Le Pré Champenois, Reims (geschlossen)
Am 2. November 2017 in Frankreich | 3523 Aufrufe | 1 Kommentar
Viele Jahre standen wir, wenn wir in Reims waren, immer mal wieder vor diesem Ecklokal unweit des Rathauses und studierten die Speisekarte. Warum wir dann letztlich doch nie hinein gegangen sind, kann ich heute gar nicht mehr sagen. Irgendwie fand sich wohl immer etwas, das doch interessanter klang. Vor und zwischen all den Sterneküchen ist uns heute jedoch nach etwas rustikalerem und genau das verheißt die Karte auch, ohne dabei allerdings profan zu klingen. Dazu vermittelt das Restaurant auch bereits von außen einen gediegenen Charme und ein angenehm stilvolles Ambiente. Das setzt sich auch im Inneren fort, wo Jazzmusik für eine passende Untermalung sorgt.
Zum Apéritif schickt die Küche eine etwas groß portionierte Gurkenscheibe mit Frischkäsecreme sowie ein Gougère au fromage, ein Brandteiggebäck mit Käse. Letzteres ist noch warm und gefällt mir besonders gut.
Das dann folgende Amuse Bouche löst bei mir allerdings nur Verwunderung aus. In einem Glas finden sich kalte Kürbiscreme und ein paar Zucchiniwürfel. Weder passt das geschmacklich, noch finde ich kalte Kürbiszubereitungen besonders reizvoll. Es tut nicht weh, ist aber auch nichts, was ich häufiger bräuchte.
Natürlich werden auch im „Pré Champenois“ diverse Menüs angeboten, aber heute reizt uns das à la Carte Angebot und so starte ich mit einem Tartar von Wolfsbarsch und geräuchertem Aal. Die Portion ist riesig, so dass man meinen könnte, ein kompletter Fisch wäre hier verarbeitet worden. Das Tartar ist mit Olivenöl und Zitrone gut abgeschmeckt, dazu ein paar dünne Streifen von grünem Spargel und Karotte, die blanchiert sind. Eine sehr schöne Begleitung ist der Kräutersalat aus Koriander und Dill, mit dem man den Fisch nach eigenem Belieben zusätzlich würzen kann.
Mein Mann entscheidet sich für l’oeuf en meurette, ein klassisch burgundisches Gericht, das pochiertes Ei mit Rotweinsauce beschreibt. Hier kommt es auf geröstetem Brot, begleitet von gebratenen Austernpilzen, Spinat und einer gebratenen Scheibe Foie Gras. Als wäre das alles noch nicht kräftig genug, liefert eine Scheibe knuspriger Speck noch salzige Würze dazu. Ein wunderbar süffiges, wenn auch ziemlich deftiges Vergnügen.
Die Karte im „Pré Champenois“ listet erfreulicherweise neben einigen Standards wie dem Boeuf Rossini, Steinbutt oder Kalbsbries auch einige eher seltener zu findende Gerichte. Wann habe ich das letzte Mal einen gefüllten Kaninchenrücken oder eine Königinpastete gesehen? Auch eine Kalbsniere könnte man bestellen. Es wirkt ein wenig wie das bewusste Steuern gegen das Vergessen, bevor diese aus der Mode gefallenen Gerichte endgültig von den Speisekarten der Generation Thunfisch verschwinden.
So freue ich mich auf den in Speck eingewickelten Kaninchenrücken, der mit saftigem Kaninchenfleisch und Foie Gras gefüllt ist. Erneut ist die Menge enorm und ich frage mich, wie man das, sowohl von der Qualität, dem Aufwand, den Zutaten und der Menge für unter 20 Euro hinbekommt. Die angekündigte Thymian-Jus ist zwar nur dezent schmeckbar, aber angesichts dieses Musterexemplars von Fleischzubereitung verstummt alle kleinliche Mäkelei. Ich bin hochzufrieden.
Gegenüber wird es nicht weniger monströs. Es gibt Königinpastete, den Klassiker der Siebziger Jahre schlechthin. Heutzutage ist es schon, außer bei wenigen noch handwerklich arbeitenden Bäckern, ein Ding der Unmöglichkeit, eine anständige Blätterteigpastete zu bekommen. Diese hier ist von Handteller großem Ausmaß, gefüllt mit Geflügel, Kalb und Pilzen, die in einer schweren, dicklichen Béchamelsauce baden. Genau so muss das sein und genau so habe ich es in Erinnerung. Dazu serviert die Küche einige Würfel Schinken, die vom gepökelten Eisbein sein könnten. Auf jeden Fall sind sie köstlich. Ein gut angemachter, schlichter grüner Salat ist die passende Ergänzung zu diesem absoluten Nostalgie- und Wohlfühlgang.
Bei den Desserts wird es nicht weniger klassisch. Wenn man wollte, kann man hier noch der Zubereitung eines Crêpe Suzettes beiwohnen, wie an einem anderen Tisch bestellt. Ich entscheide mich aber für den Vanille Macaron, dessen Hälfte mit einer leichten Zitronen-Ingwer-Creme belegt ist, darüber eine dünne Schicht Mandelkrokant und darauf ein Joghurteis. Im Zusammenspiel des weichen Teiges mit den übrigen Zutaten ergibt sich ein sowohl harmonisches Geschmacksbild, wie auch abwechslungsreiches Texturspiel. Das ist sehr gut.
Das Soufflé, das meinem Gegenüber serviert wird, ist atemberaubend. Sowohl was die Größe angeht, als auch die Höhe, in der es aufgegangen ist und die Standfestigkeit, mit der es sich hält. Wir haben schon einige Soufflés gehabt, aber das hier ist wirklich handwerklich ganz großes Kino. Zudem kommt der angekündigte Grand Marnier-Geschmack prächtig raus und das separat gereichte Blutorangen-Sorbet passt ebenfalls ausgezeichnet.
Das war ein überraschender Abend, denn wir hatten zwar mit sehr klassischen Gerichten gerechnet, aber nicht eine derart gute Ausführung erwartet. Hier steht definitiv ein Küchenchef am Herd, der sein Handwerk noch richtig gelernt hat. Dass hier auch fast vergessene Gerichte ihren festen Platz haben, verdient zusätzlich Respekt. Angesichts des Aufwandes, der hier betrieben wird, sind die aufgerufenen Preise fast ein Witz. Unsere Vorspeisen lagen bei 14 bzw. 15 Euro, die Hauptgänge bei 17 bzw. 19 Euro und die Desserts bei 11 Euro. Die Weinkarte ist ebenfalls mehr als moderat kalkuliert. Für uns also auf jeden Fall eine Adresse, die wir beim nächsten Mal gerne wieder besuchen werden.
Details
Restaurant: | Le Pré Champenois |
Adresse: | 1, rue Jean-Jacques Rousseau 51100 Reims |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag: mittags und abends Sonntag + Montag: Ruhetag |
Website: | www.leprechampenois.fr |
Schlagworte
französisch, Innereien, klassisch, Pré Champenois, Reims, traditionell
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