JY’S, Colmar

Vor gut zwei Jahren waren wir zuletzt in Colmar und hatten spontan einen Lunch im „JY’S“ eingeschoben. Damals hatten wir noch winterlich frische Temperaturen und nahmen das Essen im sehr modern und zeitgenössisch eingerichteten Inneren ein. Heute, es ist Hochsommer, speisen wir auf der Terrasse mit Blick auf die Lauch, einen Zufluss der Ill. Das Setting stimmt also schon mal und da es unser erster Urlaubsabend ist, sind wir sowieso in höchst entspannter Stimmung.

Außenansicht
Außenansicht

Das Essen seinerzeit, auch wenn wir nur zum einen das günstige Lunch-Menü hatten sowie eines der günstigeren Menüs, hat uns seinerzeit gut gefallen, auch wenn ich noch nicht vollständig die zwei Michelin-Sterne erkennen konnte, die über dem Haus glänzen.

Jean-Yves Schillinger hat sein Angebot etwas verschlankt. Zwar gibt es weiterhin ein günstigeres Mittagsmenü in drei Gängen zu 49€, ansonsten aber mittags wie abends nur noch ein Menü in wahlweise 4, 6 oder 8 Gängen (82€ / 102€ / 128€). Daneben weist die Karte aber noch eine erfreuliche Anzahl von à la Carte-Gerichten aus. Wir entscheiden uns für das Menü in 6 Gängen.

Als erste Apéros gibt es die uns noch bekannten gefüllten Oliven, die an einem kleinen Olivenbaum hängend serviert werden sowie kräftige Käsecracker.

Apéros: Käsecracker & gefüllte Oliven
Apéros: Käsecracker & gefüllte Oliven

Die anschließend, parallel zum Brot gereichten Gougère au Gruyère, also herzhafte Windbeutel, überzeugen mehr durch ihre voluminöse Größe als durch ausgeprägten Käsegeschmack.

Gougères au Gruyère
Gougères au Gruyère

Amuse Bouches im „JY’S“ kommen offenbar immer als Dreierlei. Dieses Mal ist es ein Mozzarellaschaum mit Aal, ein Süppchen vom weißen Pfirsich mit Foie Gras sowie ein kleines Röllchen mit gut abgeschmecktem Krebsfleisch. Letzteres ist hierbei noch am überzeugendsten. Bei den übrigen Grüßen sind die Beigaben Aal und Foie Gras so homöpathisch dosiert, dass sie kaum schmeckbar sind. So bleiben ein etwas breit wirkender Mozzarellaschaum und ein frisch, fruchtiges Süppchen mit dezent eingesetztem Chili. Das ist soweit nett, aber noch nicht begeisternd.

Amuses Bouches
Amuses Bouches

Das Menü startet sehr klassisch mit einer gut temperierten Terrine von der Foie Gras in sehr guter Konsistenz, begleitet von Aprikosen, Aprikosenmus und einer Mandelmilch-Panna Cotta. Das ist sehr stimmig und elegant präsentiert. Die Aprikosen sind schon recht reif und daher geschmacklich intensiv. Ich hätte dennoch, der Optik wegen, das ein oder andere Stück mit deutlicher Druckstelle eher zum Mus verarbeitet. Das dazu geröstete Brot fand ich jetzt nicht so toll. Es wurde recht schnell sehr trocken und konnte meines Erachtens keinen Ersatz zu einem Brioche darstellen. Ich hätte es vermutlich einfach weggelassen.

Foie Gras von der Ente mit Aprikose und Mandelmilch-Panna Cotta
Foie Gras von der Ente mit Aprikose und Mandelmilch-Panna Cotta

Ähnlich elegant geht es weiter mit dem Röllchen des in Rote Bete marinierten Lachs , in dessen Inneren eine Lachscreme eingearbeitet ist. Ist das mit dem Hauch frischen Meerrettichs bereits köstlich, bekommt das Gericht den besonderen Pfiff aber durch den fabelhaften Hibiskus-Granatapfelsud, der eine tolle fruchtig-säuerliche Note liefert.

Mit Rote Bete marinierter Lachs mit Meerrettich und Hibiskus-Granatapfelsud
Mit Rote Bete marinierter Lachs mit Meerrettich und Hibiskus-Granatapfelsud

Obst spielt auch bei der folgenden Rotbarbe eine entscheidende Rolle. Die Chorizokruste auf dem Fisch nimmt sich noch relativ zurückhaltend aus. Dafür bekommen Fenchel als Schnee und gedünstet zwischen zwei Safrankartoffelscheiben und Ananas in geschmorter Form ihren prägnanten Auftritt. Angegossen wird ein Sud von Ananas und Estragon. Letzterer ist für sich genommen eine gute Idee. Optisch macht das alles auch etwas her. Aber gerade der Sud schiebt das Gericht zusammen mit der geschmorten Ananas für mich dann doch zu sehr ins Fruchtige.

