Wasser und Kaffee beinhaltet. Dass Petits Fours, so man denn welche möchte, extra bestellt werden müssen und mit stolzen 12,50 Euro pro Person zu Buche schlagen, ist eine Eigenart, die wir schon häufiger in niederländischen und belgischen Restaurants beobachtet haben. Aber daran soll das Vergnügen nicht scheitern und so starten wir mit einem Glas Champagner und drei gleichzeitig servierten Amuses Bouches.

Eine Buchweizentartelette mit Thunfischtatar ist in erster Linie dominiert vom cremigen Charakter der schaumigen Wasabi- Mousse. Die zeigt allerdings nur eine sehr dezente Schärfe, so dass sie den Fisch nicht überlagert und den frischen Eindruck lediglich unterstützt.

Ein als „Mikrowellenpizza“ annoncierter Happen überrascht vor allem mit dem luftig-knusprigen Teig. Tomatenmousse, Schinkenpuder und Basilikumcreme geben tatsächlich den typischen Geschmack einer Pizza wieder. In Summe eine originelle Spielerei.

Der dritte Gruß präsentiert quasi als Sandwich Jakobsmuschel, die wie eine Ceviche mit Tigermilch und Koriander angemacht ist. Der jodige und kräutrige Touch ist hier sehr schön herausgearbeitet.

Brot, Brioche und zweierlei Butter sind wie gewohnt von guter Qualität, wenngleich ich immer mehr merke, dass eine aufgeschlagene Butter im Vergleich zu einer guten handwerklichen Butter wie hier immer ganz klar den Kürzeren zieht.

Brot & Butter
Brot & Butter

In der Vorspeise gibt es Auster in zwei Zubereitungen. In der Austernform findet sie sich in roher Form mit Sanddornmousse und -dashi sowie mit Gänselebermousse. Trotz der cremigen Zutaten überwiegt hier ein sehr frischer Eindruck.

Der zweite Teller wirkt auf den ersten Blick sehr puristisch, aber unter dem sehr luftigen Kissen, das ebenfalls aus Austern hergestellt wurde, finden sich mit einer recht kaubedürftigen Teigplatte eine Creme, Apfel und diverse andere Komponenten, die ich mir nicht habe merken können. Der Kontrast in den unterschiedlichen Konsistenzen ist zwar reizvoll, aber irgendwie geht mir hier über dem offenkundigen Effekt die klare Aromensprache unter. Insgesamt ist dieser Gang aber dennoch eine kreative und originelle Ausarbeitung des Austern-Themas.

Auster / Ultra Light / Apfel / Sanddorn
Auster / Ultra Light / Apfel / Sanddorn

Einige Zutaten der Vorspeise finden sich auch im folgenden Gang wieder. Der Kingfisch ist mit Limette mariniert und wird üppig kontrastiert mit einer fülligen Creme von Gänseleber, Apfelsegmenten und Apfeleis, das zusätzliche Frische liefert. Sanshoblätter setzen kräutrige Akzente und eine säuerliche Vinaigrette runden diese extrem abwechslungsreiche und köstliche Kombination ab. Etwas entbehrlich finde ich hier lediglich die obenauf liegende transparente, dünne Platte, die geschmacklich nichts beisteuert.

Kingfisch / Apfel / Yuzu / Sansho
Kingfisch / Apfel / Yuzu / Sansho

Bildschön präsentiert sich die Forelle, die sanft gegart, dabei fest, aber trotzdem saftig ausfällt. Dazu gibt es eine Beurre Blanc vom Bärlauch, die eingefasst ist von konfierten Tomaten, dünnen marinierten Scheiben von Oliven und Olivencreme. Das ergibt alles ein sehr elegantes, sommerliches Gericht. Und mit den Formen der Firma Moldbrothers, die man hier im Haus offenbar sehr schätzt, schafft man auch einen veritablen Hingucker.

