Ox & Klee, Köln

Ziemlich genau drei Jahre ist es her, seit ich das letzte Mal das „Ox & Klee“ besucht habe, seinerzeit noch in der alten Location im Souterrain in der Richard-Wagner-Straße. Einiges ist seitdem passiert. Noch im selben Jahr zog Gottschlich in das mittlere Kranhaus im Zollhafen, vergrößerte das Platzangebot deutlich und richtete mit dem „Bayleaf“ im Erdgeschoss gleich noch eine Bar ein, in der es eine kleine, aber durchaus ebenfalls ambitionierte Speisekarte gibt.

Einschub:
Einen Michelin-Stern hielt das „Ox & Klee“ auch damals schon. Mittlerweile leuchtet sogar der zweite Stern über dem Haus. Unser Besuch fand vor der Verleihung statt und dieser Bericht war zu dem Zeitpunkt auch bereits geschrieben. Ich habe – außer diesem Absatz – nichts mehr daran verändert. Die Auszeichnung kam für mich zwar überraschend, aber der Eindruck unseres Abends hätte sich dadurch ja ohnehin nicht verändert. Und im Nachhinein schon sowieso nicht.
Einschub Ende. Weiter im vorgesehenen Text:

Wie bereits bei meinem ersten Besuch gibt es nach wie vor keine feste Karte, sondern nur ein Überraschungsmenü von 5 bis 8 Gängen (99,–€ – 153,–€). Auf Abneigungen und Allergien wird natürlich Rücksicht genommen, aber wenn man sich schon komplett in die Hände eines Kochs begibt, ist das auch das Mindeste, das man erwarten sollte. Wir haben keine Einschränkungen und entscheiden uns heute für 6 Gänge.

Zum festen Programm im „Ox & Klee“ gehören die Einstimmungen, in denen die fünf Geschmacksrichtungen plus noch zusätzlich Fett in Form von kleinen Appetizern präsentiert werden. Die sind durchweg präzise ausgearbeitet und klar erkennbar. Dass dabei nicht alles gleichermaßen geschmacklich überzeugt, ist vielleicht erwartbar, aber auch nicht tragisch. Das recht süße Bananenbrot mit Speck und Süßholz kann nichts dafür, dass Banane nun mal nicht mein allerliebstes Obst ist. Und auch Rooibos-Tee, selbst wenn mit Mandarine aromatisiert, gehört nicht zu meinen Favorites. Aber unstrittig ist, dass süß und bitter deutlich präsent sind.
Im Gegenzug hat mir die Krokette mit kräftiger Brathuhn-Mayonnaise (Umami) und der Würfel mit Tomaten-Passionsfrucht-Geschmack (sauer) ausgesprochen gut gefallen.

Um das Namensthema aufzunehmen, gibt es im „Ox & Klee“ die Butter in Ochsen- und Kleeform mit Ochsenmark bzw. Sauerampfer aromatisiert. Das ist durchaus originell und auch das dazu servierte Focaccia, Currybrot und Knäckebrot sind allesamt sehr gut.

Brot & Butter
Brot & Butter

Der erste Gang naht und präsentiert fünf kleine Stückchen Pulpo in kunstvollem Arrangement mit Topinamburchips und Kokosnuss. Einen tollen Akzent setzt die würzige Mojo Rojo und generell ist die Kombination schon gut, aber leider leidet das Gericht unter der mäßigen Pulpo-Qualität. Nach unser beider Einschätzung am Tisch ist der eindeutig zu fest, was wirklich schade ist.

Pulpo / Kokosnuss / Topinamburchips
Pulpo / Kokosnuss / Topinamburchips

Ambivalent lässt mich der folgende Teller zurück. Die Jakobsmuschel ist von prächtigem Format und genau mit dem Maß an Röstaromen versehen, wie ich es gerne mag. Die Topinamburcreme ist mit weißer Schokolade verfeinert, was nur marginal zu schmecken ist, aber in jedem Fall für eine schöne Fülligkeit sorgt. Probleme habe ich immer mit zu viel warmer Frucht in herzhaften Gerichten. Deshalb trifft die gebratene Ananas nicht primär in mein Genusszentrum, aber mein Mann findet’s klasse. Die mit Eukalyptusöl aromatisierte Jus dazu hinterlässt bei mir auch eher einen leicht medizinischen Touch, so dass unterm Strich eine ausgezeichnete Jakobsmuschel und eine schöne Creme bleibt. Aber irgendwie wirkt das in Summe gewollt kreativ.

Jakobsmuschel / Ananas / Eukalyptusöl
Jakobsmuschel / Ananas / Eukalyptusöl

Zu den Klassikern im „Ox & Klee“ gehört seit Jahren das Maggi-Ei, das die Küche an dieser Stelle als Extra-Gruß einschiebt. Eigelbcreme und -schaum und Liebstöckelperlen verbinden sich zu einem köstlichen, süffigen Genuss.

Maggi-Ei
Maggi-Ei

Sehr überzeugend macht sich das lauwarme Kalbskopfragout mit einem Salat von Kalbszunge und Petersiliencreme. Die angekündigte Yuzu ist für mich nicht explizit schmeckbar, kann sich aber auch als geschmacksunterstützendes Element diskret im Hintergrund befinden. In jedem Fall ist das würzig, deftig und lecker.

