GästeHaus Klaus Erfort, Saarbrücken
Am 27. August 2015 in Deutschland | 4157 Aufrufe
Will man in Deutschland auf 3 Sterne-Niveau essen, hat man vielfältige Möglichkeiten. Von asiatisch inspiriert (Bau), gemäßigt avantgardistisch (Wissler), verspielt modern (Jürgens) bis zutiefst französisch klassisch (Thieltges) gibt es je nach Geschmack reichlich Auswahl. Dass alle diese Köche, und von Wohlfahrt, Lumpp, Fehling, Elverfeld oder Bühner mit ihren sehr individuellen Stilen sprechen wir hier gar nicht, ihr Handwerk mehr als technisch perfekt beherrschen, steht außer Frage. Also ist es in der Regel eine Frage der grundsätzlichen Vorliebe oder der Tagesform, für welche Richtung man sich entscheidet.
Heute also moderate französische Klassik im Saarland bei Klaus Erfort. Drei Jahre ist es tatsächlich seit unserem letzten Besuch schon wieder her und das ist eigentlich sträflich, denn ein Besuch bei Klaus Erfort ist immer auch ein Gesamterlebnis aus Küche, Ambiente und Service wie kaum anderswo.
Jérôme Pourchère und seine Service-Crew bieten in der schönen Jugendstil-Villa mit ausladendem Garten den womöglich perfektesten Rahmen, den man sich wünschen kann. Mit traumwandlerischer Sicherheit erkennt Pourchère, wie viel Distanz oder Zuwendung der Gast benötigt und findet einen extremst lockeren, aber nie anbiedernden Zugang zum Gast. Das ist schlicht perfekt und kann viel Spaß machen, wenn man sich auf den Smalltalk mit ihm einlässt – was dringend zu empfehlen ist!
Die Küche grüßt zum Apéritif mit einigen Klassikern, die so fein gearbeitet sind, dass wir sie gerne auch in Zukunft wieder erleben möchten.
Was Klaus Erforts Küche auszeichnet, macht dann das Amuse Bouche sehr schön deutlich. Tomaten und Burrata mit einem klaren Tomatensud klingt zunächst erst mal unspektakulär. Aber was sich an Klarheit und Frische an Aromen im Mund abspielt, ist einzigartig. Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen an diesem Tag eigentlich das einzig denkbare und perfekteste Amuse.
Klassisch und sehr schön gearbeitet die Gänsestopleber-Marbré mit Kirsch-Texturen. Perfekt portioniert, temperiert und mit dem exakt richtigen Maß Süße und Säure ausgestattet, um nicht eine Spur schwer zu wirken.
Gleiches gilt für die ausgesprochen filigrane Variation von Mais in diversen Texturen, die durch eine ausgewogene Vinaigrette ausreichend Säure mitbekommt.
Die prächtigen Flusskrebs-Exemplare werden begleitet von einer ebenfalls klaren, aber dennoch sehr intensiven Krustentieressenz. Ein sehr kluger Schachzug, bis zu diesem Punkt des Menüs ausgesprochen leichte Jus zu reichen, bevor es ab dem nächsten Gang, der vermutlich perfektesten Seezunge, an die ich mich erinnern kann, die vermutlich perfekteste Beurre Blanc gibt, an die ich mich erinnern kann. Da die Sauciere, wofür ich ausgesprochen dankbar bin, immer noch am Tisch gelassen wird, geht nur sehr wenig – wenn überhaupt – in die Küche zurück.
Gleiches gilt für die sehr runde Rotwein-Jus mit Korianderkörnern, die die ausgezeichnet gebratene Entenbrust begleitet. Auch hier haben wir wieder ein Beispiel, dass es keiner exaltierten Beilagen bedarf, um ein Produkt perfekt in Szene zu setzen. Und dies ist für mich ein Markenzeichen von Erforts Küche: Schön sind seine Teller allemal, aber sie sind nicht überladen, und es bedarf nicht Dutzenden von Komponenten. Hier ist das Produkt der Hauptdarsteller und er und seine Begleiter sollen nach dem schmecken, was sie sind. Aber das in der bestmöglichen Form.
Der gut gepflegte Käsewagen mit schön gereiften Sorten von Maître Antony reiht sich hier nahtlos ein, ebenso wie die Desserts, die den Außentemperaturen angemessen, angenehm leicht, aber nicht minder komplex daher kommen. Anders aber als bei machen Kollegen irritiert Klaus Erfort nicht durch übermäßigen Einsatz von Kräutern oder Gemüse. Ein Dessert im GästeHaus ist immer noch ein harmonischer, wenn auch nicht übermäßig süßer Abschluss des Menüs.
Richtig süß wird es höchstens noch mal bei der nahezu ausufernden Parade von Petits Fours, die schon von auserwählter Qualität ist.
Monsieur Pourchère hat uns in einem Gespräch über die deutsche Drei-Sterne-Klasse die etwas unfaire Frage gestellt, was unser Lieblingsrestaurant sei. Das ist deshalb unfair, weil es nicht ein bestes gibt – vielleicht für den Moment. In einem halben Jahr mag sich das ändern. Manchmal ist es auch nur der Wunsch, an einem Tag einen bestimmten Stil zu genießen.
An diesem Tag war Klaus Erforts Stil für uns die richtige Wahl. Seine 3 Sterne sitzen bombenfest und ohne jeden Wackler. Die Lockerheit, mit der dieser Stil im GästeHaus Erfort präsentiert wird – sprich der Service – wäre für uns jeden Tag perfekt.
Details
Restaurant: | GästeHaus Klaus Erfort |
Adresse: | Mainzer Str. 95, 66121 Saarbrücken |
Öffnungszeiten: | Dienstag bis Freitag ab 12 Uhr und ab 19 Uhr Samstag ab 19 Uhr Sonntag und Montag geschlossen |
Website: | www.gaestehaus-erfort.de/ |
Schlagworte
3 Michelin Stars, Fine Dining, französisch, Gourmet, Jérôme Pouchère, Klaus Erfort, kreativ, Michelin, moderne Klassik, Saarbrücken
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