La Société, Köln
Am 30. Oktober 2022 in Deutschland | 3123 Aufrufe | 1 Kommentar
Zu den festen Sterne-Institutionen in Köln gehört seit vielen Jahren das „La Société“ im quirligen Kwartier Latäng. Zusammen mit dem „Gut Lärchenhof“ in Pulheim und dem „ITO“ im belgischen Viertel gehört es zur Gastrofamilie von Peter Hesseler.
Unsere letzten Besuche hier liegen lange zurück. Das Ambiente seinerzeit als ziemlich bunt zu beschreiben, wäre eine mächtige Untertreibung gewesen. Eine wilde Mischung aus Lichterketten und Girlanden wirkten wie eine nicht abgeräumte Ganzjahres-Karnevals- und Weihnachtsdekoration. Zumindest optisch war es damit sicher eines der ungewöhnlichsten Gourmet-Restaurants überhaupt.
Einiges hat sich seitdem geändert. Relativ klein und beengt ist es immer noch, aber das Deko-Durcheinander ist einem aufgeräumten, schnörkellosen Interieur gewichen. Und mit Leon Hofmockel steht ein Koch am Herd, der ziemlich deutlich auf sich aufmerksam macht. Durchweg positive Urteile aus vielen Richtungen machten also einen Wiederbesuch mehr als überfällig.
Das Menü in fünf bis acht Gängen (139€ – 189€) kann um einen optionalen Gang und Käse ergänzt werden. Für uns sollen es heute sechs Gänge (159€) sein.
Den Auftakt macht ein Knusperröllchen mit Tatar vom portugiesischen Gamba und Kürbis, das hübsch dekoriert ist, aber geschmacklich noch etwas unauffällig bleibt. Süffiger und intensiver dafür die Kombination aus Bohnensalat, konfiertem Ei und Räucheraal.
Es folgt Sauerteigbrot mit gesalzener Butter und einer sehr aromatischen Creme von geräucherter Paprika und winzigen Speckwürfeln.
Als nächstes Amuse Bouche schickt die Küche ein Tatar vom Eifeler Rind auf einer Vichyssoise aus Lauch und Kartoffel mit einer Sauerampfercreme, etwas Forellenkaviar und einem markanten Meerretticheis. Nicht nur, dass hier die verschiedenen Komponenten ausgezeichnet ineinander greifen, auch die Textur- und Temperaturkontraste machen dies zu einem überaus gelungenen Gericht.
Als abschließenden Gruß kommen wir in den Genuss einer Kleinversion des Ganges, der in der Achtgang-Version des Menüs enthalten wäre. Die Gelbschwanzmakrele findet sich in der Schüssel zum einen als Sashimi und als Tatar vom Bauchlappen. Der Dashi von der Karotte steuert einen dezent asiatischen Touch bei, gepaart mit einer ganz leichten Koriandernote, das Shisosorbet dazu eine feine Schärfe. Erneut eine sehr harmonische und stimmige Kombination.
Der erste Gang des Menüs beginnt ganz klassisch mit einer Terrine von der Gänseleber. Die allerdings ist insgesamt sehr erdig eingefasst mit in PX-Essig marinierten hauchdünnen Champignonscheiben und einer mit Malz aromatisierten Lebercreme. Etwas Frische bringen allerfeinste Brunoises vom Apfel ins Spiel, dünne Brotchips als Mantel sorgen für etwas Knusper. Trotzdem überwiegt ein eher ungewohnt „dunkler“ Charakter, was nichts daran ändert, dass dies eine sehr elegante Version ist, die auch vom exzellenten Handwerk lebt.
Den Wolfsbarsch setzt Leon Hofmockel ganz klassich elegant in Szene. Auf einem Bett von gedämpftem Spinat findet sich der sanft gegarte Fisch, der wiederum mit einem Tatar von grünem Apfel, Sellerie und Kaiserschoten bedeckt ist. Ganz offenbar ist hier jemand am Werk, der großen Wert auf ausgezeichnetes Handwerk und Details liegt, denn auch hier beeindruckt wieder die präzise und feine Schnittechnik beim Gemüse. So akkurate kleine Würfel finden sich leider immer seltener. Umspielt wird das Gericht von einer Beurre Blanc mit Bergamotte und Schnittlauch. Hier spielt sich keine Komponente in den Vordergrund. Alles ist harmonisch aufeinander abgestimmt mit genau dem richtigen Maß an austarierter Säure. Sehr gut.
