maximilian lorenz, Köln

Ebenso überraschend wie das Aus des „Wein am Rhein“, nur ein paar Schritte hinter dem Kölner Bahnhof gelegen, im März 2018, kam die Ankündigung, dass Maximilian Lorenz die nicht gerade kleinen Räumlichkeiten übernehmen würde und dafür sein Restaurant „L’escalier“ im Belgischen Viertel schließen würde. Über lange Jahre hatte der Jeune Restaurateur dort das Souterrain, und im Sommer auch eine überschaubare Außenfläche, bespielt und war dort mit einem Michelinstern ausgezeichnet.

Die neuen Räumlichkeiten, die er nach kurzem Umbau bereits im Juni 2018 wieder eröffnen konnte, bieten jetzt deutlich mehr Sitzplätze und es war sicherlich eine gute Entscheidung, nicht ausschließlich auf das Gourmet-Publikum zu setzen. Dafür ist die Preisgestaltung denn doch zu ambitioniert, um hier sicher an fünf Tagen in der Woche für volle Auslastung zu sorgen.

So findet sich im linken Teil des Restaurants das Gourmetabteil, das nun auch den Namen von Maximilian Lorenz trägt und rechter Hand mit dem „heinzhermann“ ein Weinbistro, das etwas informeller gestaltet ist und wo sich auch à la Carte essen lässt. Die Küche führt Maximilian Lorenz seit März 2017 gemeinsam als Doppelspitze mit Enrico Hirschfeld, der in seiner Vita auch über Stationen in den Kölner Institutionen „La Société“ und „maiBeck“ verfügt.

Wir wenden uns aber zur linken Seite, das heute gemeinsam mit Freunden unser Ziel ist. Anders als im Weinlokal konzentriert man sich im „Maximilian Lorenz“ ganz auf deutsche Weine. Abgesehen von einem Champagner, der muss halt schon noch sein, gibt es deshalb eine schöne Auswahl an Sekten, zum Beispiel von Van Volxem, Huber und Korrell, mit denen wir in den Abend starten.

Es gibt zwei Menüs mit maximal acht Gängen in den Ausführungen „Tradition“ und „Innovation“. Da hier grundsätzlich eine sehr moderne Küche zu erwarten ist, kann ich nicht recht beurteilen, ob sich das Ergebnis auf dem Teller groß unterscheiden würde.
Wir hätten das zwar gerne ausgetestet, aber der Service macht uns, durchaus sehr freundlich, aber eben auch auf deutliche Art, klar, dass wir uns an unserem Vierertisch bitte auf ein Menü einigen mögen. Gegebenenfalls und eventuell könne man vielleicht einen Gang austauschen, aber ansonsten bittet man um Einheitlichkeit.

Wir finden das recht irritierend und tatsächlich auch etwas ärgerlich, denn in beiden Menüs finden sich Gerichte, die den ein oder anderen in unserer Gruppe interessiert hätten und wir stellen uns die Frage, was passieren würde, wenn wir uns nun partout nicht hätten einigen können. Oder warum wir zwei verschiedene Menüs hätten bestellen können, wenn wir nur an zwei nebeneinander liegenden Tischen gesessen hätten und nicht an einem. Und warum darf man nur 5 (90€), 7 (127€) oder 8 Gänge (139€) bestellen, aber nicht 6? Fragen über Fragen.
Jedenfalls finden wir diese „Draußen nur Kännchen (und drinnen nur ein Menü pro Tisch)“-Mentalität unnötig einengend und wenig am Gast orientiert.

Wir haben aber nicht vor, uns davon den Abend verderben zu lassen, entscheiden uns für die „Innovation“, tauschen aber das Dessert bis auf einen Esser aus und starten in das volle Programm.

Und so kommen wir auch endlich zum Essen, das mit einem Mettbrötchen als erstem Gruß startet. Also natürlich der verfeinerten Interpretation in Form eines Tatars vom Duroc Schwein. Derlei Variationen von lokalen Klassikern findet man in Köln häufiger und auch hier ist der Happen würzig abgeschmeckt und soll zu Beginn erst mal nicht mehr sein als ein Augenzwinkern.

Amuse Bouche: "Mettbrötchen"
Amuse Bouche: "Mettbrötchen"

Vielschichtiger gestaltet sich der folgende Gruß, bei dem gebeiztes Eigelb auf einen Forellensud, Meerrettich und selbst gemachten Heringskaviar trifft. Das ist komplex, sehr fein abgestimmt und könnte ich mir in größerer Version auch als eigenständigen Gang vorstellen.

Amuse Bouche: Gebeiztes Eigelb
Amuse Bouche: Gebeiztes Eigelb

Noch einmal wird es verspielt mit dem „Rheinkieselstein“, der am Tisch aus einem Zerstäuber auch noch mit „4711 Kölnisch Wasser“ besprüht wird. Bei der Ankündigung mag man sich erschaudernd abwenden, aber natürlich handelt es sich bei dem Parfüm nur um ein nachgebautes, das mit Bergamotte, Orange und Lavendel durchaus Gourmet taugliche Ingredienzien verwendet, die sich mehr olfaktorisch über das Gericht legen, als tatsächlich einen nennenswerten geschmacklichen Nachhall zu hinterlassen.
Das ist auch gar nicht nötig, denn der Kieselstein entpuppt sich als lockere und schmackhafte Kalbslebermousse, die einen aus Algen zubereiteten Mantel erhält.

