Gasthaus Waltz, München

Wer kennt es nicht? Nach mehreren Abenden mit umfangreichen Menüfolgen und zweifellos beeindruckenden, kreativen Gerichten gelüstet es einen auch mal nach etwas Handfesterem, nach einer Küche, die man nicht großartig auseinander analysieren muss und in die man einfach eintauchen kann.

Beisln, Wirts- und Gasthäuser sind dafür in der Regel die besten Garanten. Und so etwas soll es auch für unseren letzten Abend in München sein. Nun ist dies allerdings ein Segment, in dem wir uns vor allem in anderen Städten nicht sonderlich gut auskennen. Gut, wenn man dann auf Empfehlungen zurückgreifen kann.

Das „Gasthaus Waltz“, in fußläufiger Entfernung zu unserem Hotel im Glockenbachviertel gelegen, war mir bis dahin völlig unbekannt, aber schon ein Blick auf den Internetauftritt und die Speisekarte signalisiert mir, dass dies ziemlich genau das sein könnte, wonach uns der Sinn steht.

Außerdem läuft man mit einer austrophilen Küchenausrichtung bei uns ohnehin offene Türen ein. Dass die Betreiber, Stefan Grabler und Markus Hirschler, in München zudem keine Unbekannten sind und zuvor mehrere Jahre das „Grapes“ zu einer der angesagtesten Weinbars der Stadt machten, gibt zusätzlich Vertrauen. Die unbestrittene Weinkompetenz spiegelt sich dann auch folgerichtig in der Karte wider.

Recht kurzfristig konnten wir online noch eine Reservierung für 20.30 Uhr vornehmen und als wir etwas früher vor Ort sind, ist das Restaurant noch bis auf den letzten Platz gefüllt, so dass wir noch eine Runde drehen müssen. Und auch, als wir dann Platz nehmen können, ist noch sehr lange reichlich Betrieb. Die Stimmung ist lebhaft, ausgelassen und genussvoll, das Publikum so bunt gemischt, wie man es sich wünscht.

Dem Gemahl ging es den Tag über nicht sonderlich gut, aber die Bettruhe am Nachmittag hat geholfen und beim Blick in die Karte, aus der man wahlweise à la Carte wählen oder sich sein eigenes Vier- oder Fünfgang-Menü zusammenstellen kann, ist auch der Appetit wieder da.

Ganz wie es in Österreich üblich ist, wird auch im „Gasthaus Waltz“ ein Gedeck verrechnet. Dafür gibt es Brot vom renommierten Bäcker Julius Brantner mit einem Apfel-Kren-Schmand-Aufstrich sowie eine Kürbiskernölbutter.

Brot, Butter & Aufstrich
Brot, Butter & Aufstrich

Als Vorspeise entscheidet sich mein Mann für das Tatar von der Forelle. Wie man der Auflistung der Lieferanten entnehmen kann, bezieht man Fisch von der Fischzucht Birnbaum, dem Anbieter schlechthin für Süßwasserfische in der Spitzengastronomie. Das grob geschnittene Tatar wird begleitet von leicht säuerlichem Frischkäse, Forellenkaviar und dünn gehobeltem Kohlrabi, also alles relativ milde Mitspieler, die dem Fisch ganz die ihm gebührende Bühne lassen.

Forellentatar, Kohlrabi, Frischkäse & Forellenkaviar
Forellentatar, Kohlrabi, Frischkäse & Forellenkaviar

Mich reizt vor allem die Kalbszunge, alleine, weil sie so selten und völlig unberechtigterweise auf Karten zu finden ist. Hier kommt sie in dünnen Scheiben mit Kernen, roten Zwiebeln, Kürbiskernöl und Wurzelgemüse unter der schaumigen Krensauce. Das hat viel österreichischen Charme, ist fein abgestimmt, rustikal, aber eben gleichzeitig auch elegant.

Kalbszunge, Krensauce, Wurzelgemüse & Kernöl
Kalbszunge, Krensauce, Wurzelgemüse & Kernöl

Kren spielt auch in der Suppe die Hauptrolle und die liefert zusammen mit Preiselbeeren und Croûtons exakt das, was sie verspricht: feine Schärfe, etwas Säuerliches, dezenten Crunch und natürlich typischen Meerrettichgeschmack. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Meine bessere Hälfte ist mehr als zufrieden.

Krensuppe, Preiselbeeren & Croûtons
Krensuppe, Preiselbeeren & Croûtons

Wie man traditionelle Gerichte mit ein paar flotten Ideen zu etwas Zeitgemäßem aufpimpen kann, zeigt die Küche mit den Tafelspitzkroketten. Die sind schön fleischig und erhalten mit einer Estragonmayo und Preiselbeeren frische Akzente. Auch der ganz klassisch angemachte Rotkohlsalat fügt sich prima in dieses recht deftige und rustikale, aber gut gemachte Gericht.

