Bembergs Häuschen, Euskirchen
Am 1. November 2019 in Deutschland | 3792 Aufrufe
Meine Kollegin zieht ein wenig die Augenbrauen hoch und schaut mich fragend an. Euskirchen? Ernsthaft? Während meine Chefin zur selben Zeit Urlaub nimmt und New York auf ihrem Flugticket steht, wird unser erster Urlaubstag in Euskirchen sein. Jedem das Seine. Mir sagt die Stadt nichts. Von Köln aus hat mich bisher nichts hierher getrieben und auch an diesem verregneten Feiertag offenbart die Fahrt an den Rand der Nordeifel nicht viel Erwähnenswertes. Es gibt flaches Land, viel flaches Land. Unser Ziel ist Flamersheim, ein Ortsteil von Euskirchen und vor allem bekannt durch die gleichnamige Burg, die in der Tat bemerkenswert schön restauriert und auch nach wie vor bewohnt ist. Eine Besichtigung indes ist hier leider nicht möglich.
Auf dem Areal befindet sich aber auch ein kleines Hotel, eine Kochschule sowie zwei Gastronomien, darunter auch „Bembergs Häuschen“, benannt nach der Fabrikantenfamilie, der auch heute noch die Burg gehört. Das Restaurant ist mit einem Michelinstern ausgezeichnet, jüngst vom Gault & Millau zum Aufsteiger des Jahres in NRW gekürt worden und hält dort 17 Punkte. Verantwortlich in der Küche ist ein Team von gleich drei Köchen: Oliver Röder, Maik Neumann und Filip Czmok. Sollen andere doch nach New York fliegen. Wir werden heute hier essen.
Im gediegenen Ambiente des Restaurants, das mit massivem Parkett und dezent elegantem Mobiliar eine feine Gemütlichkeit ausstrahlt, starten wir mit zwei Grüßen zum Apéritif, einem Sonnenblumenkernsüppchen, das eine herbstliche Note verströmt sowie einem Lachstatar im Kohlrabi-Sandwich. So ist es zumindest annonciert. Tatsächlich ist es ein hübsch präsentiertes Röllchen, bei dem das Tatar sehr fein abgeschmeckt ist und den Fischgeschmack gut zur Geltung kommen lässt und der Kohlrabi einen dezenten Knack beisteuert.
Als weiteres Amuse Bouche folgt eine geräucherte und geeiste Burrata, die mit Passionsfrucht und Gurke frisch und säuerlich eingefasst ist. Ich empfinde auch den Salzeinsatz als angenehm, aber besonders gut gefällt mir die würzige Note durch den Harissa. Eine überraschende Kombination, die aber in der Feinabstimmung gut funktioniert.
In „Bembergs Häuschen“ gibt es ein Menü, das in vier bis neun Gängen (85,–€ – 149,–€) frei zusammengestellt werden kann. Im Rahmen unseres Arrangements werden es sieben Gänge.
Es startet mit einem Tatar von der Wachtel. Das Fleisch macht zwar einen rohen Eindruck, was mir bei Geflügel etwas suspekt wäre, ist aber vorgegart und damit bedenkenlos zu verzehren. Frittierter Mais als Crumble, Rote Bete als Segmente und eine leicht ölige Vinaigrette, die Tiefe gibt, sind passende Mitspieler. Prägnant wird das Gericht aber für mich vor allem durch den Einsatz von Vadouvan. Das ist wirklich toll abgeschmeckt. Der knallrote Schaum auf dem Gericht ist hingegen nur optisch Effekt heischend und damit für mich eher entbehrlich. Trotzdem ein starker Auftakt.
Es ist Herbst und da ist ein Gang mit Kürbis quasi unvermeidlich. In „Bembergs Häuschen“ kommt er als Suppe, die am Tisch angegossen wird und ein Ensemble aus Kürbisstreifen, karamellisierten Kürbiskernen und marinierten Sanddornbeeren ergänzt. Letztere spielen auch in der markant säuerlichen Suppe eine dominante Rolle und geben ihr dadurch einen neuen Twist.
Gut gefällt mir der folgende Kabeljau, auch wenn er nach meinem Gefühl einen Tick zu weich gegart ist. Aber vor allem die Auflage aus Senf, Kerbelwurzel, Senfgurke und Sardelle macht richtig Vergnügen, denn sie ist nicht nur texturell abwechslungsreich, sondern ausgesprochen harmonisch mit einem recht erdigen und würzigen Grundton, der erneut gut in die Jahreszeit passt. Zusammen mit der Sauce, die den weit über die Eifler Grenzen hinaus bekannten Monschauer Senf in den Mittelpunkt stellt, ist dies ein durchaus deftiges, aber auch elegantes Gericht.