Aromatisch legt die Küche jetzt einen Gang zu. Mit den Bouchotmuscheln und Calamaretti im Escabechesud machen wir einen Ausflug in mediterrane Gefilde. Fencheltatar, Zucchiniröllchen, Queller und Pinienkerne unterstreichen diese Anmutung ganz ausgezeichnet.
Mit einer perfekt gegarten Tranche von der Mieral-Taubenbrust geht es weiter. Sehr knackige rote Bete steuert einen erdigen Ton bei, Creme vom schwarzen Knoblauch setzt eine weitere markante Note. Das ist in Summe sehr kräftig, hocharomatisch und gefällt mir als Taubenliebhaber sehr gut.
Es ist Herbstzeit und damit auch Wildzeit. So überrascht es nicht, dass es auch hier im Hauptgang Reh gibt. Allerdings ist die Eifel nicht weit und da bietet es sich quasi auch an. Der Rücken ist leicht geräuchert, was ich zwar nicht prägnant ausmache, aber dafür ist der Gargrad perfekt getroffen. Ob hier sous-vide vorgegart und dann nachgebraten wurde, weiß ich nicht, aber auf jeden Fall hat das Fleisch ausreichend Biss und Röstaromen. Kürbisragout, Pistazienpesto und eine handwerklich fabelhafte Wildjus, die mit Gänseleber abgeschmeckt wurde, geben hier die passenden Mitspieler, aber der eigentliche Star neben der Sauce ist für mich die Krause Glucke mit ihrem morchelartigen Geschmack. In Summe ist dies ein ganz wunderbares Herbstgericht.
Den Abschluss im Menü bildet eine Variation rund um das Thema Champagner und Trauben. In einem Ring aus Karamellmousse findet sich ein Ragout von Trauben und Haselnüssen, darauf ein Champagner-Cremesorbet. Das ist gut gemacht und von deutlichem Eigengeschmack, muss sich aber, wie eigentlich alle Champagnersorbets mit dem von Sven Elverfeld messen, der hier nach wie vor die Benchmark setzt. Und daran ändert sich auch heute nichts. Der Sud von Champagner und Estragonöl liefert einen schönen kräutrigen Twist, ohne dabei zu aufdringlich zu werden. Es unterstreicht aber den sehr erfrischenden Charakter dieses Desserts, das sich nahtlos einreiht in die kreativen und sehr souverän ausgeführten Menügänge.
Dreierlei Petits Fours beenden den Abend. Fallen die Madeleines mit Limette für meinen Geschmack ein bisschen zu trocken aus, gefallen die Pralinen mit dunkler Schokolade und Café Crème-Füllung sowie vor allem die exzellenten Windbeutel nach Bienenstichart umso mehr.
Das war ein ganz starkes Menü, das uns Leon Hofmockel hier präsentiert hat. Es ist auf einem sehr klassischen Fundament basierend, was sich auch in vielen handwerklichen Raffinessen bemerkbar macht. Gleichzeitig verzichtet es auf allzu große Extravaganzen, bietet aber viele kreative und überraschende Momente. Das wirkt alles schon sehr souverän, überhaupt nicht angestrengt – oder je nach Blickwinkel – anstrengend, sondern zeigt einen klaren und überzeugenden Stil. In der Einsterne-Liga spielt das für meinen Geschmack schon sehr weit vorne mit.
Der Service hält da mit unaufgesetzter Freundlichkeit und aufmerksamem Blick locker mit, allen voran Maximilian Altermann, der auch Herr über die umfangreiche Weinkarte ist. Mag der Menüpreis zwar angemessen, aber eben doch auch recht selbstbewusst kalkuliert erscheinen, weist die Weinkarte auch eine erfreuliche Anzahl von Flaschen im mittleren zweistelligen Bereich auf. Das macht richtig Spaß und Maximilian Altermann navigiert einen sehr kenntnisreich durch die Auswahl.
Die vielen Vorschusslorbeeren zur Küche von Leon Hofmockel, die uns im Vorfeld erreichten, können wir uneingeschränkt bestätigen. Eigentlich schwer verständlich, dass es so lange brauchte, bis wir wieder hierher kamen. Soll nicht wieder passieren!
Details
Restaurant: | La Société |
Adresse: | Kyffhäuserstraße 53, 50674 Köln |
Öffnungszeiten: | Donnerstag - Montag: 18.30 - 24.00 Uhr Dienstag & Mittwoch: Ruhetag |
Website: | www.restaurant-lasociete.de/ |
Schlagworte
Köln, kreativ, La Société, Leon Hofmockel, Michelin, moderne Klassik
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