
Sattlerhof, Gamlitz
Am 15. Juli 2025 in Österreich | 152 Aufrufe | 1 Kommentar
Der Michelin ist zurück in Österreich und mit ihm natürlich auch die Sterne. Seit 2009 hatte sich der rote Guide aus unserem Nachbarland zurückgezogen, aber durch den massiven Einsatz von Landestourismusverbänden, der Österreich Werbung und sicherlich auch dem entsprechenden finanziellen Engagement, hat man es geschafft, den Michelin zur Rückkehr zu bewegen. Dass Sterne, aber auch Erwähnungen im bedeutendsten Restaurantführer eben auch ein Tourismusmagnet sein können, hat man dort deutlich besser verstanden als hierzulande.
Bei unserer Reiseplanung nach Österreich haben wir uns tatsächlich auch hiervon leiten lassen und dass in der Südsteiermark, unserer liebsten Region dort, einige Häuser ausgezeichnet wurden, hat die Entscheidung ebenfalls beeinflusst. Wir verbringen dieses Mal drei Tage im Sattlerhof, einem mehr als renommierten Weingut, das mit einem Wirtshaus und einem Gourmetrestaurant gleich über zwei gute Adressen verfügt.
Am ersten Abend lassen wir es uns mit dem steirischen Klassiker schlechthin, dem Backhendl, gut gehen. Nun sind wir, was steirisches Backhendl angeht, in Köln ziemlich verwöhnt, denn in „Essers Gasthaus“ gibt es das meiner Meinung nach unschlagbarste. Die Panierung macht hier einfach den Unterschied. Im „Sattlerhof“ sind die Hühner anders geschnitten, was zwar am Geschmack nichts ausmacht, aber schon daran, wie rückstandsfrei es sich essen lässt. Die Tiere scheinen zudem deutlich größer zu sein als in Deutschland. Jedenfalls fallen Brust und Keule erheblich üppiger aus. Saftig und lecker ist das allemal, aber wenn ich die Wahl hätte… Der gemischte Salat dazu ist großzügig mit Käferbohnen und anderen Gemüsen bestückt.
Vorab gönne ich mir noch, weil es das eben auch nicht überall gibt, gebackene Stücke vom Kalbsbries mit Kartoffelsalat und grünem Salat. Das Bries ist außen knusprig und innen weich, die Kürbiskernmayo dazu passend und der Kartoffelsalat so, wie er sein muss. Gute Wirtshausküche eben.

Am letzten Abend geht es dann ins Gourmetrestaurant. Und das gehört zu den Häusern, die der Michelin jüngst mit einem Stern ausgezeichnet hat. Markus Sattler, gestählt in renommierten Häusern wie „Konstantin Filippou“, dem „Les Deux“ in München und auch vertraut mit der nordischen Küche durch ein Engagement in Malmö, hat hier die Küchenleitung.
Schnell hat er sich zudem auch national einen besonderen Ruf durch seine sehr regionale, puristische und gemüseorientierte Küche erworben, was sich durch die Bewertung im Gault Millau mit drei Hauben und der Auszeichnung als „Newcomer des Jahres“ durch den Rolling Pin zeigt.

Es wird ein Menü in sechs Gängen (154€) angeboten. Am Tisch kann man entscheiden, ob man den Umschlag mit der Auswahl öffnet oder sich überraschen lassen möchte. Wir sind neugierig und im ersten Moment dann doch ein wenig enttäuscht. Bis auf den Hauptgang sind alle Gänge vegetarisch. In einem Gang wird zwar Kaviar erwähnt, aber ansonsten keinerlei Fisch. Das hätte ich mir zumindest in einem Gang gewünscht. Aber nun gut, lassen wir uns darauf ein.
Zum Apéritif folgen einige Snacks, als erstes eine Waffel mit Crème fraîche und Kräutersalat. Wenn er in der Creme verarbeitet wurde, bleibt er recht zurückhaltend, wie der gesamte Snack eher unauffällig ausfällt.

Markanter ist da schon der Sauerrahm mit frischen und eingelegten Gurken mit Holunderessig und Baeri-Kaviar von der oberösterreichischen Firma Alpen-Kaviar. Das Schälchen weist eine markante Säure auf und ist zudem leicht pikant. Der Kaviar geht dabei jedoch ziemlich unter, so dass es ihn nach meinem Eindruck nicht wirklich gebraucht hätte.

