
Hoeve De Bies, St-Martens-Voeren
Am 9. März 2025 in Belgien | 1017 Aufrufe
Anfang März bescherte ein stabiles Hoch dem Land wunderbarstes Frühlingswetter mit strahlend blauem Himmel und angenehmen Temperaturen. Beste Voraussetzungen also, unser Vorhaben, die Sternerestaurants auf belgischer und niederländischer Seite in Grenznähe weiter zu erkunden. Unsere Wahl fällt heute auf das „Hoeve De Bies“, etwas südlich von Maastricht gelegen, aber auf belgischem Gebiet, so dass man eigentlich nicht so recht weiß, ob man noch in Limburg oder doch schon in der Wallonie ist. Sprachlich spiegelt sich das auch in einem munteren Mix von französisch, holländisch und deutsch im vollbesetzten Restaurant an diesem Mittag wider.
Geführt wird das Haus von Maurice Huynen in der Küche und Peterhans van Harinxma als Headsommelier und Maître. Beide kennen sich bereits aus der gemeinsamen Zeit im Maastrichter „Beluga Loves You“ zu Zeiten, als dort Hans van Wolde kochte und mit zwei Michelinsternen ausgezeichnet war.
Wie häufig, ist der Weg zum „Hoeve De Bies“ zwar von Köln aus nicht sonderlich weit, aber man taucht dabei doch sehr weit in die Provinz ein. Belohnt wird man dann allerdings mit einer sanft hügeligen Landschaft und viel Grün. Und die genießen wir ausgiebig beim Apéritif, den die Gäste an diesem Tag auf der Terrasse einnehmen. Es gibt ein Menü in sechs Gängen (115€), das Freitag- und Samstagmittag auf vier Gänge (85€) verkürzt werden kann.
Bevor wir unseren Platz im geschmackvoll modern eingerichteten Raum mit halb einsehbarer Küche einnehmen,

werden auf der Terrasse einige Snacks serviert. Ein Stück marinierter Kohlrabi mit geräucherter Mayo, eine geröstete Brioche mit Pilzcreme und eine kleine Waffel mit Creme von belgischem Käse und Trüffel sind präzise und aromatisch gearbeitete Happen.
Zusätzlich kann man Austern bestellen, wovon mein Mann gerne Gebrauch macht. Ich habe sie zwar nicht probiert, aber schon rein optisch machen sie einen guten, fleischigen Eindruck, was meine bessere Hälfte bestätigt. Ganz klassisch gibt es dazu eine Schalottenvinaigrette.

Den Abschluss der Grüße bildet eine kalte Suppe von Gurke und Sellerie. Die Karte weist noch breite Bohnen aus, die ich nicht ausmachen kann, es sei denn, sie waren so klein geschnitten, dass sie Teil der Einlage waren. Aber auch so ist das mit der pikanten Pfefferschärfe sehr lecker.

Für das weitere Menü wechseln wir nach innen, wo wir an einer langen Tafel Platz nehmen, die wir uns mit einem weiteren Paar teilen, das mit genug Abstand, um Privatsphäre zu wahren. Geschmackvolle House-Musik ist die Untermalung für den weiteren Mittag, ein Mix, der mir auch im „The Jane“ gefallen hätte.
Zum guten hausgemachten Sauerteigbrot gibt es zweierlei Butter, einmal mit Fleur de Sel, einmal mit Beurre Noisette verfeinert. So wahnsinnig unterschiedlich schmecken die beiden zwar nicht, aber ich freue mich, dass sie nur dezent aufgeschlagen sind und daher noch eine angenehme Konsistenz aufweisen.

Das Menü startet mit einem Tatar vom Wolfsbarsch, garniert mit diversen Cremes, Apfelstückchen, knusprigen Elementen und einer Vinaigrette auf Basis von altem Gueuze, also Bier. Das ist frisch, zeigt grüne Aromen mit einer leicht kräutrigen-bitteren Note und ist schön abgeschmeckt. Ein guter Auftakt.

Als Einstimmung auf den folgenden Gang schickt die Küche eine Dashi aus 24 Stunden geräucherten Forellengräten. Man setzt hier zwar nicht dogmatisch auf regionale Zutaten, aber versucht schon, so viel wie möglich lokal zu beziehen und auch vollständig zu verwerten. Wie eben auch die Forellen von der örtlichen Commanderie 7. Die Dashi überzeugt tatsächlich mit merklicher Räuchernote und intensiv-mundfüllendem Aroma.

Die Forelle ist von ausgezeichneter Qualität, schön durchgegart, aber noch saftig, mutmaßlich konfiert. Eine aromatische Kräutersauce, etwas Forellenkaviar sowie ein Salat auf einem Reischip sorgen nicht nur für ein bildschönes Arrangement, sondern auch für ein stimmig-harmonisches Geschmacksbild.

