Döllerers, Golling

Spricht man über’s „Döllerer“, meint man in erster Linie das Gourmetrestaurant, in dem sich Andreas Döllerer mit seiner „Alpine Cuisine“ in die Spitze der österreichischen Kulinarik gekocht hat.

Aber das Haus in Golling, unweit von Salzburg, nur darauf zu konzentrieren, würde ihm nicht ansatzweise gerecht werden. Denn zum Restaurant gesellt sich noch ein Wirtshaus, das Hotel und eine Metzgerei. Daneben betreibt man noch einen umfangreichen Weinhandel sowie eine Enoteca.

Außenansicht
Außenansicht

Wir sind zum dritten Mal hier und wenn man das „Döllerer“ richtig kennenlernen möchte, empfiehlt es sich, mindestens zwei Nächte zu bleiben. Dann kann man, so wie wir jedes Mal, mit einem Besuch im Wirtshaus starten. Die rustikal gemütliche Atmosphäre lassen die Gäste heute Abend jedoch aus, weil das schöne Wetter förmlich dazu einlädt, auf der ausladenden Terrasse zu essen.

Neben einem Menü in drei bis fünf Gängen (65€ – 85€) gibt es eine ausgiebige à la Carte-Auswahl mit teils kreativeren, teils klassischen Gerichten, die häufig sowohl in  Vorspeisengröße (ca. um 20€ – 25€) als auch als Hauptspeisen (25€ – 39€) geordert werden können.

Zum Auftakt schickt die Küche zu Brot und Focaccia Butter, Liptauer-Aufstrich und ein stattliches Stück geräucherte Winzerwurst aus der eigenen Metzgerei. Diese Brotzeit ist eine sehr schöne regionale und passende Einstimmung. Abgesehen davon ist die Wurst ganz ausgezeichnet.

Wirtshaus Gruß
Wirtshaus Gruß

Auch wenn es nicht wirklich das erste ist, was man in einem klassischen Wirtshaus erwarten würde, starten wir mit der Ceviche von der Bluntauforelle. Die kommt mit mild eingelegten Zwiebeln und Avocado, wobei letztere mehr für die Textur als zum Geschmack beiträgt. Die Tomaten-Holundervinaigrette fügt sich mit feinem, fast blumigen Charakter gekonnt ein in das elegante Gericht, das auch im Fine Dining-Bereich eine gute Figur gemacht hätte.

Bluntauforellen "Ceviche" / Tomaten - Hollersud, Avocado & Zwiebel
Bluntauforellen "Ceviche" / Tomaten - Hollersud, Avocado & Zwiebel

Ein gutes Beispiel, wie fließend mitunter die Grenzen zwischen bürgerlicher und Gourmetküche sind, ist der folgende Rehgang. Zum perfekt gegarten Rückenstück und zur geschmorten Schulter mit noch gutem Biss gesellen sich angebratener Briocheknödel, Rahmwirsing und Kirschen. Zusammen mit einer tadellosen, kräftigen Sauce ist das ein klassischer, sehr sorgfältig ausgeführter Gang, der uns auch in jedem besternten Restaurant keinen Anlass zur Klage gegeben hätte.

Geschmorte Schulter & rosa Rückenmedaillon vom Rauriser Reh, Kirschen, Briocheknödel & junger Wirsing
Geschmorte Schulter & rosa Rückenmedaillon vom Rauriser Reh, Kirschen, Briocheknödel & junger Wirsing

Zu den Klassikern im „Döllerer“ gehören seit jeher die Schwarzbeernocken mit Sauerrahmeis. Frisch und warm zubereitet kommen die intensiv nach Blaubeeren schmeckenden Puffer ganz ohne Schnickschnack aus. Simpel und gut.

Die legendären Schwarzbeernock’n mit Sauerrahmeis
Die legendären Schwarzbeernock’n mit Sauerrahmeis

Vom ausgezeichnet bestückten Käsewagen stellt mir der Service eine Auswahl ausschließlich österreichischer Sorten zusammen, die allesamt auf den Punkt gereift und sehr eigenständig sind.

Affinierter Käse
Affinierter Käse

Wie nah wir uns an den Alpen befinden, dürfen wir am ersten Abend auch noch erfahren. Das Sommerwetter schlägt von einer Minute auf die andere um und es beginnt, kräftig zu regnen. Normalerweise kein Problem, denn die gesamte Terrasse lässt sich zügig komplett mit einer massiven Markise überdachen. Aber der Regen wird stärker und stärker und irgendwann schaffen es die Abwasserrohre nicht mehr, die Mengen aufzunehmen. Wir sitzen günstig und bekommen nichts ab, aber nahezu alle anderen Gäste finden in Windeseile einen Platz im Inneren.