Amuse Bouche: "Rheinkieselstein & 4711"
Amuse Bouche: "Rheinkieselstein & 4711"

Aus der Brotauswahl stechen vor allem ausgezeichnetes Knäcke sowie ein hervorragend saftiges Vollkornbrot heraus. Salzbutter und Kräuterquark sind von guter Qualität.

Brot & Butter
Brot & Butter

Das Menü beginnt mit Saibling aus dem Königsee. Obwohl recht mild im Eigengeschmack und nicht vordergründig bearbeitet, könnte er der Hauptdarsteller sein, hat es aber schwer, sich gegen die Mitspieler auf dem Teller zu behaupten. Radieschen und wilder Brokkoli in relativ ursprünglicher und in fermentierter Form sind recht dominant. Vor allem der Brokkoli erscheint mir in der fermentierten Version regelrecht sperrig, säuerlich und bitter. Auch die Konsistenz, die man kaum anders als letschert bezeichnen kann, belegt, dass Fermentieren diesem Gemüse nicht unbedingt nach vorne hilft. Das steht dem Radieschen deutlich besser. Dennoch bleibt die ganze Komposition für mich ziemlich unausgewogen.

Saibling aus dem Königssee | süß & sauer | Holunderkapern | Radieschen | wilder Brokkoli
Saibling aus dem Königssee | süß & sauer | Holunderkapern | Radieschen | wilder Brokkoli

Stimmiger wird es mit dem Eifel-Stör, bei dem Sonnenblumen die entscheidende Rolle spielen. Auch hier ist die Wurzel fermentiert, was aber gut passt. Die Sauce basiert auf geräucherten Sonnenblumenkernen, obenauf zudem geschwenkte für den Crunch. Eine schöne und ungewöhnliche Deklinierung, die gemeinsam mit dem Spinat und der kräftigen Sauce, die zwar hart an der Salzgrenze, aber eben noch im gerade richtigen Bereich spielt, ein rundes Bild gibt.

Stör aus der Eifel | Holzkohleöl | Spinat | Sonnenblumen
Stör aus der Eifel | Holzkohleöl | Spinat | Sonnenblumen

Der Kalbsknochen gehört offenbar zu Maximilian Lorenz‘ Signature Dishes. Jedenfalls habe ich ihn auch häufiger bereits auf seinen Menükarten im „L’escalier“ gesehen. Ob er variiert wird oder die Zusammenstellung immer ähnlich bleibt, kann ich nicht sagen, aber die heutige Version mit geflämmter Makrele gefällt mir ausgesprochen gut. Das Mark liefert einen schönen reichhaltigen Unterton für die Makrele, eine deutliche Knoblauchnote, frisch geriebener Meerrettich und frittierte Petersilie, die vielleicht etwas zu üppig bemessen ist, unterstützen den robusten Charakter. Wenn man so will, ist dies mal eine rustikale Surf & Turf-Variante – in jedem Fall aber eine sehr gute.

Kalbsmarkknochen | Makrele | junger Knoblauch | Liebstöckel
Kalbsmarkknochen | Makrele | junger Knoblauch | Liebstöckel

Ein echter Höhepunkt folgt mit der Essenz und dem Strudel vom Lamm. Letzterer ist zwar weniger ein Strudel, sondern mehr ein Wan Tan, aber das ist vielleicht auch gut so. Denn das knusprige Teigtäschchen, das mit geschmortem, feinfaserigem Schulterfleisch gefüllt ist, liefert eine Menge Geschmack und Textur. Noch besser allerdings gefallen mir die Würfel von der Lammzunge, die einen wunderbar würzigen Eigengeschmack aufweisen. Kohlrabi reichert als Brunoise und in hauchdünnen Scheiben die intensive Essenz an, so dass sich ein fein abgestimmtes und abwechslungsreiches Gericht ergibt.
Nur von der Beschreibung im Menü war ich schon drauf und dran, den Gang entweder auszulassen oder zu tauschen. Gut, dass ich es nicht getan habe.

Essenz und Strudel vom Ur-Lamm | Kohlrabi | Vogelmiere
Essenz und Strudel vom Ur-Lamm | Kohlrabi | Vogelmiere

Vor dem Hauptgang gibt es bei Maximilian Lorenz immer eine Erfrischung. Das Menü verheißt Sellerie und Chorweiler Kümmel, aber Staudensellerie, ebenso wie Apfelbalsamessig, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Das Sorbet ist vom Apfel und die Hauptrolle spielt eindeutig der Kümmelschnaps aus dem Kölner Stadtteil Chorweiler, der mit seiner feinen Süße und dezenten Bergamotte-Note das Sorbet schlüssig umspielt. Zwar nur als Intermezzo gedacht, aber ebenfalls einer der stärksten Gänge.

