Gut Purbach, Purbach

„Max hat gesagt, ich soll Euch den Tisch voll machen“ – mit diesen Worten stellt uns Elli Hackstein einen Teller nach dem anderen hin. Und sie nimmt das wörtlich, denn am Ende sind es acht verschiedene Gerichte, die die Küche als Gruß schickt. Das ist hier nicht die Regel und vielleicht verdanken wir es der Tatsache, dass wir schon so viele Jahre hierher kommen. Pandemie bedingt liegt unser letzter Besuch nun auch schon wieder eine ganze Weile zurück. Aber es ist eigentlich immer noch alles wie immer. Auch wenn in der Zwischenzeit einiges passiert ist.

Dass Max Stiegl schon immer ein ausgezeichneter Koch ist, ist nichts Neues. Neben dem „taubenkobel“ hält er schon eine ganze Weile die Spitzenposition im Burgenland. Vom Gault Millau wurde er zum Koch des Jahres 2021 gekürt mit mittlerweile 17 Punkten und vier Hauben. In diversen TV-Formaten ist er auch dem deutschen Publikum bekannt geworden. Während der Lockdown-Zeit hat er sehr erfolgreich eine eigene „Max at Home“-Linie mit eingeweckten Gerichten vertrieben und nebenbei hat er auch die gastronomische Verantwortung für den „Knappenhof“, ein Hotel an den Ausläufern der Wiener Alpen in Niederösterreich übernommen, das just in diesem Jahr als Eröffnung des Jahres ausgezeichnet wurde. In Wien hat er am Spittelberg jüngst mit dem „Stanko & Tito“ ein weiteres Restaurant eröffnet, das sich der Balkan-Küche widmet. Kein Wunder also, dass der umtriebige Max Stiegl mittlerweile ein veritables mittelständiges Unternehmen mit zahlreichen Angestellten unterhält.

Interieur
Interieur

Heute Abend ist er krankheitsbedingt nicht im Haus, was zwar schade ist, worunter aber Stimmung und Leistung überhaupt nicht leiden. Das ist vor allem dem formidablen, umsichtigen Service zu verdanken und hier in erster Linie dem Restaurantleiter und Sommelier in Personalunion László Gosztoyi. Doch dazu später noch mehr.

Die Karte bietet zwei Menüs in fünf bis acht Gängen (105€ – 165€). Weinbegleitungen gibt es selbstverständlich auch und mit 45€ – 72€ sind diese sehr moderat kalkuliert.

Wir wählen jeweils fünf Gänge, was uns einen guten Querschnitt über das aktuelle Programm bietet und auch angesichts des vollgestellten Tisches mehr als ausreichend ist.

"Mach ihnen den Tisch voll!"
"Mach ihnen den Tisch voll!"

Und was da alles vor uns steht! Ich kann mir gar nicht alles merken, aber es ist ein buntes Potpourri aus dem, was die pannonische Küche und Region bietet. Rustikale Sülze, fabelhafter Schinken, schöne Gerichte mit Gemüse, Mangold, gebratene, marinierte Steinpilze, Tomaten auf der Höhe ihrer Qualität mit Ziegenfrischkäse, mit Pfifferlingen gefüllte Paprika, und selbst Auberginen, denen ich normalerweise nicht viel abgewinnen kann, gefallen mir in ihrer gefüllten Version gut. So gut das alles ist, ist der marinierte Saibling mit Paprika aber mein Favorit. In jedem Fall ein beeindruckender Einstieg in den Abend.

Ins eigentliche Menü starten wir zum einen mit geräuchertem Wels, dessen Stücke eine schöne feste Konsistenz aufweisen und die sehr aromatisch sind. Dazu gibt es außergewöhnlich gute Gurke und eine sour cream-artige Joghurtcreme, die das Ganze leicht säuerlich einfasst.

Räucherwels. Joghurt. Dill.
Räucherwels. Joghurt. Dill.

Ich beginne vegetarisch mit dem Purbacher Gemüsekistl, das akkurat gegarte Gemüsewürfel, Pfifferlinge und eine cremige Gemüsesauce im Zucchinimantel präsentiert. Die Karte verspricht zwar Gemüseraritäten, die ich nicht wirklich erkenne, aber unabhängig davon ist das kühl, frisch und gut.

Purbacher Gemüsekistl
Purbacher Gemüsekistl

Zu den Klassikern im „Gut Purbach“ gehört seit jeher die „Halázlé“, eine ungemein würzige Fischsuppe mit üppiger Einlage und ausgeprägter Schärfe. Hier und auch jenseits der ungarischen Grenze dürfte sie kaum besser zu bekommen sein.

"Halázlé" Pannonische Fischsuppe
"Halázlé" Pannonische Fischsuppe

Dass ich nicht nein sage, wenn es Taube gibt, ist mittlerweile bekannt. Stiegl widmet sich der Keulen, die in Würfeln zu einem würzigen Schmorragout verarbeitet werden. Dazu gibt es ein schlotziges Wildkräuterrisotto sowie eine Karotte. Das ist ein perfektes Wohlfühlgericht, sauber gekocht und gekonnt abgeschmeckt.

Taubenhaxerl. Risotto. Karotte.
Taubenhaxerl. Risotto. Karotte.

Ein weiterer Klassiker darf in unserer Wahl nicht fehlen. Die Grammelknödel auf pikantem Tomaten-Ingwer-Kraut sind wie gewohnt klasse mit einer Fülle, in der die Grammeln noch knackigen Biss haben. Kann man vielleicht anders, aber nicht besser machen.

