Landhaus Bacher, Mautern

Köche arbeiten in erster Linie dafür, einen profitablen Betrieb zu führen. Mindestens genau so wichtig dürften aber auch Anerkennung und Auszeichnungen sein. Die wichtigste Auszeichnung eines Kochs ist noch immer ein Michelin-Stern. Besser noch zwei, mit dreien ist man im Olymp angekommen. Zwei und drei Sterne setzen einen auch auf die internationale Landkarte und sorgen für Publikum, das sich, sofern man nicht ohnehin in einer Metropole ansässig ist, sonst vermutlich nicht unbedingt auf den Weg in abgelegenere Regionen machen würde.

So wie die Verleihung eines Sternes für viele Köche die Erfüllung eines Lebenstraumes ist, kann die Aberkennung eines Sternes im Gegenzug für massive Kratzer am Ego führen. Was aber macht es mit einem Koch, wenn man Sterne nicht mal wegen nachlassender Leistung verliert, sondern sie einfach nicht mehr vergeben werden? Genau dies ist den Köchen in Österreich vor einigen Jahren passiert, als mangels kommerziellem Erfolg der rote Guide nicht mehr erschien und fortan nur noch Wien und Salzburg im „Main cities of Europe“ berücksichtigt wurden.

Wenn es um den Gästezuspruch im Landhaus Bacher geht, bräuchte es vermutlich keine Sterne. Die Höchstnoten in den übrigen Guides sowie der Ruf als eines der besten Restaurants des Landes über mehrere Jahrzehnte, sorgen hier mittags wie abends für beneidenswerte Auslastung. Lisl Wagner-Bacher hat in den Achtziger Jahren den Ruhm des Hauses begründet, ihr Schwiegersohn Thomas Dorfer führt den nahtlos fort und balanciert gekonnt zwischen der Tradition des Hauses und der Moderne.

Außenansicht
Außenansicht

Unser letzter Besuch hier ist tatsächlich schon wieder vier Jahre her. Aber Kontinuität zählt in Mautern eine Menge und sowohl die Service-Chefin Johanna Stiefelbauer als auch der Sommelier Andreas Rottensteiner, seit sagenhaften 37 bzw. 36 Jahren im Haus, erinnern sich prompt an uns und geben uns umgehend das Gefühl, eigentlich schon immer hier Gast zu sein.

Zum Essen: Neben einigen Klassikern gibt es ein Landhaus-Menü, ein Jahreszeiten-Menü und auch eines für Vegetarier, in jeweils 6 Gängen mit der Option, um Käse vom Wagen zu erweitern. Mittags wird mittwochs bis freitags zusätzlich ein einfacher konzipiertes 3 Gang-Menü für 49 Euro angeboten. Wir entscheiden uns heute für das Landhaus-Menü zu 154 Euro.

Zum Sauvignon Sekt vom Weingut Steininger kommen die ersten Apéros, ein Brikteigröllchen mit Apfel-Kren-Mousse und Rote Bete sowie ein sehr luftiges Gebäck mit Hühnerleber und Physalis. Beides ist sehr präzise gearbeitet.

Als Amuse Bouche gibt es zum einen eine Variation von Kohlrabi mit Apfel, Basilikum und Haselnuss. Das ist sehr elegant und fein. Aber noch besser gefällt mir der Klassiker aus Spargel, Beinschinken und Hollandaise, wobei letztere super fluffig und harmonisch ist und in der Konsistenz eher an ein Espuma kommt. In jedem Fall aber einfach toll.

Amuse Bouche: Kohlrabi, Apfel, Basilikum, Haselnuss & Spargel, Beinschinken, Hollandaise
Amuse Bouche: Kohlrabi, Apfel, Basilikum, Haselnuss & Spargel, Beinschinken, Hollandaise

Das Menü startet sehr klassisch mit einer Entenleberterrine, die eine fruchtige Einfassung von Rhabarber erhält. Allerdings sollte man nicht auf zu säurebetonte Akzente hoffen, denn der Rhabarber ist sehr mild abgeschmeckt. Bienenwachscreme und Purple Curry als Beigaben lesen sich jetzt auch exotischer als sie auf dem Teller erscheinen. In der Tat bleiben beide eher unauffällig. Deutlichere Akzente setzt dafür der gesalzene Entenleber-Nougat. Das Esspapier ist für die Optik beeindruckend, vom Mundgefühl aber eher unangenehm. Separat wird ein fabelhaftes, sehr klassisches Brioche gereicht.
Insgesamt wirken die Optik und die Beschreibung in der Menükarte deutlich moderner als der Gang letztlich ist. Unterm Strich sind wir hier deutlich traditioneller verortet und handwerklich makellos.

MARINIERTE ENTENLEBER & RHABARBER Bienenwachscreme, gesalzenes Entenleber-Nougat, Purple Curry in Kakaobutter gebratener Brioche
MARINIERTE ENTENLEBER & RHABARBER, Bienenwachscreme, gesalzenes Entenleber-Nougat, Purple Curry in Kakaobutter gebratener Brioche

Suppen gibt es mittlerweile viel zu selten in einem klassischen Fine Dining Restaurant. Thomas Dorfer serviert eine Velouté von Räucherfischen, die ordentlich Wumms hat. Nicht nur liefert der Fisch eine kräftige Deftigkeit, sondern Safran und vor allem Chili sorgen für eine Schärfe, die schon mehr als markant ist. Dazu gibt es Kärtner Strauben, ein Brandteiggebäck in der salzigen Version.