Weiter geht es mit gegrilltem Seeteufel, der allerdings kaum gewürzt ist. Mit dem Salz am Tisch kann man hier aber problemlos Abhilfe schaffen. Neben dem ansonsten guten Fisch spielt hier aber eindeutig einer der ersten Frühlingsboten eine entscheidende Rolle. Bärlauch gibt Maurice Huynen in gedünsteter Form, mit einigen puren Blättern und in einer sehr fluffigen Hollandaise dazu. Einige Nordseekrabben runden das Gericht ab, das auch aromatisch einen guten Gang zulegt.

Es folgt ein Risotto von fein gewürfelten Kartoffeln, darauf ein Espuma, das ich geschmacklich Sellerie zuschreiben würde sowie knusprige Kartoffelfäden, Trüffel und Stücke von krosser Hühnerhaut. Schon beim Öffnen des Deckels macht sich ein intensiver Duft breit. Ohne Frage ist dies ein schlotziges Wohlfühlgericht, zudem texturell sehr abwechslungsreich. Exzellent.

Auch beim Hauptgang wird es wieder sehr lokal, denn das Rindfleisch kommt aus dem gleichen Ort. Und es findet sich gleich in dreierlei Form wieder. Da ist zum einen ein Stück Entrecôte, ein zartes Stück, mutmaßlich aus der Schulter und à part gibt es noch eine Art würziges Gulasch, das zumindest bei mir partiell etwas trocken geraten ist. Ansonsten sind die Gargrade beim Fleisch gut getroffen. Als Beilage dienen schwarzer Rettich, der geräuchert ein tolles Aroma beisteuert und gleichzeitig auch als Creme verarbeitet ist sowie eine schöne, große Morchel mit kräftigem Eigengeschmack. Auch die klassische Jus unterstreicht das sehr gut. Da ist es etwas schade, dass die Auflage auf dem Entrecôte etwas undefinierbar und kaubedürftig gerät. Insgesamt ist das ein sehr schönes Gericht, das mit Anpassungen an kleinen Stellschrauben noch gewinnen könnte. Mein Mann widerspricht mir hier übrigens deutlich. Er ist uneingeschränkt begeistert.
Ohne Umweg geht es zum Dessert, das den ersten Rhabarber der Saison präsentiert, dazu eine Creme von schwarzer Limette und ein Eis von Cassisholz. Diese eher ungewöhnlichen Zutaten passen erstaunlich gut zusammen und ergeben ein kühl-säuerliches Geschmacksbild. Das ist sehr erfrischend und liefert mit Knusper von Bröseln und hauchdünnen Zuckerplättchen zudem ein feines Texturspiel. Ein gelungener, frühlingshafter Menüabschluss.

Zum Kaffee, der hier, wie häufig in Benelux, mit neun Euro stolz bepreist ist, gibt es drei Petit Fours. Die Madeleines sind allerdings etwas zu klein und nicht fest genug, um sie durch die dafür vorgesehene, recht zähe Dulce de Leche-Creme zu ziehen. Besser geraten da das Whiskey-Gelee sowie die Crunchy Praline.

In jedem Fall war dies ein weiteres Beispiel dafür, wie relaxed und entspannt es sich bei unseren Nachbarn auch und vor allem zur Mittagszeit genießen lässt. Die Küche von Maurice Huynen überzeugt mit Gerichten, die mit verhältnismäßig wenigen Komponenten sehr klare Geschmacksbilder und starke Aromen liefern. Dass dabei auch sehr lokale Zutaten aus der allernächsten Umgebung zum Einsatz kommen, unterstreicht den Anspruch, den man hier hat, neben aller Internationalität auch die Region auf dem Teller abzubilden.
Peterhans van Harinxma und seine Servicekollegen sorgen für eine angenehme Atmosphäre, indem sie den ein oder anderen Smalltalk suchen. Wie multilingual sie dabei nahtlos von einer Sprache in die nächste wechseln, nötigt mir Respekt ab, auch wenn dies in Grenznähe vielleicht nicht ganz so ungewöhnlich sein mag. Aber es hilft auf jeden Fall, dass sich Gäste hier von Beginn an willkommen und wohl fühlen. So wie wir.
Details
Restaurant: | Hoeve De Bies |
Adresse: | Bies 4, 3790 St-Martens-Voeren |
Öffnungszeiten: | Donnerstag: 18.30 - 20.30 Uhr Freitag + Samstag: 12.00 - 13.00 Uhr und 18.30 - 20.30 Uhr Sonntag: 12.00 - 13.00 Uhr Montag - Mittwoch: Ruhetag |
Website: | www.hoevedebies.be |
Schlagworte
Gault Millau, Hoeve De Bies, kreativ, Marc Teuben, Maurice Huynen, Michelin, Peterhans van Harinxma, regional
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