Essers Gasthaus, Köln
Am 2. Mai 2019 in Deutschland | 7617 Aufrufe | 2 Kommentare
Nein, ihr Name ist nicht Esser. Sie ist die Iris vom Essers, aber Esser, das ist Andreas, der Mann an der Seite von der Iris vom Essers, die Giessauf heißt. Zu kompliziert? Er, der Kölner und Koch, sie, die Steierin und Wirtin – eine ungewöhnliche Kombination, die aber spätestens auf den zweiten Blick ein perfect Match ist.
Unsere Geschichte mit dem „Essers“ beginnt vor mehr als sieben Jahren. Vermutlich hätten wir den Weg auch so irgendwann in dieses Gasthaus gefunden, aber seinerzeit ist es vor allem Helmut Gote zu verdanken, der zu der Zeit der Gastrokritiker des Kölner Stadtanzeigers war und jährlich Führer mit seinen persönlichen Empfehlungen herausgab. Vom besten Schnitzel der Stadt war da die Rede und vom legendären Backhendl. Auch heute sind dies für viele die ersten Assoziationen, die sie mit dem „Essers“ verbinden und so ganz verkehrt ist das ja auch nicht.
Das Schnitzel gibt es nur Sonntags, das Backhendl nur am ersten Donnerstag im Monat und an dem Tag gibt es dann auch nur das, weil halt alle Töpfe und Kochstellen damit belegt sind.
Als überzeugte Steiermark-Urlauber haben wir durchaus ein paar Vergleichsmöglichkeiten, Adressen, die auch Iris schätzt. Und tatsächlich sind die Backhendl im Gasthaus Schramm oder beim Weingut Maitz an der südsteirischen Weinstraße von Referenzcharakter, aber nördlich der Alpen wird man keine besseren finden als im „Essers“.
Und vielleicht gibt es beeindruckendere Schnitzellappen mit fotogener aufgeplusterter Panade, aber es wird keine köstlichere Panierung geben als hier, denn es müssen österreichische Semmelbrösel sein und auch nur die.
In den vergangenen sieben Jahren haben wir ungezählte Schnitzel und ebenso viele ungezählte Backhendl gegessen, was zwangsläufig damit zu tun hat, dass wir ungezählte Male hier waren. „Essers Gasthaus“ ist das Restaurant, das wir häufiger besucht haben als irgendein anderes in Köln oder sonstwo.
Es ist eines mit einer ganz genauen Vorstellung davon, was gut ist und was nicht. Und hier kommt Andreas mit ins Spiel, denn jetzt reden wir auch mal über das Essen. Es wäre grundverkehrt, das „Essers“ nur auf Schnitzel und Backhendl zu reduzieren.
Denn Iris und Andreas sind Qualitätsfanatiker. Vieles kommt aus der Region und die Lieferanten sind auf der Karte säuberlich aufgelistet. Aber manchmal muss es eben doch von weiter her sein. Der Matjes, den Andreas, gemeinsam mit seinem zweiten Koch Alex Benz, gerne pur und nur mit verschiedener Salatbegleitung serviert, kommt aus Friesland, die Forellen aus dem Bergischen, Kaninchen und Lamm aus der Eifel, Geflügel aus Bergheim und für die Klassiker auf der Karte, das Nackensteak vom Landschwein oder das Entrecôte vom Almochsen, muss es eben doch Iris‘ steirische Heimat sein.
Und wenn sie für das Entrecôte mit der Reibe und Meerrettich an den Tisch kommt, ist Vorsicht geboten, denn auch der Kren ist aus Österreich und deutlich schärfer als der hiesige. Aber ohne wäre Frevel.
Fisch kommt grundsätzlich aus nachhaltigem Fang oder regionaler Zucht und ist stets so sorgsam behandelt, dass er noch seine Qualitäten zeigen kann.
Als das „Essers“ vor gar nicht so langer Zeit auch bei Instagram online ging, war der markanteste Hashtag, den man verwendete und der sich sowieso wie ein roter Faden durch die Küchenphilosophie zieht #ohneschnickschnackundchichi . Das ist allen Gerichten gemeinsam. Auf überflüssige Deko wird ohnehin verzichtet, ebenso auf Tupfen, Kleckse und Tellermalerei.
Diese vermeintliche Einfachheit sollte man allerdings nicht unterschätzen, denn was Andreas und Iris das Wichtigste ist, und das sollte es eigentlich überall sein: Es muss schmecken.
Deshalb sind es oft die schlicht klingenden Gerichte, die man unbedingt probieren sollte. Schafskäse und Rote Bete oder marinierte Semmelknödelscheiben auf Krautsalat sind einfach konzipiert, aber köstlich abgeschmeckt und gewürzt. Und manchmal sind es hauchdünne Scheiben vom Speck, die den gewissen Kick geben. Oder ein Dressing, das den Spinatsalat mit Blauschimmelkäse glänzen lässt.
Im Winter sollte man auch ein Gänserillette mit Rotkohlsalat nicht verschmähen. Und dass schnöder Bierrettich eine perfekte Unterlage für gebeizten Lachs sein kann, bewahrheitet sich spätestens dann, wenn man feststellt, wie subtil der Lachs mit Gin und Orangen mariniert wurde und sich das mit der feinen Schärfe des Rettichs verträgt.
Und manchmal kann Andreas eben doch auch ein wenig extravaganter. Wenn er zum Beispiel Schafskäse mit Oliven und Strukturen von Blumenkohl und Mandel kombiniert. So was steht allerdings nicht oft auf der Karte. Aber für die Weinduelle zwischen Iris und Luise, der zweiten Gastgeberin, darf es auch schon mal etwas Ungewöhnlicheres sein.