Mit einem Klassiker des Hauses geht es weiter. Und tatsächlich sorgt das „Herrengedeck“ auch an anderen Tischen für den ein oder anderen Aha-Effekt und eine automatisch gelöstere Stimmung. Alleine dafür ist die folgende Inszenierung schon mal sehr geschickt und geglückt eingesetzt. Die Zigarre und der Cognacschwenker sind eine nette Spielerei um das Thema Ochsenschwanz. Im Knuspermantel ein ordentlich abgeschmecktes Ragout, im Glas eine Oxtail-Brühe, die für meinen Geschmack durchaus etwas kräftiger und konzentrierter sein dürfte. Auch die Asche im „Aschenbecher“ ist essbar und besteht aus dehydriertem und zu Staub verarbeitetem Apfel und Sellerie. Als kulinarisches Aperçu bleibt das schon in Erinnerung, geschmacklich ist es eher harmlos.
Im Hauptgang wird ein sehr klassischer Geschmacksakkord auf den Teller gebracht mit einem schönen und ausgezeichnet gegarten Stück vom Hirschrücken und geschmacksintensiver Sellerie in verschiedenen Konsistenzen. Das Püree scheint mit etwas Trüffelöl abgeschmeckt zu sein, was in diesem Fall aber nicht negativ auffällt. Gut auch die Praline von der Dörrpflaume. Eine kluge Idee ist es, die Gewürzmischung kreisförmig auf dem Teller aufzubringen. Dadurch kann man sich das individuell portionieren.
In „Bembergs Häuschen“ wird erfreulicherweise ein zubereiteter Käsegang serviert, in unserem Fall ein Brin d’Amour, ein korsischer Schafskäse, der üblicherweise vom markanten Kräutermantel lebt. Hier ist er deutlich weniger kräftig als ich ihn erinnere und auch die Kräuter sind kaum erkennbar. Dafür ist er eingefasst von Früchtebrot und Kropoek, der geschmacklich nicht viel beisteuert. Früchtebrot passt naturgemäß gut, ist mir hier aber zu üppig bemessen. Mit ein wenig Finetuning bei den Proportionen könnte der Käse besser glänzen. Ausgezeichnet gefällt mir die leicht gekühlte Pinienkerncreme, die mich weit entfernt an eine schmelzige Lebercreme erinnert und für mich die beste Komponente auf diesem Teller ist.
Das Menü endet mit Pistazie als Creme, Sponge und als karamellisierte Kerne, Brombeere pur und als Granité sowie einem Eis von Skyr und Kamille, die nicht besonders herauszuschmecken ist.
Das ist solide, aber eben auch ziemlich verspielt mit den vielen Texturen. Und bleibt vielleicht gerade deshalb nicht lange in Erinnerung.
Gut gefallen die Mignardises, eine Dörrbanane-Curry-Praline, ein Himbeer-Marshmallow und ein Kirsch-Tonkabohnen-Gelee.
Das Köchetrio um Oliver Röder hat ein Menü präsentiert, dem sehr deutlich der jahreszeitliche Bezug anzumerken war, was mir gut gefallen hat. Dass man hier kreativ und mit vielen Ideen zu Werke geht, ist unübersehbar und macht sich in vielen Details bemerkbar. Nicht alles geht dabei für mich immer auf, aber Gänge wie das Wachteltatar, der Kabeljau und der Hirsch überzeugen mit klarem aromatischem Fokus.
Katharina Röder versieht den Service mit einer weiteren Mitarbeiterin umsichtig und schafft unaufdringlich, aber aufmerksam eine angenehme Atmosphäre, die dazu beiträgt, dass man sich als Gast wohlfühlt.
Der Abend in „Bembergs Häuschen“ hat uns gefallen und ein wenig von dem trüben Herbstwetter vergessen lassen. Nach einer Nacht im geschmackvollen Hotelzimmer scheint dann am nächsten Tag auch wieder die Sonne. New York ist weit und Euskirchen ist doch auch gar nicht so übel.
Details
Restaurant: | Bembergs Häuschen |
Adresse: | Burg Flamersheim, Sperberstraße, 53881 Euskirchen |
Öffnungszeiten: | Mittwoch - Samstag: 18.00 - 23.00 Uhr Sonntag, Montag, Dienstag: Ruhetag |
Website: | www.burgflamersheim.de/unsere-restaurants/bembergs-haeuschen/ |
Schlagworte
Bembergs Häuschen, Burg Flamersheim, Jeunes Restaurateurs, kreativ, Maik Neumann, Michelin, neue deutsche Küche, Oliver Röder
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