Grammelknödel. Paradeis-Ingwer-Kraut. Mangalitza.
Grammelknödel. Paradeis-Ingwer-Kraut. Mangalitza.

Max Stiegl ist schon lange bekannt für seine Innereien-Gerichte, die einen festen Platz auf seiner Karte haben. Diesmal fällt mir die Wahl schwer, denn sowohl Lammbeuscherl als auch Chilikutteln mit Angusrind und Calamari klingen zu verlockend. Heute aber entscheide ich mich für Bries mit Oktopus. Das Bries kommt zwar ohne Röstaromen, die ich eigentlich sehr mag bei Bries, aber dennoch gut durchgegart. Insgesamt ist das Gericht eher mild und zurückhaltend.

Oktopus. Bries. Sellerie. Paradeiser.
Oktopus. Bries. Sellerie. Paradeiser.

Der Rostbraten, der hier gerne auch mal vom Pferd sein kann, kommt diesmal vom XO Beef, ist auf den Punkt rosa gebraten und ist von Pfifferlingen und einem längs geschichteten Gratin begleitet, das wie ein Millefeuille anmutet. Ein sehr solider Gang, nicht mehr und nicht weniger.

Rostbraten vom XO Beef. Eierschwammerl. Kartoffelgratin.
Rostbraten vom XO Beef. Eierschwammerl. Kartoffelgratin.

Der istrische Wolfsbarsch ist von fester Struktur mit schön knuspriger Haut auf Fenchelgemüse. In der angekündigten Tomaten-Erdbeer-Sauce mache ich mehr Tomate aus. Aber das Gericht lebt ohnehin eindeutig von der guten Fischqualität.

Istrischer Wolfsbarsch. Paradeiser-Erdbeer. Fenchel. Kartoffel.
Istrischer Wolfsbarsch. Paradeiser-Erdbeer. Fenchel. Kartoffel.

Bei den Desserts wählen wir einmal die traditionelle Variante und einmal die etwas moderne Form. Klassisch ist der Marillenknödel mit Marillenkompott und -sorbet. Wie so viele Knödelgänge relativ mächtig, aber in dieser Variation eben auch ziemlich gut.

Kittseer Marillenknödel. Röster. Holundersorbet.
Kittseer Marillenknödel. Röster. Holundersorbet.

Der „Kussmund“ kommt im Mantel aus Erdbeerpulver mit einer Salzkaramellmousse. Dazu gibt es frisches Sauerrahmeis und Limettensauce. Auch das ist in Summe relativ reichhaltig, gleichzeitig aber auch kühl und frisch. Ein schöner Abschluss.

"Kussmund". Sauerrahm. Kernöl. Pistazie.
"Kussmund". Sauerrahm. Kernöl. Pistazie.

„Gut Purbach“ verfügt über einen der schönsten Innenhöfe am Neusiedler See. Bei gutem Wetter kann man sich keinen idyllischeren Ort für ein Essen vorstellen. An diesem Abend ist es dafür zu kühl und zu nass, so dass wir im Gastraum Platz nehmen. Der ist voll besetzt und auch zwei größere Gruppen wollen dabei betreut werden, was für die Küche sicher eine Herausforderung darstellt. Aber unter der souveränen Führung von Hans Peter Leeb meistert sie auch das reibungslos.

Der Service steht dem in nichts nach. Aufmerksam, humorvoll ist er allzeit präsent und hat mit László Gosztoyi den Mann mit dem totalen Überblick. Seit vielen Jahren ist auch er bereits im Haus und vermag Gäste mit einnehmendem Charme von seiner Leidenschaft zum Wein zu begeistern. Die Karte weist neben den Weinen des hauseigenen Weingutes natürlich eine beachtliche Auswahl aus der Region, aber auch über die österreichischen Grenzen hinaus auf, darunter natürlich mittlerweile auch eine erkleckliche Anzahl an Naturals.

Wenn László merkt, dass man beim Thema Wein nicht ganz unbeleckt ist, ist sein Ehrgeiz geweckt und so haben wir, obwohl wir uns gegen die Weinbegleitung und für eine Flasche entschieden haben, nach und nach noch das ein oder andere Glas auf dem Tisch, das wir aber auch unbedingt probieren müssen. Und wenn uns dies dann, wie zum Beispiel für die nach unserem Geschmack häufig einfach viel zu süßen österreichischen Dessertweine, nicht wirklich überzeugt, lässt er nicht locker, bis er das Passende gefunden hat, wie dann in unserem Fall einen Gewürztraminer. Es macht einfach Spaß mit ihm.

Auch nach so langer Zeit hat „Gut Purbach“ nichts von seinem Reiz für uns verloren. Das Essen ist unprätentiös, aber von ausgesprochenem Wohlgeschmack. Das nachhaltige Prinzip der vollständigen Verwertung von Tieren wird kaum konsequenter gelebt als hier.

Übernachtungen in einem der am Gut gelegenen Apartments oder im neuen wunderbar restaurierten Landhaus neben der Kirche sind sehr zu empfehlen, auch wegen des höchst angenehmen servierten Frühstücks am Morgen. Und wenn Max Stiegl im Haus ist, kann man sicher sein, dass es dann auch immer was zu lachen gibt.

Details

Restaurant: Gut Purbach
Adresse: Hauptgasse 64, 7083 Purbach
Öffnungszeiten: Donnerstag - Samstag: 12.00 - 14.00 Uhr & 18.00 - 22.00 Uhr
Sonntag: 12.00 - 18.00 Uhr
Montag: 18.00 - 22.00 Uhr
Ruhetag: Dienstag & Mittwoch
Website: www.gutpurbach.at/

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