Rotbarbe mit Chorizokruste, Fenchelschnee, Safrankartoffel, Ananas-Estragon-Sauce
Rotbarbe mit Chorizokruste, Fenchelschnee, Safrankartoffel, Ananas-Estragon-Sauce

Einen Paukenschlag setzt die Küche beim Saibling. Auch hier wieder besticht die Präsentation mit gepufftem Reis auf Erbsenpüree und frischen Erbsen. Das mutet sehr fein an, aber die Sauce von grünem Curry lässt mir zunächst den Atem stocken. Das hat Wumms und mächtig Schärfe. Die wird mit der Zeit angenehmer, aber der Gaumen muss sich trotzdem eine Weile daran gewöhnen. Hat er das aber erst mal, bleibt ein toller Gang in Erinnerung.

Saibling mit Kapernpuder, Erbsenpüree und Sauce von grünem Curry
Saibling mit Kapernpuder, Erbsenpüree und Sauce von grünem Curry

Etwas zwiespältig bleibt der Eindruck beim Hauptgericht. Das Suprême von der Taube kann zunächst mit einer perfekt gegarten Brust und knuspriger Haut überzeugen. Auch der Schokoladenspiegel passt, ebenso die separat gereichte Sauce auf Basis eines Ragouts, die der Schokolade etwas von der ansonsten zu präsenten Süße nimmt. Nicht gut gelungen finde ich hingegen das Keulenfleisch in einem Pastillateig, das mir entschieden zu trocken erscheint sowie den Pak Choi, der zwar visuell gut ins Bild passt, den ich aber geschmacklich unpassend finde und der auch nicht durchgegart ist. In Summe bleibt aber trotzdem ein guter Fleischgang.

Suprême von der Taube auf einem Schokoladenspiegel mit Jamaica-Pfeffer, Keule im Teig und Ragoutsauce
Suprême von der Taube auf einem Schokoladenspiegel mit Jamaica-Pfeffer, Keule im Teig und Ragoutsauce

Als erste Erfrischung reicht der Service uns die noch vom letzten Besuch bereits bekannten Geleestücke von der Grapefruit mit Campari, wobei auch diesmal nicht der Showeffekt mit dem Trockeneisnebel fehlen darf.

Pré-Dessert 1: Grapefruitgelee mit Campari
Pré-Dessert 1: Grapefruitgelee mit Campari

Als eigentliches Pré-Dessert schickt die Küche dann ein Schälchen von Mango mit Estragongranité, Schokoladenbröseln und Baiser. Das ist erfrischend, unkompliziert und lecker.

Pré-Dessert 2: Mango und Estragongranité
Pré-Dessert 2: Mango und Estragongranité

Beim eigentlichen Dessert bleibt die Küche auf recht konventionellem Gebiet mit einer Kombination aus Garriguette-Erdbeeren, Pistazieneis, einer weißen Schokoladencreme, Erdbeersauce und einer etwas zu dick geratenen Schokoladenplatte. Das ist klassisch und rundet das Menü gut ab.

Gariguette-Erdbeeren mit Pistazieneis und weißer Schokolade
Gariguette-Erdbeeren mit Pistazieneis und weißer Schokolade

Es ist längst die Dunkelheit über Colmar hereingebrochen, als ein paar ebenfalls sorgfältig gearbeitete Petits Fours den endgültigen Schlusspunkt setzen. Wir sitzen noch immer gemütlich und gut umsorgt vom freundlichen Service mit Blick auf die beleuchteten Fachwerkhäuser.

Petits Fours
Petits Fours

Vor zwei Jahren hat mir unser Lunch bereits viel Spaß gemacht, auch wenn mir seinerzeit, bis auf eine hervorragende Vorspeise mit Zwiebeln, Grapefruit und gegrillten Gambas, die ganz großen Highlights fehlten.
Heute empfand ich das Menü deutlich runder und in Teilen kreativer. Gänge wie der Lachs und der Saibling stechen dabei besonders hervor. Jean-Yves Schillinger legt durchweg Wert auf eine stilvolle Ästhetik und Präsentation seiner Gerichte. Man kann dies auch an anderen Tischen beobachten, wenn Hummer und Gemüse in einer Cafétière oder Fisch mit Bienenwachs (Steirereck lässt grüßen) am Tisch gegart werden. Letztlich zählt aber der Geschmack und hier lässt Schillinger mit der Gelassenheit seiner langen Erfahrung keinen Zweifel aufkommen.

Details

Restaurant: JY'S
Adresse: 17, Rue de la Poissonnerie, 68000 Colmar
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag: 12.00 - 13.45 Uhr und 19.00 - 21.30Uhr
Sonntag und Montag: Ruhetag
Website: www.jean-yves-schillinger.com

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