Weinbistro L’Escalier, Köln
Am 17. Oktober 2024 in Deutschland | 1535 Aufrufe | 2 Kommentare
Ganze fünfeinhalb Jahre lag das „L’escalier“ im Belgischen Viertel im Dornröschenschlaf, bevor es kürzlich von Daniel und Stephanie Lengsfeld als Wein Bistro wieder wachgeküsst wurde. Dabei hat das im Souterrain gelegene Restaurant eine bemerkenswerte Geschichte, bevor es für so lange Zeit zugesperrt wurde. Erst Jens Dannenfeld und dann Maximilian Lorenz waren hier Hausherren und holten jeweils einen Michelinstern.
Ob es auch diesmal Ambitionen auf höhere Weihen gibt, lässt das neue Betreiberehepaar zunächst offen, wenngleich der Umzug von Lohmar nach Köln genau dies vermuten lässt. In Lohmar betrieb man das Gasthaus Scheiderhöhe mit anspruchsvollerer Küche, fand dort aber offenbar nicht das nötige Publikum.
Nun also Wein Bistro – die Karte mit einer erfreulich überschaubaren Anzahl von Gerichten verzichtet auf Luxuszutaten und verheißt damit eher Bodenständiges, das dafür mit dem ein oder anderen Kniff.
Aber zum Aperitif bestellen wir uns erst mal einige Kleinigkeiten, wie Manzanilla Oliven, eine herzhafte, geräucherte Mettwurst oder die guten klassischen Oeufs Mayonnaise, die aber auch nicht mehr sein wollen, als sie tatsächlich sind.
Mein Mann startet mit leicht erwärmtem Scamorza, der von einem Auberginen-Caponata mit gerösteten Pinienkernen begleitet ist. Chicorée als Bitterkontrast ist eigentlich eine gute Idee, allerdings wäre es hilfreich gewesen, wenn die Salatblätter wenigstens etwas angemacht gewesen wären. Die Wärme hingegen tut dem Käse gut und auch die Capanota schmeckt. Indes bleibt das in Summe recht einfach gehalten und ziemlich rustikal.
Für mich geht es mit einem üppig bemessenen Salat vom Kalmar los. Der kommt in Streifen und etwas fest, aber mit noch gutem Biss. Fenchel, Oliven, Amalfi-Zitrone und Safran-Aioli schieben das Ganze in eine schöne mediterrane Richtung. Vor allem am Boden findet sich auch noch eine Chilipaste, die sich immer stärker durchsetzt, je mehr man sich durch den Salat arbeitet. Sie hinterlässt eine markante und nachhallende Schärfe. Aromatisch passiert hier eine ganze Menge, was mir sehr gut gefällt.
Aus den Hauptgerichten entscheidet sich mein Mann für das Heilbuttfilet, auch hier ein stattliches Stück, das in Petersilienbutter, die eher an ein Pesto erinnert, gebraten wurde. Dadurch ist das gesamte Filet damit ummantelt. Mit Fregola und Peperonata sind auch hier die Beilagen wieder im Süden verortet. Meine bessere Hälfte ist zufrieden.
Für mich sollte es heute fleischig werden, aber da ich kein Süßkartoffelfan bin und das die Beilage zur Lammhaxe gewesen wäre, ist meine Wahl die Kalbszunge. Abgesehen davon finde ich es ohnehin erfreulich, so etwas mal wieder auf einer Speisekarte zu finden. Und was dann auf den Teller kommt, ist erneut eine amtliche Portion, bedeckt mit Mangold und Mangoldstielen sowie sehr feinem, knusprig ausgebackenem Kartoffelgröstl. Die Zunge ist sehr zart und würzig und könnte tatsächlich auch diejenigen überzeugen, die ansonsten ihre Probleme mit Innereien haben. Ein schönes Gericht, für das ich mir allerdings zumindest etwas Sauce gewünscht hätte.
Beide Hauptgerichte sind so üppig bemessen, dass wir erst mal eine Pause einlegen müssen, bevor wir uns ans Dessert machen können. Zusätzlich zu zwei Süßspeisen gibt es ausgezeichneten, schön gereiften Käse vom Hof Backensholz, gelegen zwischen Husum und Schleswig. Vor allem der Friesisch Blue ist wirklich von außerordentlicher Qualität.
Für mich darf es süß sein und ich bin gespannt, wie sich die Küche dem Thema Kürbiskern und Zwetschge widmet. Letztlich ist das nicht so aufregend, wie erwartet. Auf einem Kürbiskernbiskuit findet sich ein wunderbar ausgearbeiteter Kürbiskernnougat, der von allen Komponenten am präsentesten ist. Dazu eingelegte Zwetschgen, so wie ich sie als Kompott auch noch aus meiner Kindheit kenne. Die Melange Noir, eine Pfeffermischung und ein paar Dillzweige mögen verwegen klingen, steuern aber keine wirklichen Akzente bei. An der Seite gibt es noch einen Joghurtschaum mit etwas Zwetschgensaft. Hier hätte ich mir als Kontrast eher ein Joghurtsorbet oder ähnliches Kühles vorstellen können. So bleibt das insgesamt ok, aber eben auch ziemlich brav.
Herr über die noch etwas ausbaufähige Weinkarte und souverän den Service leitend ist ein bekanntes Gesicht aus der Kölner Gastronomie. Volker Arndt, zuvor über viele Jahre Restaurantleiter im „NeoBiota“, hat nach einem kurzen Intermezzo im Schwarzwald dann doch das Heimweh wieder an den Rhein getrieben. Er agiert wie immer charmant, aufmerksam und zugewandt.
Die Küche selbst präsentierte sich an diesem Abend handwerklich gut, aber eher einfach konzipiert. Das passt natürlich zum Bistro-/Brasseriekonzept, aber an der ein oder anderen Stelle hätte ich mir doch etwas mehr Raffinesse gewünscht, wie bei der Scamorza-Vorspeise oder beim Dessert. Dass wir Hauptgerichte ohne klassische Saucen hatten, mag unserer Speisenwahl geschuldet sein, aber zumindest zur Zunge hätte ich mir eine gut vorstellen können. Positiv hervorzuheben ist die gute Produktqualität und dass man auch Innereien einen regelmäßigen Platz auf der Karte gönnt.
Die Homepage verspricht „Disko für die Geschmacksknospen statt Poesie für den Gaumen“ – vielleicht lässt sich ja beides doch verbinden. Dieses schöne Restaurant könnte durchaus beides vertragen.
Details
Restaurant: | Weinbistro L'Escalier |
Adresse: | Brüsseler Straße 11, 50674 Köln |
Öffnungszeiten: | Montag - Samstag: ab 18.00 Uhr Sonn- und Feiertag: Ruhetag |
Website: | www.weinbistrolescalier.de/ |
Schlagworte
Casual Fine Dining, Daniel Lengsfeld, Köln, L'escalier, Volker Arndt, Weinbistro
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Gute Frage. Ich kann mich daran tatsächlich nicht erinnern, finde auch in meinen Aufzeichnungen nichts explizit dazu. Vielleicht war sie unter der Kalbszunge oder darauf, aber dann offenbar so dosiert, dass sie sich nicht wirklich bemerkbar machte.