Von alldem ist am nächsten Morgen nichts mehr zu sehen. Die Sonne strahlt und wir beginnen den Tag mit dem erweiterten Frühstücksmenü „AD“. Schon das normale Frühstücksbuffet ist eine wahre Freude, aber für das Menü sollte man auf jeden Fall etwas Zeit mitbringen. Den Auftakt macht ein Erdbeershake, gefolgt von einem als Zigarillo getarnten Teigröllchen, das mit einer Räucherfischcreme gefüllt ist.

Auch der marinierte Bluntausaibling, den wir schon vom Vorabend kennen, bekommt in kleinerer Version erneut seinen Auftritt. Und ein perfekt zubereitetes Egg Benedict, hier mit Speck aus eigener Produktion, altem Bergkäse, Blattspinat und sehr schaumiger Sauce Hollandaise ist per se schon eine wahre Freude.

Was dann folgt, ist Bestandteil des normalen Frühstücks und beinhaltet das wohl ungewöhnlichste Buffet, das man sich vorstellen kann. Denn als Gast geht man in die im selben Haus gelegene Metzgerei und lässt sich aufschneiden, was immer man möchte. Neben wunderbarsten Wurst- und Schinkenspezialitäten gibt es natürlich auch Lachs, Salate und eine gute Käseauswahl. Es ist ein wahres Schlaraffenland mit unbegrenztem Zutritt.

Frühstücksmenü: Besuch in Döllerers "Feiner Kost"
Frühstücksmenü: Besuch in Döllerers "Feiner Kost"

Danach geht es mit dem Menü weiter und es folgen dünn aufgeschnittene Kalbfleischscheiben mit Physalis und Tomaten sowie ein Mini Burger mit Pulled Porc vom Schwäbisch Hällischen, Coleslaw und Wacholder.

Den süßen Abschluss bilden eine frisch gebackene Waffel mit Joghurtespuma und Kompott sowie ein ganz fabelhafter Eiskaffee.

So ausgiebig, kreativ und kräftig gestärkt ist man für den Tag gut gerüstet. Salzburg ist im Festspielfieber und präsentiert sich wolkenlos und bei brütender Hitze. Einen Imbiss brauchen wir nach diesem Frühstück definitiv nicht mehr und abends wartet dann ja auch das Menü im Restaurant, das wir aber wieder auf der Terrasse einnehmen werden. Und diesmal wird auch das Wetter halten.

Restaurant Interieur
Restaurant Interieur

Es werden verschiedene Menüs angeboten in sechs oder acht Gängen (169€ / 198€) oder als Best of in acht Gängen zu 215€. Im Rahmen unseres Arrangements ist ein 6 Gang-Menü geplant, das sich überwiegend aus Gängen des Best of-Menüs zusammensetzt, die Weinbegleitung durch den ausgezeichneten Sommelier Alex Koblinger inklusive.

Wie sehr Andreas Döllerer mit seiner Küche in der Heimat verwurzelt ist, wird bereits bei den Grüßen deutlich, in denen alle Regionen des Salzburger Landes mit typischen Zutaten oder Gerichten präsentiert werden. Auf einer Landkarte kommen Kohlrabi, Radieschen, Schafsmolke mit Karotte und Ingwer, Steckerlfisch von der Bluntauforelle, Tartelettes mit Gewürzkäse und Staudensellerie sowie mit Blunzen. Nicht alles davon ist eine kulinarische Offenbarung, sondern manchmal einfach nur das Produkt, das man halt aus der entsprechenden Gegend bezieht. Aber es ist eine sympathische Verbeugung vor der Region und setzt das Thema, das Döllerers Küche generell auszeichnet.

Kulinarisches Salzburger Land
Kulinarisches Salzburger Land

Fisch zum Beispiel bezieht er vorwiegend aus dem Bluntautal, das quasi vor der Haustüre in der Gemeinde Golling liegt. Hochseefische wird man hier vergebens suchen. Der recht blasse Lachs ist geschmacklich relativ dezent, wird aber durch Zitronenzesten spürbar aromatisiert. Der Hammer allerdings ist der Honig-Apfel-Verveine-Sud, süß und mit toller Säure, der den Fisch wunderbar umspielt und mit dem Apfel zusätzliche Frische bekommt. Ein starker Auftakt.