Forelle / Olive / Tomate / Grüne Kräuter
Forelle / Olive / Tomate / Grüne Kräuter

Auch im Hauptgang darf ein knuspriges Dekostück aus der Silikonmanufaktur nicht fehlen, aber die Hauptrolle spielen hier ganz eindeutig die indischen Aromen, die das kurz gebratene Stück Lamm umgeben. Spitzkohlröllchen, diverse Cremes, eine kräftige Jus und Joghurtcreme fügen sich sehr überzeugend und stimmig in diese fernöstliche Geschmackswelt.

Lamm / Vadouvan / Spitzkohl / Zaag
Lamm / Vadouvan / Spitzkohl / Zaag

Wir ergänzen das Menü um einen Käsegang und wie wir es häufig in Benelux erleben, wird auch im „Rijnzicht“ viel Aufwand um die Präsentation betrieben. Neben den ausschließlich niederländischen und überwiegend sehr raren Sorten findet sich ein knuspriger Käsesnack, ein geröstetes Brioche mit Amarenakirschen, Quittengel sowie ein Salat mit Nüssen, Rosinen und ebenfalls Amarenakirschen.

Niederländische Käse / Quitte / Amarena Brioche / Salat
Niederländische Käse / Quitte / Amarena Brioche / Salat

Im Dessert spielt Kirsche die Hauptrolle, mariniert und als Eis. Dazu passend gibt es einen Ring von Joghurtmousse, ebenfalls mit Kirsche abgeglänzt. Hibiskusschaum, Pistazienganache und weiße Schokolade ergänzen das Ensemble äußerst stimmig und harmonisch. Ein sehr abwechslungsreicher und guter Abschluss des Menüs.

Kirsche / Hibiskus / Joghurt / Pistazie
Kirsche / Hibiskus / Joghurt / Pistazie

Obwohl: So ganz zuende ist es ja noch nicht, denn wir gönnen uns auch noch die Friandises, für die zwei recht massige Pralinen, ein Fruchtgelee, ein Macaron mit Thaibasilikum, eine Rose mit Creme und Erdbeermousse auf einem Sablé sowie Marshmallow zum Selbergrillen auf dem Tisch platziert. Letzteres ist mehr eine nette Spielerei am kleinen Tischgrill, als dass es geschmacklich besonders hervorstechen würde. Insgesamt sind die Kleinigkeiten solide gearbeitet, aber eben auch nicht mehr. Ich fände es besser, wie es mittlerweile auch andere Restaurants bei ihren All-In-Angeboten handhaben, das in den Menüpreis einzukalkulieren.

Mike Cornelissens Küche strotzt nach wie vor von überbordenden Ideen, ist manchmal verspielt, aber immer klug komponiert. Handwerklich ist das sowieso ohne Makel. Dazu passt die lockere Atmosphäre, zu denen die Köche beitragen, die die Gerichte servieren und erläutern. Carolien Cornelissen-van der Velde, die Restaurantleitung und Sommelière in Personalunion ist, kümmert sich herzlich um die Gäste und dass sie es für unseren Tisch in deutsch tut, wissen wir umso mehr zu schätzen.

So ist dies unser dritter Besuch und erneut war dies ein mehr als entspannter und genussreicher Lunch. Wiederholung mehr als wahrscheinlich – wenn nur die Anfahrt mit gut zwei Stunden nicht jedes Mal doch etwas aufwändig wäre…

Details

Restaurant: Rijnzicht
Adresse: Sterreschans 15, 6686 MS Doornenburg
Öffnungszeiten: Dienstag & Mittwoch: ab 18.00 Uhr
Donnerstag - Samstag: ab 12.00 Uhr & ab 18.00 Uhr
Nur am letzten Sonntag des Monats: ab 12.00 Uhr & ab 18.00 Uhr
Sonntag & Montag: Ruhetag
Website: www.rijnzicht.nl

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