Kalbskopfragout, Kalbszunge, Petersiliencreme
Kalbskopfragout, Kalbszunge, Petersiliencreme

Eine weitere aromatische Schippe legt die Küche mit dem Fischgang zu. Die schön gebratene Meeräsche suhlt in einem Sud von Massaman-Curry , der mächtig Wumms hat. Das ist nichts für zarte Gemüter, sondern bringt den Stoffwechsel ordentlich in Wallung, gefällt mir aber ausgesprochen gut. An der Seite findet sich ein lauwarmes Süßkartoffelpüree sowie kalte Kumquats und Kerbelwurzel. Diese Temperaturkontraste scheinen zum Konzept zu gehören, denn sie ziehen sich wie ein roter Faden durch nahezu jeden Gang und das mag auch erklären, warum bis hierher kein Teller angewärmt an den Tisch kam.

Meeräsche, Massaman-Curry, Süßkartoffel, Kumquat
Meeräsche, Massaman-Curry, Süßkartoffel, Kumquat

Vor dem Hauptgang schickt die Küche noch einen weiteren Gruß und zwar ihre Interpretation des kölschen Klassikers „Halver Hahn“. Für Nicht-Kölner muss man erklären, dass man hier keine halben Hähnchen, in welcher Form auch immer, erwarten darf. Tatsächlich handelt es sich im Original um ein Roggenbrötchen mit mittelaltem Gouda, Gurken und Senf. Gottschlich verarbeitet Käse und Senf (aus der lokalen Senfmühle gegenüber) zu Cremes und versieht dies mit Essiggurken. Das ist eine nette, kleine Spielerei.

"Halver Hahn"
"Halver Hahn"

Mit neuseeländischem Lammrücken und -bries geht es weiter und beides ist vorzüglich gegart. Steckrübenpüree und ein Kürbiskernnougat, der sowohl süß als auch würzig ist, ergänzen das Ensemble, das seinen Reiz aber vor allem durch die mit Kaffee aromatisierte Sauce erhält. Die ist ausgezeichnet austariert und lässt den Kaffee zwar deutlich, aber nicht penetrant hervorstechen. Das ist wirklich stimmig und originell.

Lammrücken und -bries, Steckrübe, Kürbiskern, Kaffeesauce
Lammrücken und -bries, Steckrübe, Kürbiskern, Kaffeesauce

In punkto wilder Kombinationen übertreibt es die Küche beim Pré-Dessert für meinen und unseren Geschmack. Rosenkohl, Erdnusseis, Kefirschaum, Limette, Speckcrumble und Bananencreme klingen für mich schon in der Aufzählung der Komponenten wie ein Stück Zwölftonmusik. Das will und will für mich nicht harmonisch werden. Gut, dass es nicht das eigentliche Dessert war.

Rosenkohl, Erdnusseis, Speckcrumble
Rosenkohl, Erdnusseis, Speckcrumble

Glücklicherweise ist der folgende Teller von deutlich ausgewogenerem Charakter. Als Interpretation einer süßen Caprese ist Burrata mit einer Passionsfruchtschokolade überzogen. Dazu gibt es ein Tomaten-Mango-Sorbet mit Karamellkern. Hier passen die fruchtigen und etwas herberen Noten sehr gut zusammen, so dass dies ein nicht zu süßes und sehr originelles Dessert ist.

Burrata, Passionsfruchtschokolade, Tomaten-Mango-Sorbet
Burrata, Passionsfruchtschokolade, Tomaten-Mango-Sorbet

Um den Bogen zum Beginn des Abends zu schlagen, werden mit den Petits Fours noch einmal die sechs Geschmackserlebnisse wiederholt, aber mit anderen Aromen. Sauer wird zum Beispiel mit Paprika und Sanddorn repräsentiert, süß mit Süßkartoffel und Frischkäse, Umami als Saté-Geschmack, bitter in Form von Himbeere und Rosmarin, salzig mit Ziegenkäse und Fett durch Macadamia-Nougat.
In ähnlicher Form haben wir dies auch schon mal in Amsterdam im Librije’s Zusje (mittlerweile „Spectrum“) erlebt, als die Pralinen die Aromen des Menüs noch einmal wiederholten.
Unabhängig davon funktioniert das auch im „Ox & Klee“ sehr gut und die Geschmacksrichtungen sind klar erkennbar.

Petits Fours (sauer, süß, Umami, bitter, Salz, Fett)
Petits Fours (sauer, süß, Umami, bitter, Salz, Fett)

Das war ein spannendes Menü, das den Gast durchaus fordert. Nicht alles ging für mich immer auf, weil manche Zusammenstellung doch sehr gewagt war. Andererseits habe ich ja durchaus Sympathie für Köche, die sich was trauen und auch in Kauf nehmen, dass einige Kombinationen mal nicht so funktionieren. An diesem Abend hat für mich das Menü eher schwach begonnen, aber dann merklich zugelegt. Sowohl Kalbskopfragout, als auch Meeräsche, Lammrücken und Dessert waren sehr überzeugend. Die Vorspeise hätte man auch noch dazu zählen können, wenn es dort nicht den Makel des zu festen Pulpos gegeben hätte.

In Summe also mehr gute Gänge und damit eine überzeugende Leistung, die belegt, warum Daniel Gottschlich zu den besten Köchen in Köln gehört. Und vielleicht auch, warum der unvergessene Anthony Bourdain in einer Folge seines Formats „Parts Unknown“ über Köln auch das „Ox und Klee“ und Daniel Gottschlich portraitierte.

Der Service schafft es, auch bei vollem Haus, alles im Blick zu haben und immer mit einem Lächeln am Tisch zu agieren. Das sorgt zusätzlich für einen vergnüglichen Abend.

Im „Ox & Klee“ muss man sich auf Überraschungen einlassen. Wer das kann und darauf Lust hat, kann spannende Entdeckungen machen.

Details

Restaurant: Ox & Klee
Adresse: Im Zollhafen 18, 50678 Köln
Öffnungszeiten: Dienstag – Samstag: 19:00 – 01:00
Sonntag + Montag: Ruhetag
Website: www.oxundklee.de

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