Sellerie & Chorweiler Kümmel
Sellerie & Chorweiler Kümmel

Sehr konzentriert und nahezu reduziert präsentiert sich die perfekt rosa gegarte Rinderfärse. Erbsen-Panna Cotta, frische Erbsen, Blauschimmelkäse und Gel von der Salzzitrone sind sehr kompakt angerichtet, so dass sich der Grundakkord unmittelbar vermittelt. Ein unspektakulär wirkender, aber vielleicht gerade deshalb sehr guter Fleischgang.

Rindernacken | Erbsen | Zitronenmelisse | Blaue Stunde
Rindernacken | Erbsen | Zitronenmelisse | Blaue Stunde

Im Innovationsmenü ist als Dessert Buchweizen mit Bienenwachseis vorgesehen. Bis auf einen am Tisch haben wir anderen uns für das Dessert aus dem Traditionsmenü entschieden. Das folgende Bild dient daher nur zur Dokumentation. Ich habe es nicht probiert und kann es daher nicht beurteilen.

Buchweizen | Bienenwachseis | Sanddorn | geröstetes Mehl
Buchweizen | Bienenwachseis | Sanddorn | geröstetes Mehl

Tatsächlich recht traditionell, aber auf angenehm modernisierte Weise präsentiert sich der Käsekuchen mit Rhabarbersorbet und gefüllten Rhababerröllchen. Der Estragonstaub auf dem Kuchenquader hinterlässt nur einen marginalen Eindruck, der mit seiner leicht kräutrigen Note aber gut zum Quark passt.

Käsekuchen | Bollheimer Quark | Rhabarber | Estragon
Käsekuchen | Bollheimer Quark | Rhabarber | Estragon

In Köln kommt man um Interpretationen des „Halven Hahns“ kaum vorbei. Auch Maximilian Lorenz und Enrico Hirschfeld haben ihre Version schon lange im Programm und diese beschließt das Menü. Ich persönlich hätte mir den Käsegang ja lieber vor dem Dessert gewünscht, aber bei Lorenz ist das nun mal so. Mit geröstetem Graubrot, Würfeln von altem Gouda und gepickelter Zwiebel bewegt sich diese Ausführung gar nicht so weit weg vom Original. Der warme Röstzwiebelsud ist zwar eine schöne Ergänzung, aber an dieser Stelle im Menü für mich dann doch zu viel des Guten. Wer bis hierhin noch nicht gesättigt ist, ist es spätestens jetzt. Nach wie vor bevorzuge ich doch zum Ende etwas Kühles und Süßes nach einem ausgiebigen Menü.

Halver Hahn | Alter Gouda | Graubrot | Röstzwiebeln
Halver Hahn | Alter Gouda | Graubrot | Röstzwiebeln

Drei optisch beeindruckende Pralinen mit Kirsche, Nuss und Milchreis setzen den endgültigen Schlusspunkt unter ein insgesamt sehr gutes Menü.

Petits Fours
Petits Fours

Das Duo Lorenz / Hirschfeld hat uns in weiten Teilen eine sehr pointierte Stilistik präsentiert, die regionale Zutaten kreativ in Szene setzt und sich auch mal zurück nimmt, wenn es Sinn macht. Dass mich gerade die Vorspeise nicht recht zu überzeugen wusste, ist zwar etwas bedauerlich, weil doch der Beginn eigentlich ein positives Ausrufezeichen setzen sollte. Dafür holte das Menü in den folgenden Gängen mächtig auf.

Dass man im Gourmetbereich ausschließlich auf deutsche Weine setzt, ist mutig, kann man aber auch als selbstbewusstes Statement verstehen. Erfreulich ist, dass es auch im mittleren Preissegment ausreichend Auswahl gibt, so dass man sich hier bei den Getränken nicht verschulden muss. Und wem die deutsche Auswahl nicht genug ist, kann auch aus der internationalen Karte des „heinzhermann“ etwas Passendes für sich finden.

All das sind eigentlich beste Voraussetzungen für einen vergnüglichen Abend. Von daher würde ich mir etwas mehr Flexibilität und von der kölschen Toleranz bei der Menüauswahl wünschen. Dann könnte es rundum gut sein.

Details

Restaurant: maximilian lorenz
Adresse: Johannisstraße 64, 50668 Köln
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag: 18 bis 22 Uhr
Sonntag + Montag: Ruhetag
Website: www.maximilianlorenz.de

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Kommentare

  1. Gero Kettler am 22. Mai, 2019 um 14:07 Uhr.

    Ja, das Lorenz ist für das nächste Arbeitsessen und -Trinken in Köln eigentlich vorgesehen. Wobei die Kolleginnen noch überzeugt werden wollen. Ob das nach deinem schönen, flotten Bericht ohne Weiteres gelingt? Manches schien mir doch auch schwer, nicht nur der abschließende Käsegang, auch Frittiertes zum Knochenmark und fettem Fisch, puh!

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