Den Abschluss bildet ein Schluck, denn mehr ist es tatsächlich nicht, von fermentiertem Tomatenwasser mit Wacholderöl. Auch das fällt nicht allzu prägnant aus und haben wir schon intensiver erlebt. Vielleicht macht es aber auch die verhältnismäßig kleine Menge aus, dass sich der Geschmack nicht voll zeigen kann.

Brot und fermentierte, natürlich aufgeschlagene, Butter sind ok.

Das Menü startet dann mit dem ersten Gang, der schlicht „Gemischter Salat“ betitelt ist. Angekündigt werden unzählige Zutaten von Ochsenherztomate über geräucherten, fermentierten Weinbergpfirsich, gegrillten Erbsen und Auberginen bis zu diversen Kräutern und Blüten. Natürlich spielt das Arrangement assoziativ mit dem berühmten Gargouillou von Sébastien Bras, ehemaliger Dreisternekoch im Aubrac, dessen Salat ebenfalls Dutzende von Zutaten enthält und seinerzeit als Meilenstein galt. Heute findet man immer wieder ähnliche Gerichte. Im Salat von Markus Sattler kann ich tatsächlich vieles von dem, was angekündigt ist, zum Beispiel Erbsen oder Auberginen, gar nicht ausmachen, dafür relativ viel Mais. Auch die angekündigte Bärlauchcreme am Boden, die vermeintlich für Wumms sorgen soll, ist wenn überhaupt, nur homöopathisch zu finden. Ausgezeichnet hingegen die Molkevinaigrette, die dann doch noch Pep in den Salat bringt, der insgesamt zwar gut, aber nicht überragend ist.

Weiter geht es mit einer Karottentarte, gemacht wie ein Millefeuille, mit Bärlauchkapern, Schnittlauch und gepufftem Buchweizen. Die Tarte selbst arbeitet die Süße der Karotte sehr schön heraus und erhält mit dem Buchweizen etwas Crunch und den Bärlauchblüten und dem Schnittlauch etwas Schärfe als Ergänzung. Dazu gibt es eine Sauce von Steckrübe und Bärlauchöl, die mit ihrer Säure einen guten Kontrast mitbringt. Ein elegantes und gut ausgeführtes vegetarisches Gericht.

Im nächsten Gang folgt eine Zucchiniblüte, die mit Pfifferlingen und Zitronenthymian gefüllt ist auf einem Ragout von Zucchini sowie knackigen gelben und grünen Buschbohnen. Das Ganze findet sich in einer Sauce aus Pfifferlingen, Rahm und Schwarzbrot. Obenauf erneut etwas Kaviar, diesmal Osietra, erneut von Alpenkaviar.
In Summe ist das ein fülliges Gemüsegericht, in dem die Pfifferlinge gut herausgearbeitet sind und das in sich stimmig ist. Nur der Kaviar macht für mich erneut keinen Sinn, da er keinen Mehrwert bringt und für mein Empfinden auch überhaupt nicht in das Konzept eines überwiegend vegetarischen Menüs passt. Und wenn überhaupt gilt bei Kaviar, dass man ihn großzügig einsetzen muss, wenn er eine Wirkung entfalten soll.

Nun hat geschmorter Kohlrabi seinen Auftritt in dünnen Scheiben und relativ weich, darunter Morchelstücke und obenauf eine Scheibe von Zitronenverbenegelee. Angegossen wird eine Morchelbrühe, die nicht sehr ausgeprägt ausfällt, um nicht zu sagen, flach bleibt. Dafür bringt das Gelee eine sehr prägnante Säure ins Spiel. Ich liebe Morcheln und Kohlrabi sehr, aber gerade aus den Morcheln, denke ich, hätte man deutlich mehr herausholen können.

Vor dem Hauptgang folgt noch ein Zwischensnack in Form eines gerösteten Sauerteigtoasts mit Bärlauchcreme und einem slowenischen Pilz, der auf den schönen Namen „Chicken of the woods“ hört, da ihm nachgesagt wird, dass er nach Huhn schmecken soll. Mit etwas Fantasie ist das tatsächlich so und der Snack kann zudem mit kräftigen Umami-Noten überzeugen, wenngleich das Verhältnis von Toast zum Rest etwas zu großzügig gerät. Aber das ist nur eine Petitesse.