Tafelspitzkroketten, Rotkraut, Kräutercreme & Silberzwiebeln
Tafelspitzkroketten, Rotkraut, Kräutercreme & Silberzwiebeln

Sehr sorgfältig zubereitet ist auch der folgende Saibling, der schön glasig gegart ist. Kraut, Drillinge und eine feine Paprikasauce machen dies zu einem sehr soliden, fein bürgerlichen Gang.

Saibling, Sauerkraut, Erdäpfel & Paprika-Fischfond
Saibling, Sauerkraut, Erdäpfel & Paprika-Fischfond

Ich muss zugeben, dass ich ja mitunter ziemlich langweilig bin bei der Auswahl meiner Speisen. Aber wenn ein Cordon Bleu auf der Karte steht, kann ich nun mal nicht anders. Das im „Gasthaus Waltz“ ist rund gebacken, was daran liegt, dass man statt Scheibenkäse Würfel von Bergkäse verwendet, ebenso reichlich guten gekochten Schinken. Beides überpowert das Fleisch nicht, sorgt aber für ausgeprägten Geschmack. Gut sind auch die punktgenau gegarten Kartoffeln in cremiger Sauce und der mit Kernöl und Kürbiskernen ganz klassisch angemachte Vogerlsalat. Preiselbeeren brauche ich zwar generell nicht, aber für die meisten gehören sie nun mal dazu. Auf meiner persönlichen Cordon Bleu-Skala ist dieses Exemplar eindeutig im oberen Drittel. Und das ist schon eine Auszeichnung.

Cordon Bleu vom Kalbsrücken, Petersilienerdäpfel, Vogerlsalat & Preiselbeeren
Cordon Bleu vom Kalbsrücken, Petersilienerdäpfel, Vogerlsalat & Preiselbeeren

Für ein Dessert reicht es nur noch bei mir, wenngleich auch ich zu diesem Zeitpunkt gut gesättigt bin. Allerdings verzichte ich auf Süßes und versuche mich am Époisses, der sehr gut gereift ist und damit schon relativ streng. Aber ich mag das sehr. Dazu gibt es geröstete, dünne Brotscheiben und Trüffel, was per se schon gut passt. Birne und Haselnuss hingegen sind nur marginal zu schmecken oder können sich gegen den kräftigen Käse nicht behaupten. Das ist in Summe gut, wenn auch nicht zu originell.

Époisses, Birne, Haselnuss & Trüffel
Époisses, Birne, Haselnuss & Trüffel

Die Küche wird vom jungen Alexander Gaßlbauer aus Niederbayern verantwortet und der passt perfekt in dieses Team. Was er hier auf die Teller bringt, ist sauber gekocht, fein abgeschmeckt und würde auch jedem österreichischen Beisl alle Ehre machen, erst recht, wenn es so frisch und modern präsentiert wird wie hier.

Der Service steht dem nicht nach, ist auch bei vollem Haus immer lächelnd zur Stelle und sorgt dafür, dass man sich wohl fühlt.

Die Kombination aus guter, geradliniger Küche, beeindruckender Weinkarte und ausgelassener Stimmung ist ein guter Garant dafür, dass auch andere Gastronomen an einem Sonntag ihren freien Abend in so einem Gasthaus verbringen. Wir kennen das aus Köln sehr gut, wo es ein ähnliches Lokal gibt, das – Überraschung – ebenfalls österreichisch ausgerichtet ist. Auch hier ist das nicht anders. Und das ist dann ja nicht die schlechteste Empfehlung. 

Details

Restaurant: Gasthaus Waltz
Adresse: Ickstattstraße 13, 80469 München
Öffnungszeiten: Donnerstag & Freitag: ab 18.00 Uhr
Samstag & Sonntag: ab 11.30 Uhr & ab 18.00 Uhr
Montag: ab 18.00 Uhr
Dienstag & Mittwoch: Ruhetag
Website: www.waltz-gasthaus.de

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Kommentare

  1. Marco Rieder am 12. März, 2024 um 7:58 Uhr.

    Viva la Wirtshaus! Danke lieber Thomas für die appetitanregende Beschreibung dieses hausmannsköstlichen Abends in München, der mir auch sehr gut gefallen hätte. Solltet ihr mal wieder in der Pfalz weilen, dann lasst es mich bitte wissen. Liebe Grüße auch an den Herrn Gemahl.
    Marco

  2. Carsten am 17. März, 2024 um 10:28 Uhr.

    Schließe mich Marco an! Das hätte ich mir auch sehr gefallen.

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