Bluntaulachs & BioBienenApfel
Bluntaulachs & BioBienenApfel

Weiter geht es mit Andreas Döllerers Interpretation einer regionalen Ramen. Hier bildet die Basis eine hinreißend intensive Hühnerbrühe, die aber vor allem von ihrer üppigen Einlage lebt. Ein in Soja mariniertes Ei gehört ja nahezu in jede Ramen. Hier kommen wunderbar saftiges Hendl-Haxenfleisch sowie gegrilltes Duroc-Rippchenfleisch dazu, ebenso Kohl und Mangold, Tannenflechten und Dinkelnudeln. Ich bin normalerweise kein großer Fan von heißen Suppen bei heißen Außentemperaturen. Aber in diese Hühnersuppe deluxe könnte ich mich reinknien.

Alpin Ramen
Alpin Ramen

Zur Tradition im Restaurant gehört, dass an dieser Stelle eine veritable Brotzeit serviert wird und zwar in Form eines ganzen Roggenbrotes samt Brotmesser. Dazu gibt es Pellkartoffeln, aufgeschlagene Butter vom Fürstenhof im benachbarten Kuchl sowie hausgeräucherter, ganz formidabler Hirschschinken. Natürlich ist das alles viel zu viel und selbstverständlich wird den Gästen angeboten, übrig gebliebenes Brot mitzunehmen.

Diese rustikale Einlage mag im Rahmen eines Gourmetmenüs unorthodox erscheinen. Hier ist sie völlig logisch und schlüssig.

Tauernroggen
Tauernroggen

Vor dem nächsten Gang wird den Gästen die Rübe gezeigt, die die Hauptrolle im folgenden Gericht spielen wird. Sie ist in einem Salz- und Sandteig gebacken und wird danach noch gebraten. Dünn geschnittene Chioggiarübe und Granola sorgen für Textur. Zusammen mit dem Fichten-Tomatensud, der einen sehr intensiven Duft aufweist, schaltet die Küche hier nach Ramen und Brotzeit aromatisch einen Gang runter. Es bleibt aber erneut ein sehr pointierter regional geprägter Gang.

Das folgende Shortrib ist butterzart gegrillt auf sehr seidigem Selleriepüree. Spitzkohl und gegrillter Kopfsalat liefern sowohl frische Noten als auch kräftige Röstaromen. Die wunderbare Schnittlauch-Krensauce schlägt einen gekonnten Bogen von der Moderne zur Klassik.

Short Rib vom Holzkohlegrill
Short Rib vom Holzkohlegrill

Den Abschluss stellt ein Johannisbeerkuchen dar, offenbar nach einem Rezept der Oma. Eine Tarte mit Vanillecreme und perfekt dressierter Baiserhaube ist ein guter Kuchen. Nicht mehr und nicht weniger. Separat gibt es noch einen kühlen Sud von der Zitronenverbene. Dennoch fehlt mir ein wirklich kaltes Element oder ein wie auch immer geartetes überraschendes Element. So bleibt das Dessert etwas arg konventionell.

Auch mit den Petit Fours huldigt die Küche ganz den österreichischen Traditionen und liefert Mini-Versionen der bekanntesten Süßspeisen. So kommen Mozartpraline, Esterházyschnitte, Topfenknödel, Linzertorte und Blattlkrapfen zu Ehren.

Süßes altes Österreich
Süßes altes Österreich

Regionalität haben sich mittlerweile viele Köche auf die Fahnen geschrieben. Andreas Döllerer geht noch einen Schritt weiter. Seine Küche, sowohl im Restaurant als auch im Wirtshaus, ist eine einzige Feier seiner Heimat, der Produkte aus der unmittelbaren Nähe  und der Gerichte, mit denen er groß geworden ist. Manchmal sind die Grenzen zwischen traditioneller Zubereitung und moderner Interpretation fließend. Allein deshalb empfiehlt es sich, beide Küchen kennenzulernen.

Das „Döllerers“ ist ein Gesamtkunstwerk, das durch und durch familiären Charakter atmet. Für kurze Zeit Teil dieser Familie zu sein, kann ich nur empfehlen.

Details

Restaurant: Döllerers
Adresse: Markt 56, A-5440 Golling
Öffnungszeiten: Wirtshaus:
Dienstag 17.00 - 22.00 Uhr
Mittwoch - Samstag 11.30 - 22.00 Uhr
Montag, Sonn- & Feiertage: Ruhetag

Restaurant:
Dienstag - Freitag 18.00 - 21.30 Uhr
Samstag 12.00 - 21.30 Uhr
Montag, Sonn- & Feiertage: Ruhetag
Website: www.doellerer.at

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