Nach all diesen Gemüsegerichten darf jetzt auch Fleisch auf den Teller kommen. Das Steak vom Rind ist ausgesprochen ausdrucksstark und auf den Punkt gegart. Abgehangener Joghurt und Schwarzbeer-Koji bilden die Mitspieler in diesem sehr puristisch gehaltenen Gericht, das durch eine Sauce auf Basis Ochsenschlepp, also Ochsenschwanz, Rinderfett und Bärlauchkapern noch eine sehr aromatische Grundierung erhält. Nicht nur, weil es Fleisch gibt, gefällt mir der Gang in seiner Reduzierung und Konzentration auf das ausgezeichnete Hauptprodukt sehr gut.

Nicht nur optisch, sondern auch aromatisch wird es grün im Dessert. Zu einer Joghurt Panna Cotta gibt es einen Sud von Stachelbeeren, eingelegten grünen Erdbeeren und Sauerampfer, dazu ein sehr gutes Sorbet von Sauerklee mit gepufftem Quinoa. Das lässt alles erst mal eine recht kräutrige Geschmackswelt erwarten, kann dann aber doch mit einer guten Balance aus Süße durch die Panna Cotta und säuerlichen Noten überraschen. Ein guter Abschluss.

Als Petit Four folgt dann noch ein leckeres, locker-buttriges Zimtbrötchen mit Crème Chantilly. Sehr klassisch, sehr gut.

Das Menü, das uns Markus Sattler präsentiert hat, war durchaus in vielerlei Hinsicht überraschend. Ein gewisser nordischer Einfluss ist kaum zu übersehen und damit dann auch eine stark gemüseorientierte Ausrichtung. In seiner puristischen Präsentation ist dies etwas, das ich nicht unbedingt erwartet hätte. Wie man unschwer erkennen kann, hat mich das auch nicht durchgehend überzeugen können. An manchen Stellen hätte ich mir gewünscht, den Eigengeschmack, wie zum Beispiel bei der Morchel, deutlicher herauszuarbeiten. So ein Produkt gibt meines Erachtens einfach viel mehr her. Manches, wie der gemischte Salat oder die Zucchiniblüte, sind ordentlich gemacht, bleiben aber nicht nachhaltig in Erinnerung.
Ich will ausdrücklich dem Eindruck entgegentreten, dass ich mich mit vegetarischen Gerichten schwertäte. Im Gegenteil habe ich häufig erlebt, dass gerade diese Gänge in einem Menü die spannendsten waren. Aber dass ausgerechnet heute der Fleischgang für mich am überzeugendsten war, spricht ja auch für sich.
Markus Sattlers Küche mag polarisieren, aber auf jeden Fall hat sie ein eindeutiges Profil, was in der heutigen Zeit, wo viele Menüs sehr austauschbar wirken, schon ein Kennzeichen ist. Da es aber auch in der Südsteiermark sehr ordentlichen Fisch gibt, hätte ich mir, zumindest bei dem aufgerufenen Preis, ein etwas ausgewogeneres und abwechslungsreicheres Menü gewünscht.
Flankiert wird das von einem jungen Service, der seine Sache sehr engagiert macht und mit Thomas Ferrand einen Sommelier zur Seite hat, der nicht nur Herr über eine stattliche Weinkarte ist, die ihren Schwerpunkt nicht nur in der Steiermark hat, sondern der auch über eindrucksvolle Stationen in seiner Vita bei Alain Ducasse in London und Macau sowie im „Jordnaer“ verfügt und den es der Liebe wegen in die Südsteiermark gezogen hat.
Auch wenn uns der Abend kulinarisch nicht vollends überzeugen konnte, bleibt es spannend zu beobachten, wohin die Reise im „Sattlerhof“ weiter gehen wird.
Details
Restaurant: | Sattlerhof |
Adresse: | Sernau 2, 8462 Gamlitz |
Öffnungszeiten: | Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag ab 18.00 Uhr Donnerstag, Sonntag und Montag: Ruhetag |
Website: | www.sattlerhof.at/restaurant/ |
Schlagworte
Jeunes Restaurateurs, kreativ, Markus Sattler, Michelin, regional, Sattlerhof, Steiermark, vegetarisch
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