Saziani Stub’n, Straden
Am 17. August 2014 in Österreich | 4186 Aufrufe
Auch in Österreich war der Sommer in diesem Jahr eher unbeständig und die Gelegenheiten, draußen zu essen eher risikobehaftet. Genau wie bei unserem ersten Besuch vor einem Jahr in den Saziani Stub’n in der Südoststeiermark, unweit der slowenischen Grenze, haben wir allerdings auch in diesem Jahr das Glück auf unserer Seite. Strahlend blauer Postkartenhimmel und eine Weinreben-berankte Terrasse geben das perfekte Ambiente für einen genussreichen Lunch bei einem der Shootingstars der österreichischen Küchenszene.
Albert Neumeister, Patron des gleichnamigen Weingutes, bewies vor 3 Jahren Mut, Risiko und vor allem Weitsicht, den damals erst 19-jährigen Linzer Harald Irka kurz nach dessen Ausbildung erst zum Commis, dann zum Souschef und binnen eines Jahres zum Küchenchef seines Gourmetrestaurants zu machen. Heute, mit gerade mal 22 Jahren, ist Irka mit 3 Hauben und 17 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet, was europaweit vermutlich ziemlich einmalig sein dürfte.
Aber die Auszeichnungen sind nicht unberechtigt. Harald Irka kocht mit einer verblüffenden Souveränität und Klarheit, die sich durchaus am angesagten Trend zur Regionalität orientiert und in der Gemüse und Kräuter eine stärkere Rolle spielen als Fisch und Fleisch. Und obwohl dies mittlerweile auf viele Restaurants zutrifft, kommt es doch erstaunlich eigenständig daher und wirkt nie wie einfach kopiert. Na ja, ein durchaus naheliegender Vergleich zum Steirereck wäre in diesem Zusammenhang durchaus als Kompliment zu verstehen.
Zwei Menüs – GRÜN und ERDIG – mit jeweils 8 Gängen stehen zur Auswahl und können beliebig kombiniert werden. Aber alleine die Konsequenz, mit der Irka beide Themen umsetzt, ist überzeugend. Das grüne Menü besticht durchgehend durch Leichtigkeit und Frische, während es im erdigen Menü deutlich kräftiger und herzhafter, aber nicht weniger raffiniert, zugeht.
Bereits zu Beginn setzt ein tolles Senfeis in Kombination mit gekochter Senfsaat eine wunderbare Ergänzung zur elegant inszenierten Roten Bete. Punktsieg für erdig!
Die Flusskrebse aus Stegersbach werden von einer Variation von Erbsen und Buttermilch elegant eingerahmt. Ein herrliches Sommeressen.
Optisch faszinierend der rohe Lammrücken, der von einer leichten, süffigen Yuzu-Hollandaise, getrockneter Chioggia Rübe und Hibiskus bedeckt ist und dem leichte Säureakzente jegliche Schwere nehmen.
Ein Klassiker offenbar bereits das pochierte Ei, das auf einem Bett aus knusprigem Getreide und getrockneter Hühnerhaut mit geräucherter Butter serviert wird. Dies ist durchaus das deftigste Gericht des Tages, aber wie bereits vor einem Jahr, wäre es ein Frevel, sich dieses schlotzige Vergnügen entgehen zu lassen.
Beim Hauptgang überzeugt der von Saubohnen und Pfefferoni-Pesto begleitete Zander durch eine fabelhafte Sauerampfer-Butter mehr als die Rippchen vom Duroc-Schwein, denen es trotz stimmiger Beilagen (Tomaten, Artischockencreme) trotzdem an einem verbindenden Element fehlte. Vorteil grün!
Herausragend dann das erste „erdige“ Dessert, das getrocknete Kräuterseitlinge mit einem grandiosen geräucherten Schokoladeneis kombiniert. Ungewöhnlich, überraschend und das Highlight des Menüs für mich. Schade, dass das Dessert auf der falschen Tischseite stand…
Aber ich will mich auch nicht über mein Mispel-Sorbet mit gebrannter Schokolade beklagen. Der Geschmack vom gegenüberliegenden Teller war trotzdem einfach zu präsent.
Beim zweiten Dessert war ich dann wieder vorn mit Heidelbeeren, die mit Germpolster, Thymianmilch und getrocknetem Schafsjoghurt noch einmal einen prägnanten Schlusspunkt setzte. Eine gelungene Kombination aus Fruchtigkeit, nur leichter Süße und nicht zu aufdringlichen Kräuterakzenten.
Harald Irkas Gerichte sind aufwändig zubereitet, kommen aber mit einer klaren Fokussierung auf das Hauptprodukt auf den Teller. Vieles wirkt oft sehr reduziert, farblich klar strukturiert, kleinteilige Präsentationen wird man eher nicht finden. Geschmacklich wirkt alles sehr harmonisch und rund, ohne glatt zu wirken. Kontraste setzt Irka gezielt und subtil ein.
Auch wenn er es mittlerweile vermutlich nicht mehr hören kann, dass permanent sein junges Alter herausgehoben wird, muss man dennoch feststellen, dass es schon bemerkenswert ist, in welch kurzer Zeit Harald Irka einen klaren Küchenstil für sich gefunden hat und eine Leistung abliefert, mit der er problemlos in der österreichischen Spitze mithalten kann. Es bleibt spannend, den weiteren Weg zu verfolgen.
Albert Neumeister ist als Gastgeber stets präsent, kümmert sich mit seinem charmanten und effizienten Service darum, dass sich alle wohlfühlen und überträgt die Begeisterung für seinen Küchenchef auf die Gäste. Auch auf uns. Der Himmel strahlt immer noch – wir auch.
Details
Restaurant: | Saziani Stub'n |
Adresse: | Sazianiweg 42, 8345 Straden |
Öffnungszeiten: | Mittwoch, Donnerstag & Freitag Abend Freitag Mittag auf Anfrage Samstag Mittag & Abend Sonntag Mittag Montag & Dienstag Ruhetag |
Website: | www.neumeister.cc/web/de/saziani-stubn/home/index.html |
Schlagworte
Casual Fine Dining, Falstaff, Gemüse, Gourmet, Harald Irka, kreativ, Neumeister, Saziani, Straden
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