RÄUCHERFISCHVELOUTE & ZITRONELLE Kokosmilch, gebackene Strauben, Safran & Chili
RÄUCHERFISCHVELOUTE & ZITRONELLE, Kokosmilch, gebackene Strauben, Safran & Chili

Der Fischgang kombiniert ausgezeichneten Kabeljau mit dem Besten, das die Saison hergibt: Spargel und Morcheln. Dazu eine Reisessig-Hollandaise sowie angegossen eine Dashi Beurre Blanc, die zusätzliche Fülle gibt. Die Kalbszungenwürfel sind geschmacklich nur dezent spürbar. Auch in diesem Gericht dominiert vor allem ein durchweg harmonisches Gesamtbild. Und das gefällt mir sehr gut.

WILDFANG KABELJAU, RHABARBER & MARCHFELDSPARGEL glasierte Kalbszunge, Morcheln, gepickelter Rhabarber Eiskrautsalat & Dashi Beurre blanc
WILDFANG KABELJAU, RHABARBER & MARCHFELDSPARGEL, glasierte Kalbszunge, Morcheln, gepickelter Rhabarber Eiskrautsalat & Dashi Beurre blanc

Eine deutliche aromatische Steigerung bieten die Ravioli mit Rippchenfleisch vom heimischen Duroc Schwein. Das Fleisch im geringfügig zu festen Nudelteig wirkt wie faschiert, ist aber kräftig abgeschmeckt. Zusätzliche Würze liefern Blutwurst und Kraut nach Kimchi-Art. Abgerundet mit einem sehr typisch schmeckenden Szegediner-Schaum wirkt dieses Gericht wie eine spannende Gulasch-Variante. Ob es so geplant ist, kann ich nicht sagen, aber vom Stil passt dieser Gang sehr gut in Dorfers Konzept der Neuinterpretation von regionalen Klassikern.

RIPPERL-RAVIOLI VOM ÖTSCHER DUROC SCHWEIN geschmortes Winterkraut Kimchi „Art“, saurer Rahm Szegedinerschaum & Blutwurst
RIPPERL-RAVIOLI VOM ÖTSCHER DUROC SCHWEIN, geschmortes Winterkraut Kimchi „Art“, saurer Rahm Szegedinerschaum & Blutwurst

Im Hauptgang geht die Küche wieder einen Gang zurück und steuert Richtung Mittelmeer. Das Limousin Lamm, selbstverständlich perfekt rosa gegart, ist eingefasst von Fetacreme und einer Rosinen-Kaperncreme. Saubohnen und Pak Choi separat sowie eine Art Kartoffelroulade geben hier passende Beilagen in einem tadellosen, stimmigen Gericht.

Bei aller Perfektion dieses Gangs fehlte mir ein wenig das ganz Besondere, das nachhaltig in Erinnerung Bleibende. Im Dessert finde ich all das. Der leicht geräucherte Schokoladenbrownie harmoniert ganz vorzüglich mit dem ausgezeichneten Eis von Whiskey und Creme Double. Das wirkt im ersten Moment zwar etwas massig, aber Krokantblätter und Haselnüsse sorgen zum einen für crunchige Abwechslung und Meyer-Zitrone als Gel und in kandierten Streifen für frische Akzente. Das ist sehr zeitgemäß und ganz ausgezeichnet.

ABINAO SCHOKOLADE & MEYER ZITRONE mild geräucherte Ganache, Krokantblätter, piemontaiser Haselnüssen Eis von Whisky & Crème Double
ABINAO SCHOKOLADE & MEYER ZITRONE, mild geräucherte Ganache, Krokantblätter, piemontaiser Haselnüssen Eis von Whisky & Crème Double

Ein Erdbeer-Rhabarbersüppchen, eine Sachertorten-Interpretation, eine Esterhazy-Schnitte und ein knuspriges Profiterole als Petits Fours zeugen noch einmal von der Qualität der Patisserie und beschließen ein rundes Menü, das sich handwerklich auf hohem Niveau bewegte.

Petits Fours
Petits Fours

Ähnlich wie bei unseren beiden Menüs zuvor, überzeugt mich Thomas Dorfer immer dann am meisten, wenn er sich an Neuinterpretationen von regionalen Klassikern macht. Man schaue sich dazu nur die hervorragend gemachten Videos zum Tafelspitzravioli (https://vimeo.com/44466295) oder zum Scheiterhaufen (https://vimeo.com/44464848) an. Heute waren die Ripperl-Ravioli, die Räucherfisch-Velouté und das Dessert mein persönlicher Favorit.

In jedem Fall ist Thomas Dorfers Küche eine, die sowohl die langjährigen Stammgäste als auch Freunde modernisierter Klassik glücklich macht. Hier wird man wohl nichts Verstörendes auf dem Teller erleben und manches, das gewagt klingt, bleibt dann doch relativ zahm. Für mich dürfte es an manchen Stellen durchaus etwas wagemutiger zugehen, aber ich verstehe, dass es in diesem Haus um eine vorsichtige Modernisierung eines sehr bewährten Konzeptes geht.
Und damit sind wir wieder bei dem Führen eines profitablen Hauses. Ich nehme an, dass dies hier sehr gut gelingt. Das Landhaus Bacher funktioniert als Gesamtkunstwerk und als Hort großer Gastfreundschaft ganz ausgezeichnet. Für Thomas Dorfer als Koch wäre es zudem sicher eine schöne Anerkennung, wenn irgendwann auch wieder die zwei Sterne über dem Haus leuchten würden, die es bereits einmal hatte. Denn die hätte es immer noch verdient.

Details

Restaurant: Landhaus Bacher
Adresse: Südtiroler Platz 2, 3512 Mautern
Öffnungszeiten: Mittwoch - Samstag: 12.00 - 14.0 Uhr und 18.30 - 21.30 Uhr
Sonntag: 11.30 - 20.00 Uhr durchgehend
Montag + Dienstag: Ruhetag
Website: www.landhaus-bacher.at

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