Auf gar keinen Fall sollte man das Kalbsgulasch auslassen, wenn es auf der Karte steht. Nicht ohne Grund hat der „Kölner Stadtanzeiger“ vor einigen Jahren Andreas‘ Rezept abgedruckt, als es um das perfekte Gulasch ging. Es ist nicht nur unglaublich zart, sondern besticht mit einer perfekt tiefgründigen und pikanten Sauce.
Auch Pastaliebhaber werden hier fündig, sei es mit Penne und einem würzigen Chorizoragout oder dem Dauerklassiker, den Krautfleckerln, die man eben nicht überall, hier aber sehr wohl immer, bekommt.
Auch bei den Desserts wird die Linie nicht verlassen. Einfach, aber gut ist das alles beherrschende Credo und so finden sich selten mehr als zwei Komponenten auf dem Teller. Am beliebtesten ist der Marillenpalatschinken, den es wahlweise auch in flambierter Version gibt.
Und für wen nichts bei den Desserts ist, der kann sich immer noch aus dem Holzkästchen eine der fantastischen Schokoladen der steirischen Manufaktur von Zotter aussuchen. Oder er lässt sich von Iris eine Käseauswahl zusammenstellen. Auch die ist mit viel Sorgfalt ausgewählt.
Wie die Weinkarte, die das zweite Herzstück im „Essers“ ist. Sie beschränkt sich auf deutsche und österreichische Weine, ist so erfreulich kalkuliert, dass man auch gerne Lust auf eine zweite Flasche hat. Und sie präsentiert gern auch mal gut Gereiftes. Neben bekannten Namen gibt es regelmäßig auch Neues zu entdecken. Zu Konventionellem gesellen sich immer häufiger auch Naturals. Aber dogmatisch geht man im „Essers“ nicht zu Werke, mit offenem Geist aber sehr wohl. Und das wird auch einer der Gründe sein, warum dieses Gasthaus von Gerolsteiner nicht nur als „Wineplace“ ausgezeichnet wurde, sondern Iris dort auch als Sommelière des Jahres zur Wahl stand oder das Deutsche Weininstitut das „Essers“ mit der Weinkarte des Jahres 2018 ausgezeichnet hat.
Mit Luise Volkert hat Iris mittlerweile eine weitere ausgewiesene Fachfrau an der Seite und das Schöne ist, dass hier nicht nur die Wein-Chemie stimmt, sondern es so scheint, als habe das Gasthaus nur auf sie gewartet. Im Doppel sind beide jedenfalls unschlagbar, auch wenn sie gerne mal im Wein-Duell gegeneinander antreten.
Eigentlich kann man „Essers Gasthaus“ mit Fug und Recht als Sterneladen bezeichnen. Zumindest, wenn man mal die Dichte an Sterneköchen, Top-Sommeliers und Service-Crews aus Ein-, Zwei- und Dreisternehäusern, und das nicht nur aus Köln und Umgebung, hier betrachtet. Vor allem sonntags gibt sich die Szene ein Stelldichein. Neulich beim Backhendl zählten wir fünf Sterneköche. All das sagt wohl viel darüber aus, welchen Stellenwert das „Essers“ in Köln einnimmt.
Aber wir kommen nicht wegen der manchmal hohen Promidichte. Wir kommen, weil das „Essers“ unsere Heimstatt ist in einer Stadt, die eigentlich nur unser zweiter Wohnort ist. Weil es der Ort ist, an dem wir uns umfangen fühlen und genießen können.
Das „Essers“ ist nie nur Essen oder Trinken, es ist ein Gefühl, das stark mit den Personen dort verbunden ist. Und wie so oft im Leben gilt: Sei freundlich – und Du bekommst es mehrfach zurück. Nirgendwo ist die Knuddelquote bei Begrüßung und Verabschiedung höher als hier. Aber benimmst Du Dich deppert, solltest Du auch darauf gefasst sein, dass es auch mal Kontra gibt. Iris ist Profi, aber eben auch eine Frau mit klarer Kante. Eine, die sich zu Recht aufregt über No Shows oder Gäste, die als erstes meinen, gleich mit Tripadvisor drohen zu müssen, wenn ihnen etwas nicht passt.
Das „Essers“ ist der perfekte Ausdruck dessen, was Köln für uns verkörpert. Mit der perfekten Wirtin und Gastgeberin, die für uns mittlerweile so viel mehr ist.
Wir kommen hierher, weil es ein zweites Zuhause geworden ist, wie eine warme Decke, die man sich umlegt, wenn es draußen kalt ist und weil es ein strahlendes Lachen ist, das Dir die gute Laune zurück gibt, wenn die Welt es gerade nicht so gut mit Dir meint.
Und weil es halt das beste Backhendl weit und breit hat.
Details
Restaurant: | Essers Gasthaus |
Adresse: | Ottostraße 72, 50823 Köln |
Öffnungszeiten: | Täglich, ab 17.30 Uhr Kein Ruhetag |
Website: | www.essers-gasthaus.de |
Schlagworte
Andreas Esser, Essers, Gasthaus, gutbürgerlich, Iris Giessauf, Köln, Luise Volkert, Steiermark, Wein
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Jetzt waren wir auch endlich mal da! Und es war so schön wie erhofft! Gastronomie mit unendlich viel Herz und Können!